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Kopf kürzer.« Sie hebt ihr Glas. »Auf Arik.«
»Auf Arik.«
Nötigt ihn in schneller Folge zu mehrmaligem Zuprosten, bis seine Mimik eine wundersame Veränderung durchläuft. Schlagartig wird er jünger. Ein Grinsen klafft ihr entgegen wie von einem glücklich besoffenen AC / DC -Fan, er beugt sich über den Tisch in der eindeutigen Absicht, sie zu küssen, verharrt auf halber Strecke, sackt zurück und scheint grundsätzlichere Betrachtungen anzustellen, etwa, wie er hierhergelangt ist.
Yael tippt unter dem Tisch eine Nachricht in ihr Handy.
Winkt die Bedienung heran.
Währenddessen spiegeln Yossis Augen die Leere des interstellaren Raums. Wortlos schaut er zu, wie sie die Rechnung begleicht, murmelt etwas von leichter Übelkeit und Lichtstreifen. Yael schlägt ihm vor, an die frische Luft zu gehen, hakt sich unter und führt ihn aus dem Mona, an dessen Tresen die spätabendliche Belagerung eingesetzt hat, hinaus auf die nächtliche Shmu’el HaNagid Street.
Schimon folgt ihnen im Abstand weniger Meter.
Schikmim-Farm
Bis Dienstantritt gelingt es ihr, jedes Schuldgefühl zu unterdrücken. Noch als sie um 7:15 Uhr Ariks Medikamente quittiert und im Arztzimmer austauscht, erscheinen ihr die Vorgänge von vergangener Nacht im Licht einer zwar bitteren, aber unabweislichen Konsequenz.
Außerdem war es weniger schlimm, als sie gedacht hatte.
Für sie.
Die Fahrt in den Negev erfolgt im strömenden Regen, und endlichbeginnt sie sich richtig mies zu fühlen, wie in den Morgen gespuckt. Der Himmel weint sich an ihrer statt aus und trieft in ihre Seele. Arik hängt am Telefon, Inbal winkt sie in die Küche, stellt ihr eine dampfende Tasse Tee hin und daneben ein Kännchen Zitronensaft.
»Earl Grey«, lächelt sie. »Magst du doch, oder?«
Yael schnuppert.
Nimmt einen Schluck.
Köstlich. Natürliches Bergamotte-Öl, kein naturidentisches Imitat, wie es fast nur noch zum Einsatz gelangt. Ein perfektes, dreieinhalb Minuten lang gezogenes Quantum Trost.
»Mhm. Gut.«
»Arik hat gesagt, du magst ihn so. Britisch, mit Zitrone.«
Arik? Stimmt, hat sie ihm erzählt, beim täglichen Schmalspur-Talk, auf den sie sich nach Möglichkeit beschränkt.
Haben sie etwa ihretwegen diesen Tee gekauft?
Vorstellbar wäre es. Inzwischen hat sie fast alle Familienmitglieder kennengelernt. Ein Bienenschwarm, würde Phoebe sagen, geschäftig umeinander her summend und alle zusammen um Arik, der ihr so sehr einer kolossalen Bienenkönigin zu gleichen scheint – umsorgt, gefüttert –, dass es sie wundert, ihn nicht alle paar Sekunden ein Ei legen zu sehen.
Liebevolle Menschen.
Sie trinkt ihren Tee, während der Regen in dicken, zuckenden Strängen die Fensterscheiben herunterläuft und die Außenwelt in das Werk eines schwermütigen Impressionisten verwandelt. Zählt Töpfe, Tiegel und Pfannen, die im Kochbereich von der Decke herabhängen, versucht, den Inhalt der unbeschrifteten Gewürzgläser auf dem Bord zu bestimmen – weiß, Salz, könnte aber auch Natron sein, orange, Curry, gelb – was ist gelb? Fährt mit dem Zeigefinger die Fugen zwischen den Keramikkacheln der Tischplatte nach. Stellt sich vor, wie ein sehr alter Mann (vielleicht auch eine sehr alte Frau, auf jeden Fall sehr alt und bebrillt) mit ruhiger Hand die blauen Blüten und Ranken auf ihre weiße Porzellantasse gemalt hat, vor unbestimmter Zeit, und in einem Hinterstübchen ihres Bewusstseins reift der Wunsch, Teil dieser Familie zu sein.
( WAS ? Hallo, geht’s noch?)
(Aber –)
( NEIN !)
Delete, delete. Zu verführerisch, zu erschreckend, als dass man sich weiter damit befassen sollte.
Überhaupt, Bienen –
Wie kommt sie auf Bienen? Summ, summ. Wahrscheinlich, weil sie auf der Schikmim-Farm Bienenstöcke haben, das weiß sie von Arik, was hat er eigentlich noch alles erzählt?
Arik, der telefoniert und telefoniert.
Lacht.
Yaels Hand beginnt zu zittern. Sie hat einen derartigen Bammel, zurück ins Hospital zu fahren. Gott, hat sie eine Scheißangst! Die Angst zieht ihre Nerven stramm, der Regen unterspült jeden inneren Halt, sie fühlt sich in einen Sog gerissen, dem alles verschlingenden Loch in der Mitte zugetrieben, verschwindet darin, gerade als Arik die Küche betritt und ihr einen guten Morgen wünscht.
»Inbal, gibst du mir auch eine Tasse von dem Tee?« Setzt sich ihr gegenüber. »Alles klar?«
»Könnte nicht besser sein –«
(Mayday, SOS und der ganze Mist, sieht mich denn keiner absaufen?)
»– viel wichtiger ist, wie es dir
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