Brenda Joyce
sie
diesen alten Mann heiratete! Nun ist sie hier in der Stadt, um sich wieder
einen Mann zu angeln. Und zwar einen reichen, das können Sie mir glauben.«
Francesca machte große Augen. »Finden Sie nicht, dass es ziemlich
ungerecht ist, so über Bartolla zu urteilen? Ich meine, Sie kennen sie doch
überhaupt nicht! Außerdem – vielleicht sollten Sie sie eher dafür bedauern,
dass sie einen älteren Mann heiraten musste.«
»Kennen Sie sie denn wirklich?«, versetzte Lucy spitz.
»Ein wenig. Nebenbei bemerkt ist sie wohlhabend, und soweit ich
weiß, wünscht sie unabhängig zu bleiben. Sie ist nicht auf der Suche nach einem
Mann.«
»Nehmen Sie sich in Acht,
Francesca. Wenn ich mich nicht irre, haben Sie beide sich doch erst kürzlich
kennen gelernt.«
»Wir sind befreundet.«
»Tatsächlich?
Sie sind ein wenig zu attraktiv, um mit ihr befreundet zu sein. Und Sie
sind eine Cahill«, setzte Lucy vielsagend hinzu.
»Ich hoffe, Sie haben Unrecht. Bartolla und ich haben durchaus
einiges gemeinsam.«
»Sie haben nur eines gemeinsam: dass Sie es
beide vorziehen, sich so zu verhalten, wie es Ihnen gefällt, und nicht so, wie es
der Gesellschaft gefällt. Ich kann nur wiederholen: Nehmen Sie sich in Acht.
Ich an Ihrer Stelle würde ihr nicht über den Weg trauen.«
Francesca war erschüttert. Schweigend gingen
die beiden jungen Frauen weiter bis zum Bordstein. Als sie dort erneut stehen
blieben, sagte Lucy: »Jetzt sollte ich
wohl lieber zu Hart zurückkehren, wo meine
Mutter auf die Zwillinge und Roberto aufpasst. Ich werde die
Reservierung für das Abendessen andern. Meinen Sie, wir sollten auch Ihre
Eltern einladen?«
»Bitte nicht!«, erwiderte Francesca hastig.
Dann setzte sie verlegen hinzu: »Sie haben heute Abend ohnehin
schon etwas vor.«
Lucy lächelte. »Also, wie gehen wir bei der Ermittlung jetzt
weiter vor?«
Francesca zögerte. »Evan ist zurzeit nicht zu Hause – ich werde später
mit ihm sprechen. Ich denke, ich werde mich ein wenig in der Welt der Kunst
umsehen müssen.«
»Nun, da können Sie gleich bei Calder den Anfang machen.« Lucy zog
die Augenbrauen hoch.
Francesca verschränkte die Arme. »Das liegt nahe. Außerdem habe
ich Sarah versprochen, ihm beizubringen, dass sich die Lieferung des Porträts
verzögern wird.«
»Sie meinen, Ihres Porträts«, bemerkte Lucy mit
unterdrücktem Lachen.
Francesca ignorierte den Einwurf. »Aber ich möchte ihn nur ungern
stören, wenn er das Haus voller Gäste hat.«
»Ich weiß gar nicht, ob er überhaupt daheim ist.« Lucy beugte sich
zu ihr hinüber. »Wer ist seine derzeitige Mätresse?«
Francesca senkte die Stimme. »Eine wirklich reizende Frau von
geradezu unwirklicher Schönheit. Ich glaube, sie stammt aus einer Adelsfamilie,
doch darüber spricht sie nicht. Möchten Sie sie kennen lernen? Ich bin sicher,
sie wäre entzückt, wenn wir sie besuchen.«
»Wie wäre es am Montag? Ich muss mich jetzt wirklich wieder um die
Zwillinge kümmern«, antwortete Lucy.
»Montag passt mir hervorragend«, stimmte Francesca zu, denn sie
wollte die Stunden bis zum Abendessen lieber dazu nutzen, mit Calder zu
sprechen – sofern möglich – und ihre Ermittlungen fortzusetzen.
Lucy hatte eine Mietdroschke erspäht und winkte sie heran. »Also,
kommen Sie mit?«
Francesca zögerte. Sie konnte
nicht leugnen, dass die Aussicht auf eine Begegnung mit Hart ihr ein gewisses
Unbehagen bereitete. Doch andererseits würde er sich womöglich als eine nützliche
Informationsquelle erweisen. Er war ihre Verbindung zur Kunstwelt, das lag auf
der Hand. Sie konnte ihm jetzt nicht aus dem Weg gehen. »Selbstverständlich.«
Sie rang sich ein Lächeln ab.
Lucy musterte sie. »Meine Güte, Sie sehen aus, als stünde Ihnen
der Gang zur Guillotine bevor.«
Da Francesca darauf nichts zu
erwidern wusste, schwieg sie. In Wahrheit erweckte allein die Tatsache, dass
sie sich wegen wichtiger Informationen an Hart wandte, in ihr das Gefühl, Bragg
zu hintergehen.
Plötzlich erschien die Kutsche der Channings neben ihnen, blieb
kurz in der Auffahrt stehen und bog dann in die Straße ein. Bartolla winkte den
beiden zu.
Francesca lächelte sie an, wohingegen Lucy keine Miene verzog. Die
Gräfin öffnete ein Fenster. »Sollen wir Sie irgendwohin mitnehmen?«, erkundigte
sie sich. Sie trug die Nerzstola sowie einen prächtigen und sehr aufwändigen
marineblauen Hut mit Straußenfedern. Insgesamt bot sie eine schlichtweg
atemberaubende Erscheinung.
»Ja«, erwiderte Francesca
Weitere Kostenlose Bücher