Brenda Joyce
bereits mit langen Schritten den Flur
entlang auf die Tür zu, die in die Empfangshalle führte, und zog sie mit festem
Griff hinter sich her.
Trotz ihrer Benommenheit kam ihr in den Sinn,
dass sie furchtbar derangiert aussehen musste. Hatte sich ihr Haar etwa
gelöst? Sie tastete danach und stellte zu ihrer Erleichterung fest, dass ihre
Frisur immer noch saß. Während sie sich bemühte, mit ihm Schritt zu halten,
blickte sie an sich hinab. Wundersamerweise schien ihr Kleid nicht in Unordnung
geraten zu sein, alles saß so, wie es sollte. »Calder, vielleicht sollte ich
mich noch kurz frisch machen.«
Er packte ihre Hand noch fester und zerrte sie förmlich durch die
verhängnisvolle Tür. »Es ist an der Zeit, diesem Unfug ein Ende zu setzen,
Francesca.«
Während er sie schnellen Schrittes durch die Gästeschar führte,
begann sie endlich zu begreifen, und ihr Herz schlug heftiger vor Aufregung, übertönte jegliche Überreste von Furcht.
Er hatte recht. Das hier war wirklich Unfug. Sie musste sich endlich
entscheiden und Ernst machen mit der Heirat.
Falls die Ehe dann doch nicht funktionieren sollte – nun ja, dann war es
eben so! Immerhin war sie keine romantische Törin, war es zumindest bis vor
kurzem nie gewesen. Sie war stark – das hatte sie hinreichend unter Beweis
gestellt. Wenn sie ihn heiratete und es ihr gelang, eine gewisse Distanz zu
wahren, wenn sie ihr Herz sorgfältig schützte, würde er ihr niemals wehtun
können, und sie würden gewiss gut miteinander auskommen.
Die Gäste traten zur Seite, um sie durchzulassen. Hart strahlte
eine solche Entschlossenheit aus, dass niemand es wagte, sich ihm in den Weg zu
stellen. Francesca sah im Vorbeieilen ihren Bruder und die Gräfin, doch ihre Gesichter
waren verschwommen. Sie sah auch Mrs Davies, deren verärgerte Miene sie
wesentlich klarer erkennen konnte. Sie nahm sich vor, Calder nach ihr zu
fragen. Und dann entdeckte sie ihre Eltern.
Julia Van Wyck Cahill war eine atemberaubende blonde Schönheit –
es war ersichtlich, von wem ihre Töchter das gute Aussehen hatten. Sie stutzte,
als sie Francesca mit Hart erblickte, doch dann breitete sich ein Lächeln auf
ihrem Gesicht aus. Julia vergötterte Hart und plante schon seit einiger Zeit,
ihre jüngere Tochter mit ihm zu verkuppeln.
Andrew Cahill hatte sein Vermögen mit Fleischverarbeitung in
Chicago gemacht. Er war klein und stämmig, trug einen Backenbart und war
insgesamt eine gutmütige Erscheinung. Er stutzte ebenfalls, als er sah, wie
Francesca von Calder Hart durch den Raum gezogen wurde, doch dann färbte sich
sein Gesicht dunkelrot. Im Gegensatz zu seiner Frau war er völlig unbeeindruckt
von Harts Errungenschaften, und er kannte seinen Ruf als ruchloser
Schürzenjäger.
Hart blieb stehen, ergriff ein leeres Champagnerglas vom Tablett
eines vorbeigehenden Kellners und tippte mit dem Fingernagel dagegen. »Meine
Damen und Herren. Meine Damen und Herren, dürfte ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten.«
Die Unterhaltungen verstummten. Alle Gesichter wandten sich ihnen
zu.
Francesca stand mit einem mulmigen Gefühl an seiner Seite und
dachte: O Gott, jetzt ist es so weit. Aber angesichts der ungeheuren
Anziehungskraft, die er auf sie ausübte, angesichts seines unglaublichen
Charismas hatte sie einfach keine andere Wahl.
»Miss Cahill hat mir die große Ehre erwiesen, meinen Heiratsantrag
anzunehmen«, verkündete er mit lauter Stimme, während sich die versammelten
Gäste um sie scharten. Einen Augenblick lang herrschte verblüfftes Schweigen,
doch dann setzte Beifall ein – gefolgt von den Glückwünschen und Hurra-Rufen
einiger Männer.
Francesca zitterte. Sie blinzelte und sah,
dass Julia vor Freude strahlte, dann erhaschte sie einen Blick auf Mrs Davies,
die schockiert wirkte. Als sie sich umblickte, stellte sie fest, dass ihr
offensichtlich jede einzelne Dame im Raum am liebsten einen Dolch ins Herz
gerammt hätte.
Hart kicherte und murmelte: »Ja, wenn Blicke
töten könnten, dann wärest du jetzt tot, mein Liebling.« Dann nahm er ihr die
Handtasche ab, zog den Ring hervor, und mit einem Schlag vergaß Francesca all
die Menschen um sich herum. Sämtliche Gäste schienen sich plötzlich in Luft
aufzulösen, ihre Stimmen erreichten sie nicht mehr, und sie war allein mit
Calder Hart. Ihre Blicke trafen sich. In seinen dunklen Augen lag eine solch
tiefe Zärtlichkeit, dass es ihrem Herzen einen Stich versetzte.
»Dieser Abend verlangt nach Champagner«, sagte er leise. »Eine
kleine
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