Brenda Joyce
sind die beiden anderen Männer?«, fragte
Francesca, die sich insgeheim fragte, was wohl der Grund für das gestörte
Verhältnis zwischen Bragg und seinem Stiefbruder sein mochte.
Der
Polizeipräsident zögerte einen Moment lang.
»Bragg?«
Ein Angstgefühl überkam sie.
»Gordino.«
»Gordino!«, rief Francesca verblüfft.
»Es gibt eine Vorgeschichte, Francesca«, sagte er, und zu
Francescas Bestürzung errötete er heftig.
»Das verstehe ich nicht«, sagte sie. Ihre Gedanken überschlugen
sich. »Sie haben doch vorher beruflich nie mit der Polizei zu tun gehabt, oder?
Wie können Sie und Gordino da eine Vorgeschichte haben?« Die Angelegenheit
wurde immer verwirrender.
Die hochrote Farbe wollte nicht von Braggs
Wangen weichen. »Belassen wir es dabei zu sagen, dass es eine Zeit in meinem
Leben gab, in der ich ihn kannte. Wir waren noch Kinder. Und wir waren
Feinde«, erklärte er und ging zu dem Tisch hinüber, auf dem die
Whiskeyflasche stand.
Langsam begann sie zu begreifen. Braggs Mutter war eine
Prostituierte, was bedeutete, dass Bragg aus einer anderen Gesellschaftsschicht
stammte – aus derselben Schicht wie Gordino. Francesca wagte es nicht, offen zu
fragen, aber andererseits stand das Leben eines kleinen Jungen auf dem Spiel.
Sie ignorierte die warnende Stimme in ihrem Inneren, stand auf und stellte sich
neben Bragg. »Meine Mutter hat mir alles erzählt«, platzte sie heraus.
Ohne sie zu beachten ging er zum Schrank und nahm ein frisches
Glas heraus. Als er sich einen weiteren Drink einschüttete, zitterte seine
Hand leicht.
»Bragg!«
Er blickte sie an, während er das Glas fest umklammert hielt. »So,
hat sie das?«
»Sie hat mir von Ihrer Familie erzählt.« Francesca spürte, wie
sich ihre eigenen Wangen röteten. »Es spielt keine Rolle für mich!«, fügte sie
grimmig hinzu.
Er
prostete ihr mit seinem Glas zu und trank.
»Bitte
hören Sie auf zu trinken«, bat sie ihn.
»Warum
sollte ich?«
»Weil uns die Zeit davonläuft, und wir ein Verbrechen aufklären
müssen.«
Bragg stellte das Glas vorsichtig ab. »Wir. Sie versetzen mich immer wieder in Erstaunen, Francesca. Immer wieder.«
Sie glaubte, eine bittere Ironie in seiner
Stimme zu vernehmen, und spürte, wie sie sich innerlich verkrampfte. Wahrscheinlich
würde er sie jetzt in seinem Schmerz und seiner Verwirrung in ihre
Schranken verweisen. Doch sie täuschte sich gründlich.
»Sie sind so schön und intelligent und so voller Leben! Und
außerdem sind Sie verdammt gütig und mitfühlend. Aber das hatte ich Ihnen ja
bereits gesagt, nicht wahr?« Er prostete ihr ein weiteres Mal zu.
Sie
vermochte ihren Blick nicht von ihm abzuwenden.
»Wie kann
ein Mann da widerstehen?«, fragte er leise.
Francesca
begann zu zittern. Er machte sich nicht über sie lustig, sondern es schien ihm
mit seinen Worten ernst zu sein.
»Gordino ist klüger als es den Anschein hat«, fuhr Bragg nach
einer Weile fort. »Aber er hat gestern Nacht nichts preisgegeben. Die Frage
ist, ob es daran liegt, dass er nicht weiß, wer meinen Sohn entführt hat, oder
daran, dass sein Hass auf mich so groß ist.«
»Könnte er Sie denn so schrecklich hassen?«,
flüsterte Francesca, immer noch ganz benommen von dem, was Bragg über sie
gesagt hatte. Ob es ihm wirklich ernst damit gewesen war? Ob er wirklich so
über sie dachte? War das möglich?
»Als Jungen haben wir auf der Lower East Side gelebt und gehörten
verschiedenen Banden an.«
Francesca mochte ihren Ohren nicht trauen.
Bragg war doch so gebildet, so kultiviert! Doch dann fiel ihr ein, wie er
Gordino in der letzten Nacht angegriffen hatte. »Ich dachte, Sie stammten aus
Texas«, sagte sie.
»Oh, nein. Ich wurde hier in der Stadt
geboren. Aber mein Vater ist der Sohn von Derek Bragg, dem Gründer unserer
Dynastie.« Bragg blickte sie geradewegs an. »Als ich zwölf Jahre alt war, tauchte mein Vater plötzlich in meinem
Leben auf. Er nahm mich und meinen Stiefbruder zu sich, und wir zogen in den
Süden.« Er lächelte kurz. »Sein Name ist Rathe Bragg. Er ist ein wunderbarer Mann.
Aber die Frau, die uns großgezogen hat, ist noch wunderbarer. Grace hat uns
immer behandelt, als wären wir ihre eigenen Kinder.« Er blickte verlegen zur
Seite, als hätte er damit zu viel von sich preisgegeben.
»Das freut mich, Bragg«, flüsterte Francesca.
»Es herrschte eine große, erbitterte Rivalität
zwischen den beiden Banden. Eines Tages starb Gordinos Bruder bei einem
Bandenkampf, und Gordino gab mir die
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