Brenda Joyce
wünschte doch, der dahinrasende
Zug, auf den sie aufgesprungen war, möge seine Fahrt ein wenig verlangsamen.
»Ich streite meine Leidenschaft ja gar nicht ab.« Ihre Frustration machte sie
leichtsinnig. »Wir würden gar nicht in diesem Dilemma stecken, wenn du mich in
dein Bett gelassen hättest!«
Er gab einen amüsierten Laut von sich und streichelte unvermittelt
ihre Wange. »Wir beide werden erst in unserer Hochzeitsnacht
das Bett teilen – habe ich mich diesbezüglich nicht klar ausgedrückt? Ich werde
dich nicht gesellschaftlich ruinieren. Wie oft muss ich dir das eigentlich noch
sagen?«
»Für einen berüchtigten Schürzenjäger, von
dem alle Welt glaubt, er besitze nicht einen Funken von Moral, spielst du mir
gegenüber allzu oft den Heiligen.«
»Ich würde niemals auch nur versuchen, den Heiligen zu spielen,
meine Liebe.«
»Jeder behauptet, ich sei stur. Aber du bist entschieden der
größere Sturkopf von uns beiden. Und wenn du die Wahrheit wissen willst: Ich
begreife einfach immer noch nicht, warum du ausgerechnet mich heiraten willst.«
»Warum müssen wir dieses Thema immer wieder aufwärmen? Du weißt
nur zu gut, dass du meine einzige wahre Freundin bist, und das scheint mir das
perfekte Fundament für unsere Ehe zu sein. Aber was die Sturheit betrifft, muss
ich dir widersprechen, mein Schatz – schließlich bist du diejenige, die sich
in den Kopf gesetzt hat, meinen verehrten Halbbruder bis ans Ende aller Zeiten
zu lieben, auch wenn sein kleiner Drachen von einer Ehefrau in seinem Haus und
in seinem Bett auf ihn wartet. Und um dieser verdammten Phantasie willen – die
du doch nur für ein Publikum von einer Person gesponnen hast –, machst du die
Möglichkeit einer überaus angenehmen und unterhaltsamen Verbindung zunichte.
Wir passen gut zueinander, Francesca, sehr gut sogar, und zwischen uns würde
niemals Langeweile aufkommen.« Er blickte grimmig drein. »Behalte den Ring
nur. Verkaufe ihn und stifte das Geld deinen Wohltätigkeitsvereinen. Betrachte
es als mein Abschiedsgeschenk.«
Tränen stiegen ihr in die Augen. Er war der großzügigste Mann, dem
sie je begegnet war. »Nein.«
Er stutzte.
»Wie bitte?«
»Ich habe nie gesagt, dass ich unsere Verlobung zu lösen wünsche.«
Er
verstand es meisterhaft, seine Gefühle zu beherrschen, und auch jetzt verzog er
keine Miene, aber der Ausdruck seiner Augen verriet dennoch, wie überrascht er
war.
Sie schluckte mühsam. »Der Ring ist in meiner Handtasche und ich habe ihn die ganze Zeit, in der ich fort war, an
einer Kette an meiner Brust getragen. Ich brauchte einfach dringend etwas Zeit für mich allein – ohne irgendwelchen Druck von außen.« In Wahrheit hatte sich Hart ihr gegenüber
so ehrenhaft verhalten, dass es wahrhaft frustrierend gewesen
war, aber seine Entschlossenheit, sie eines Tages zu seiner Ehefrau zu machen,
einerseits und Braggs leidenschaftliche Überzeugung, dass sein Halbbruder sie lediglich
benutzte, andererseits hatten sie in einer Weise unter Druck gesetzt, die sie
nicht mehr hatte ertragen können.
Er packte sie heftig und zog sie in seine Arme. »Es hat sich also
nichts verändert?«, fragte er leise.
In ihrem Kopf begann sich alles zu drehen,
als sie in seinen Armen lag und ihr Busen gegen seine harte Brust gepresst
wurde.
»Mach dir gar nicht erst die Mühe zu antworten«, murmelte er mit
verführerisch seidiger Stimme. »Wenn du ein Spiel mit mir spielst, so bist du
sehr geschickt darin, Francesca«, wisperte er. »So geschickt wie eine
Kurtisane. Offen gesagt habe ich genug davon.«
Sie blickte aufrichtig erschrocken in seine
feurigen Augen. »Aber nein, ich spiele keine Spielchen mit dir, das weißt du
doch. Ich habe wirklich Angst.« – Vor dir, setzte sie im Stillen hinzu.
Er wusste es, ohne dass sie es aussprach. »Wie
oft muss ich dir noch sagen, dass ich dir niemals wehtun würde? Ich möchte für
dich sorgen, Francesca, auf dich aufpassen«, murmelte er. »Möchte dir die
schönen Dinge des Lebens zeigen ... und auch die umstrittenen, die
schockierenden und anzüglichen.«
Sie rührte sich nicht, nur ihr Herz schlug wie
verrückt.
Seine Hände glitten von ihren Schultern hinab, strichen groß und warm
und stark über ihren von dem Ballkleid nur spärlich bedeckten Rücken. Er hielt
sie ganz fest, zog sie aber nicht näher an sich. »Meine kluge kleine
Privatdetektivin«, flüsterte er, »was soll ich nur mit dir anfangen?«
Sie öffnete den Mund, um ihm zu sagen, dass
sie sehr gut
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