Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Breed: Roman (German Edition)

Breed: Roman (German Edition)

Titel: Breed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chase Novak
Vom Netzwerk:
Auf einem zeigt die Uhr für immer sechs verbleibende Minuten an. Auf anderen Fotos sieht man Jungen in schwarzen Turnschuhen und Ganzkörpertrikots beim Ringen, mit Mienen, die zwischen Vornehmheit und pubertärem Hormonrausch schwanken. Inzwischen sind sie Anwälte, Chirurgen, Banker, Großväter oder auch schon tot und begraben. Michael und Fleming befinden sich im alten Flügel der Schule, wo gotische Elemente und abgewetzte dunkelbraune Böden dominieren und das Licht trübe und irgendwie feucht ist wie das wässrige Leuchten eines Unterseeboots. Fleming hält Michael zwar nicht mehr am Arm fest, berührt diesen jedoch permanent, als müsste Michael daran erinnert werden, dass Flucht keine Alternative darstellt.
    »Können Sie mir sagen, worum es geht?«, fragt Michael schließlich.
    »Worum es geht?«, wiederholt Fleming, als handelte es sich um eine merkwürdige Formulierung.
    »Wieso werde ich gewissermaßen hierher entführt?«
    »Ich glaube, Sie kennen die Antwort bereits, Mr. Medoff.«
    Darauf kann Michael nichts erwidern. Tatsächlich weiß er mehr oder weniger, wieso er von Fleming zu dessen Büro geschleppt wird.
    Nicht vorbereitet ist er allerdings darauf, dass das Ehepaar Twisden sich bereits in diesem Büro aufhält. Leslie, die Mutter, trägt ausgestellte Hosen, einen Rollkragenpullover und einen langen Regenmantel, und der grässliche Vater schreitet auf und ab wie ein Tier im Käfig, wobei er etwas in sein Handy knurrt. Als Fleming Michael hereinführt, wenden die wütenden Eltern sich diesem mit Blicken zu, als wollten sie ihn verschlingen.
    »Wo ist unser Sohn?«, fragt Alex und klappt sein Telefon zu.
    »Und unsere Tochter«, fügt Leslie hinzu. Ihre Stimme zittert; ihre Augen sind gerötet, wahrscheinlich vom Weinen.
    »Ja«, sagt Michael und räuspert sich. »Ja.«
    »Ja, was?«, sagt Twisden.
    Michael versucht, rasch seine Optionen durchzuspielen, und angesichts seiner Verwirrung und Unsicherheit beschließt er, es sei am besten, so nahe wie möglich an der Wahrheit zu bleiben, obwohl er nur äußerst ungern zugeben will, dass Adam die Nacht in seiner Wohnung verbracht hat. Ebenso unangenehm ist ihm die Tatsache, dass er nicht versucht hat, Alex Twisden zu informieren, nachdem er Adam nach dessen nächtlichem Besuch wiederentdeckt hat, wodurch er sich sozusagen mit dem Jungen verschworen hat. »Alice habe ich nicht gesehen, und ich habe keine Ahnung, wo sie ist«, sagt er zu Leslie.
    »Und was ist mit Adam?«, fragt Twisden. Er ringt die Hände vor unterdrücktem Zorn; unter zweien seiner Fingernägel ist etwas Rötliches. Als er sieht, dass Michael darauf starrt, steckt er die Hände rasch in die Taschen seines teuer aussehenden Sakkos und tritt näher an Michael heran – durch jahrelanges hartes Verhandeln hat er sich gut in der Körpersprache der Einschüchterung geschult, und obwohl seine Karriere inzwischen stockt (bestenfalls!), versteht er es, anderen Leuten seinen Willen aufzuzwingen.
    »Was soll mit ihm sein?«, sagt Michael.
    »Ist er in Ihr kleines Liebesnest zurückgekehrt?«
    »Mein Liebesnest? Was soll denn das bedeuten?«
    »Sie wissen verdammt gut, was das bedeutet«, sagt Twisden.
    »Das verbitte ich mir«, sagt Michael.
    »Wenn Sie einfach Mr. Twisdens Fragen beantworten würden, könnten wir diese Angelegenheit sicher rasch aus der Welt schaffen«, mischt Fleming sich ein. »Bitte, Michael, hören Sie auf mit diesem ganzen … Getue. Ein Kind wird vermisst.«
    »Zwei Kinder«, sagt Leslie. Sie zieht ihren Regenmantel enger um sich, obwohl es in Flemings Büro brütend warm ist.
    »Mrs. Twisden«, setzt Michael an, doch Leslie fällt ihm ins Wort.
    »Ms. Kramer«, sagt sie.
    »Ich weiß nicht, wo Ihre Tochter ist. Es tut mir leid.«
    »Und unser Sohn?«, sagt Twisden.
    »Wo der ist, weiß ich auch nicht.« Michael ahnt, welche Frage als Nächstes kommen wird, und entscheidet sich, noch etwas mehr von der Wahrheit zu enthüllen, statt sich durch Twisdens unvermeidliches Verhör weiter in den Schraubstock spannen zu lassen. »Nachdem Sie gegangen sind, ist Ihr Sohn in meine Wohnung zurückgekommen«, sagt er. »Er war durchgefroren, er war durchnässt, und er hat sehr, sehr verängstigt ausgesehen.«
    »Sehen Sie?«, sagt Twisden zu Fleming. »Es ist genau, wie ich es Ihnen gesagt habe.«
    »Und weshalb haben Sie nicht sofort, als der Junge aufgetaucht ist, bei Mr. Twisden und Ms. Kramer angerufen?«, fragt Fleming.
    »Adam hat mir gesagt, sie seien verreist.«
    »Und er hat

Weitere Kostenlose Bücher