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Breed: Roman (German Edition)

Breed: Roman (German Edition)

Titel: Breed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chase Novak
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denke mir lieber, es ist einfach nur Fleisch.
    Hast du denn mehr darüber nachgedacht?
    Ich hasse es zu denken. Ehrlich. Ich hasse es total.
    Es ist aber etwas, worüber wir nachdenken müssen, Leslie.
    Ich kapiere nicht, worauf du rauswillst.
    Wir reisen einfach hin. Wir steigen in ein Flugzeug und reisen hin. Wenn er uns reinführen konnte, dann kann er uns auch wieder rausführen, verdammt noch mal.
    Wo soll er uns denn rausführen?
    Schau uns doch an, Leslie!
    Plötzlich kapituliert das Schloss vor dem Schlüssel und löst sich vom Gitter, das Adam nun zur Seite schieben kann. Einige Augenblicke steht er da, der Freiheit näher, als er es je gewesen ist.
    Er nimmt den dunkelbraunen Rucksack von dessen Aufbewahrungsort, einem Stuhl. Dann öffnet er den Reißverschluss, um sich zu vergewissern, dass er alle Dinge hineingestopft hat, die er womöglich brauchen könnte: drei Garnituren Unterwäsche, drei Paar Socken, das Ladekabel für sein Handy, drei Schokoriegel in glänzenden Folienhüllen. Er blickt sich in seinem Zimmer um – was sollte er wohl sonst noch mitnehmen?
    Aber er muss sich beeilen, das weiß er auf jeden Fall. Er steckt das Babyphon aus und verstaut es hastig unter seinem Bett. Dann blickt er sich das letzte Mal im Zimmer um und stellt sich vor – fürchtet –, dass er nie wieder hierher zurückkehren wird. Wohin wird er gehen? Er hat keine Ahnung. Er betrachtet die Wände, den Boden, den gehäkelten Teppich, das Poster mit der lustig dreinschauenden Giraffe, sein Kissen, seine Bücher, seine Spielsachen, seinen Computer. Er knipst alle Lampen in seinem Zimmer aus, schaltet jedoch den kleinen Fernseher an. »Auf Wiedersehen, Zimmer«, flüstert er.
    Er erstarrt. Kommt da jemand? Er beugt sich zum Boden und lauscht so angestrengt, wie es nur geht, mit geschlossenen Augen und angehaltenem Atem. Hören kann er lediglich das Pochen seines eigenen Herzens.
Eines Tages werde ich ein Herzdoktor sein, ich werde Herzen reparieren.
Dieser Gedanke beruhigt ihn einen Moment – die Zukunft ist wie ein Schutzengel. Doch das Ächzen und Pfeifen des alten Hauses verjagt den Engel.
    Adam lauscht der Stille. Er kann das Gefühl, dass seine Eltern direkt vor seiner Tür stehen, nicht abschütteln. Die beiden haben eine übernatürliche Fähigkeit, jede seiner Bewegungen zu spüren, und manchmal kommt es ihm sogar so vor, als könnten sie seine Gedanken lesen. Natürlich wissen sie dann, dass er das Gitter geöffnet hat. Wie könnte es anders sein?
    Er fragt sich, was sie ihm antun werden. Diese Vorstellung ist zu gewaltig, zu wild und überwältigend; sie ist wie der Versuch, inmitten eines Schneesturms einen Eisbären zu sehen. Da kann man nur die Augen zusammenkneifen und darauf warten, verschlungen zu werden …
    Ihm fällt das Babyphon ein, das er leichtsinnig unters Bett geworfen hat. Vielleicht sollte er es wieder hervorholen und einstecken …
    Doch dafür ist es viel zu spät.
    Er geht durch das dunkle Zimmer, in dem er selbst mit verbundenen Augen den Weg finden würde. Er drückt das Ohr an die Tür. Wartet. Lauscht.
    »Mom?«, flüstert er. Als Antwort hört er nur Stille. Mit etwas mehr Furcht in seiner Stimme: »Dad?« Wieder Stille. Ist es die harmlose Stille der Leere oder die einer Bestie, die darauf wartet, zuzuschlagen? Egal, wie fest Adam sein Ohr an die Tür seines Zimmers presst, die Stille hält an.
    Da das Gitter nun nicht mehr im Weg ist, besteht seine nächste Aufgabe darin, das vertikale Schiebefenster zu öffnen – ein Fenster, das nicht offen war, solange seine Erinnerung zurückreicht. Seine kleinen Hände zerren und rütteln an den Messinggriffen zu beiden Seiten des unteren Flügels, doch der bewegt sich nicht. Adams Gesicht brennt, seine schlanken Finger fühlen sich an, als würden sie gleich brechen. Mit jagendem Herzen tritt er einen Schritt zurück. Er sieht, dass der dicke Holzrahmen des Fensters lackiert worden ist, sodass nicht einmal ein winziger Spalt zwischen Flügel und Rahmen existiert. Einmal hat er gesehen, wie sein Vater versucht hat, ein derart zugekleistertes Fenster zu öffnen. Alex hat mit dem Daumenballen am Fensterrahmen auf und ab gehämmert, um den Lack über dem Spalt aufzubrechen, und das Fenster dann ohne weitere Probleme geöffnet. Aber Adam wagt es nicht zu hämmern – der Lärm würde seine Eltern unvermeidlich herauflocken, falls sie nicht ohnehin schon da draußen stehen und warten.
    Adam holt ein paarmal tief Luft und sagt sich dabei:
Das schaffst

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