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Brenda Joyce

Brenda Joyce

Titel: Brenda Joyce Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deadly 03 - Stunde der Versuchung
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hatte, hätte Francesca diesen Fall
gelöst, bevor der Abend richtig begonnen hatte.
    Francesca
schaffte es, bis zu einem der großen Hauptäste zu klettern. Sie hielt sich
daran fest, schlang beide Arme darum und legte ein Bein darüber. Es ärgerte
sie, dass sie nicht den Weitblick besessen hatte, Männerkleidung anzuziehen –
aber wer hätte gedacht, dass sie an diesem Abend einen Baum hinaufklettern
musste! Mit einiger Mühe gelang es ihr, auch das andere Bein über den dicken
Ast zu ziehen. Dann klammerte sie sich mit aller Kraft an dem Baumstamm fest
und blickte nach unten.
    Vom Boden
aus war ihr der Baum nicht besonders hoch erschienen, doch nun, als sie die
Wange an die raue Rinde presste und sich mit aufgeschürften Händen festhielt
und nach unten schaute, schien ihr der Boden doch sehr weit entfernt zu sein.
    Sollte sie
fallen, würde der steinhart gefrorene Schnee ihren Fall gewiss nicht dämpfen,
und Francesca begriff, dass ihr Abenteuer für sie mit einem gebrochenen Arm
oder – Gott bewahre! – mit einem gebrochenen Genick enden konnte.
    Doch sie
war entschlossen, ihre Angst zu ignorieren. Langsam und vorsichtig änderte sie
ihre Position, und als sie schließlich rittlings auf dem Ast saß, atmete sie
erleichtert auf.
    Doch dann stellte sie bestürzt
fest, dass sie sich immer noch unterhalb des erleuchteten Fensters befand und
deshalb nicht in das Zimmer spähen konnte, um herauszufinden, was dort vor sich
ging. Also würde sie sich auf den dicken Ast stellen müssen, was ein wirklich
gefährliches Manöver bedeutete. Doch sie hatte keine andere Wahl, sie musste es
schaffen, in das Fenster zu schauen. Immerhin war Lydia Stuart ihre erste
zahlende Klientin!
    Francesca
zog das rechte Bein an und stellte vorsichtig den Fuß auf den Ast, wobei sie
unwillkürlich den Atem anhielt. Und im selben Moment rutschte sie auch schon
ab. Francesca schrie auf, als sie das Gleichgewicht verlor und von dem Ast zu
gleiten begann; voller Panik streckte sie die Arme aus und versuchte sich
irgendwo festzuhalten. Für kurze Zeit gelang es ihr tatsächlich, sich an einem
Ast festzuklammern, doch dann ließen ihre Kräfte nach und sie fiel.
    O Gott, jetzt ist alles
vorbei!, dachte sie, als sie den gefrorenen Boden auf sich zukommen sah.
    Peng!
    Francesca landete unsanft im
Schnee und schlug mit dem Kopf auf.
    Großer Gott!, dachte sie
benommen. War sie verletzt? Hatte sie sich etwas gebrochen?
    Sie begann
sich vorsichtig zu bewegen. Glücklicherweise war der Schnee doch nicht so hart
gefroren gewesen, wie sie geglaubt hatte, so dass er den Aufprall etwas
gedämpft hatte. Vorsichtig wackelte sie mit ihren Zehen und Fingern, bewegte
Arme und Beine.
    Dann erstarrte
sie plötzlich.
    War da
nicht etwas Festes unter dem Schnee gewesen?
    Francesca
setzte sich unsicher auf und kam langsam auf die Füße. Als sie ihre Hände im
Mondlicht betrachtete, war die eine Hand weiß und die andere dunkel und
klebrig.
    Eine böse Vorahnung überkam
sie. Sie wusste, was die dunklen Flecken zu bedeuten hatten.
    Mit
pochendem Herzen rieb sie die Hände gegeneinander. Dann ließ sie sich wieder
auf die Knie sinken und begann mit den Händen den Schnee wegzuschaufeln. Nach
einer Weile ertastete sie ein kleines Stück von einem braunen Wollstoff, auf
dem sich ein dunkler, noch nicht gefrorener Fleck befand. Francesca starrte den
Stoff einen Moment lang an, ehe sie das frische Blut berührte – denn das war
es, was diesen Fleck verursacht hatte. Offenbar war jemand erst kürzlich im
Schnee begraben worden! Vielleicht lebte diese Person ja noch!
    Francesca
schaufelte hektisch weiter, schob den Schnee in dicken Klumpen beiseite, bis
sie das Gesicht einer Frau erblickte. Die offenen, blicklosen Augen waren in
Furcht erstarrt. Sie kamen Francesca irgendwie seltsam bekannt vor. Und dann
fiel ihr Blick auf die Kehle der Frau. In die einst makellose, weiße Haut war
ein blutiges Kreuz geschnitten worden.
    Francesca richtete sich auf,
taumelte zurück und begann zu schreien. Sie hatte die Tote erkannt! Es war die
fremde Frau, die Francesca zwei Tage zuvor am Plaza Hotel beinahe angesprochen
hatte, dann aber in panischer Angst geflohen war.

Kapitel 2
    DONNERSTAG, 6. FEBRUAR 1902 – 22 UHR
    Francesca versuchte sich unsichtbar zu machen, was gar nicht so
leicht war. Zwei Streifenpolizisten bewachten die Leiche der Frau, während zwei
Kriminalbeamte im Garten umherliefen und ihn nach Spuren absuchten. Soeben
hatte Braggs schnittiges, glänzendes Automobil

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