Brenda Joyce
war, würde sie wieder in Ricks Armen liegen, und schon bald würde sie ihm
das Bett wärmen.
Wenn Leigh Anne starb, stand einer Hochzeit zwischen Francesca und
Rick nichts mehr im Weg.
Doch statt eines vertrauten und willkommenen Gefühls der Wut
empfand er die ersten Anzeichen einer Panik, für Hart ein bisher unbekanntes
Gefühl, das er durchaus nicht kennenzulernen wünschte. Er versuchte sich
einzureden, die ganze Angelegenheit sei ihm gleichgültig, doch das war eine
ungeheuerliche Lüge. Sie war ihm ganz und gar nicht gleichgültig, im Gegenteil,
es wäre ihm unerträglich, wenn Francesca ihn wegen seines verfluchten
Halbbruders verließe. Er könnte es nicht ertragen, sie zu verlieren, nicht
jetzt. Sie war für ihn so lebensnotwendig geworden wie die Luft zum Atmen, wie
das Licht der Sonne.
Hart schlug die Augen zur Decke auf. Vor noch
gar nicht langer Zeit hatte er über Männer gelacht, die in eine Frau vernarrt
waren und sie unbedingt heiraten wollten. Das hatte sich nun geändert, und
diese Veränderung hatte ihm gefallen, nun jedoch hasste er sie. Er hatte den
verletzlichen, verängstigten, bedürftigten Waisenjungen, der er einmal gewesen
war, bereits vor langer Zeit begraben und durch einen mächtigen, gleichgültigen
und selbstsüchtigen Mann ersetzt. Nun fühlte er sich diesem Jungen, den er so
hasste, wieder gefährlich nahe.
Er rief sich in Erinnerung, dass Francesca viel zu gut für ihn
war. Dass sie seinen edelmütigen, sozial engagierten Halbbruder verdient hatte.
Ebenso wie ein trautes Heim und Staatsbankette. Für sie war das Beste und
Schönste gerade gut genug. All ihre Träume sollten wahr werden. Sie hatte es
verdient, die wahre Liebe zu finden.
Mit einem Mal sah er seine Zukunft vor sich – eine Zukunft ohne
die kluge und aufrichtige Francesca Cahill. Es würde eine endlose Parade von Frauen geben, Frauen, deren Gesichter er
schon wieder vergessen haben würde, kaum dass sie sein Bett verlassen hatten.
Er würde sich um seine Geschäfte kümmern,
Verhandlungen führen, Deals abschließen, neue Firmen gründen, kaufen,
raffen, Reichtümer anhäufen. Mit sechzig würde er eine zwanzigjährige Mätresse
haben und mehr Geld, als ein einzelner Mann
jemals besitzen sollte. Er würde ein Dutzend der feinsten Häuser rund um
den Globus sein Eigen nennen und dazu eine Kunstsammlung, die eines
europäischen Museums würdig wäre. Und er würde sein Porträt von Francesca
besitzen – ihr Abschiedsgeschenk an ihn.
Er trat vor den Spiegel über der Bar und lächelte sich selbst
grimmig an. In diesem Moment versuchte seine dunkelste Seite mit aller Macht,
Besitz von ihm zu ergreifen, die Oberhand zu gewinnen. Er schloss die Augen,
wappnete sich gegen den Teufel, den er in sich trug.
Du
musst sie gar nicht aufgeben. Aber das weißt du doch?
Hart kämpfte gegen die höhnische Stimme in seinem Kopf an.
Leigh Anne wird vielleicht sterben – na und? Nimm dir doch endlich,
was Francesca dir schon die ganze Zeit anbietet. Verführe sie, ruiniere sie,
dann wird sie dich heiraten müssen.
Er öffnete die Augen wieder und starrte sich
im Spiegel an. Sah darin nicht nur einen Mann, der Berge zu versetzen vermochte,
sondern einen Mann, der die Macht besaß, Berge zu sich zu befehlen. Das war der
Grund dafür, dass es ihm gelungen war, aus dem Nichts ein Vermögen aufzubauen:
Er war schlicht unfähig zu verlieren, aufzugeben.
Aber Francesca besaß das gütigste und
selbstloseste Herz, das ihm jemals bei einem Menschen begegnet war. Sie hatte
mehr verdient als Leidenschaft und Freundschaft. Sie hatte es verdient, geliebt
zu werden und zu lieben. Und das vermochte er ihr nicht zu geben.
Sie hatte Rick Bragg verdient. Und was das Schlimmste war: Er
wusste es.
Verführe sie. Verführe sie noch heute Abend,
und stelle sicher, dass du in flagranti erwischst wirst – oder zumindest
unmittelbar davor. Du brauchst nicht ein Jahr lang zu warten – wenn ihr Vater
erst einmal weiß, dass du ihren guten Ruf ruiniert hast, wird dich nichts mehr
davon abhalten können, zu bekommen, was du willst. Nichts wird mehr zwischen
dir und Francesca stehen. Nicht einmal mehr dein Bastard von einem Bruder,
nicht einmal mehr Rick.
Er starrte noch immer sein Spiegelbild an.
Da glaubte er ein Klopfen an der Schlafzimmertür gehört zu haben.
Aber das war doch unmöglich? Rasch durchquerte er das riesige Zimmer und
öffnete die Tür.
Alfred lächelte ihn verkrampft an. »Sir, Miss
Cahill ist unten und bittet darum, Sie
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