Brenda Joyce
einem der
Gästezimmer auf diesem Stockwerk verbringen könnte. Ganz diskret natürlich.
Joel
seufzte. »Nacht, Mom.«
Sie gab ihrem Sohn einen
Gutenachtkuss und bedachte ihn mit dem liebevollen Lächeln einer Mutter. Evan
musste unwillkürlich auch lächeln, als er die beiden beobachtete. Dann schaute
Maggie auf, und ihre Blicke trafen sich.
Es geschah selten, dass sie
Evan in die Augen sah, und ihre Augen waren so außergewöhnlich schön, dass er
den Blick gar nicht abwenden konnte.
Doch mit
einem Mal wurde er verlegen und spürte, dass er erneut errötete. »Die Kinder werden
bestimmt ganz schnell einschlafen.«
Endlich schlug sie die Augen
nieder. »Ich danke Ihnen, Mr Cahill.«
»Evan«,
sagte er.
Darauf
erwiderte sie nichts, und er ging mit den Kindern in den Nebenraum und brachte
sie ins Bett – sogar Joel, der bis zuletzt wartete. Evan tätschelte Paddys
roten Schopf, strich Matthew über das schwarze Haar und küsste Lizzies weiche
Wange. Die Kleine schlief bereits tief und fest. »Soll ich ein Nachtlicht
anlassen?«, fragte Evan.
»Ja«,
riefen die beiden kleineren Jungen im Chor.
Er
lächelte in sich hinein. Als er am Abend zuvor nach Hause gekommen war, hatte
er noch einmal nach den Kindern gesehen und dabei festgestellt, dass sie mit
einem Nachtlicht schliefen. Er schaltete es ein und blieb dann neben Joel stehen,
der ganz steif im Bett lag und den Eindruck erweckte, als beabsichtige er, die
ganze Nacht wach zu bleiben, um mögliche Eindringlinge abzuwehren. »Das Haus
ist abgeschlossen. Du brauchst deinen Schlaf, wenn du groß und stark werden
willst«, sagte Evan und versuchte dabei streng und väterlich zugleich zu
klingen.
Joel nickte kaum merklich, und
plötzlich schien es so, als kämpfe er mit den Tränen.
»Deiner
Mutter wird nichts geschehen«, flüsterte Evan, damit ihn keines der anderen
Kinder hören konnte. »Aber ich werde für alle Fälle in dem Zimmer auf der
anderen Seite des Flurs schlafen.«
Joels
Gesicht hellte sich auf. »Würden Sie das für sie tun?«
»Für euch
alle«, erwiderte Evan mit einem, wie er hoffte, beruhigenden Lächeln. Er hatte
immer noch keine Ahnung, was genau geschehen war und wollte jedes kleinste
Detail erfahren.
Joel
zögerte. Plötzlich trat ein verschmitzter Ausdruck in seine Augen. »Wollen Sie
mit ihr allein sein?«, fragte er.
Evan
schrak zusammen, doch er musste sich eingestehen, dass es sich so verhielt.
Aber es war nicht so, wie Joel offenbar dachte, denn Evan hegte keinerlei
romantische Gefühle für Maggie.
Wie könnte
er?
Er war
nicht wie manche seiner Freunde, die Liebeleien mit Revuetänzerinnen und
Hausmädchen begannen. Außerdem war Maggie ganz offensichtlich eine tugendhafte
Frau, auch wenn sie ihren Lebensunterhalt als Näherin verdiente. Natürlich war
ihm bewusst, wie attraktiv sie war, immerhin hatte er ein Auge für hübsche
Damen. Und jeder konnte sehen, dass Maggie außerordentlich hübsch war und
erstaunlich blaue Augen hatte. Doch wenn es um seine lockeren Affären ging,
so ließ er sich nur mit Frauen wie seiner Mätresse oder Bartolla Benevente ein.
Nein, wenn
er mit Maggie allein sein wollte, dann nur, um sie zu trösten und
sicherzustellen, dass es ihr auch wirklich gut ging.
»Deine
Mutter ist eine Freundin«, erklärte er Joel mit ernster Stimme.
»Und ich möchte sie lediglich kurz allein sprechen, um mich davon zu
überzeugen, dass sie es bequem hat und es ihr an nichts fehlt.«
Joel
lächelte ihn an. »Sie ist sehr hübsch, nich wahr?«, fragte er.
Evan
zauste dem Jungen durch das schwarze Haar. »Ja, das ist sie, aber komm bloß
nicht auf irgendwelche romantischen Ideen! Wie du weißt, bin ich verlobt.« Er
gab sich große Mühe, nicht das Gesicht zu verziehen, wie er es für gewöhnlich
bei dem bloßen Gedanken an seine Verlobung tat. Es lag nicht daran, dass er
Sarah nicht mochte. Es war schön, sie zu seinem Freundeskreis zählen zu können.
Aber er hatte immer gehofft, einmal eine Frau zu heiraten, die er begehrte und
bewunderte, vielleicht sogar lieben könnte.
»Ja, ich weiß«, sagte Joel, und
die Enttäuschung war ihm anzusehen.
Evan
zögerte. Einen Moment lang war er versucht, dem Jungen zu gestehen, dass er
selbst sicherlich enttäuschter über seine Verlobung war als jeder andere.
»Schlaf gut«, sagte er stattdessen und ging in den Nebenraum zurück.
Maggie schlief noch nicht und
schaute auf, als er das Zimmer betrat. Wieder einmal mied sie den direkten
Augenkontakt mit ihm, ganz so, als
Weitere Kostenlose Bücher