Brenda Joyce
schlafen? Aber irgendwie war es
ihm am Ende doch immer gelungen, das Richtige zu tun.
Und ihre Leidenschaft war groß. Das wusste er
inzwischen.
»Bragg?«, fragte sie argwöhnisch, ganz so, als ahne sie, in welche
Richtung sein Geist abdriftete.
Er schob die Gedanken beiseite, auch wenn es ihn große Mühe
kostete. »Ich möchte bezweifeln, dass wir von seinen Bediensteten im Royal mehr
erfahren werden«, sagte er und wandte sich ab.
»Da mögen Sie recht haben, aber wir könnten einiges von seinen
Kunden dort erfahren.«
»Einen solchen Versuch werde ich allein unternehmen, Francesca«,
versetzte er rasch, drehte sich um und blickte sie warnend an. »Das Royal ist
nicht der richtige Ort für eine Dame und ganz besonders nicht für Sie. Dutzende
Herren würden Sie dort erkennen und Ihr guter Ruf wäre ruiniert. Denken Sie
nicht einmal daran, einen Fuß in dieses Etablissement zu setzen!«
Sie erhob sich mit blitzenden Augen. »Sie verhätscheln mich. Eine
solche Spielhölle zu betreten würde mich wohl kaum in Gefahr bringen. Und was
meinen guten Ruf anbelangt – der ist ohnehin längst ruiniert, da die ganze
Stadt inzwischen weiß, dass ich lieber eine gute Kriminalistin werden will,
anstatt mich als Ehefrau zu versuchen!«
Er seufzte. »Ich möchte, dass Sie sich von LeFarge fernhalten. Er
ist ein gefährlicher Mann. Lassen Sie sich von seinem falschen Lächeln und
seiner gespielten Überraschung nur nicht täuschen.«
»Das ist mir schon klar. Sehen Sie sich doch nur an, was er meinem
Bruder angetan hat!«, rief Francesca.
Er trat dicht vor sie hin und berührte sie am Kinn. »Aber Evan ist
auf dem Weg der Besserung, und LeFarge wurde gewarnt.«
Francesca nickte grimmig. Tränen standen ihr
in den Augen.
Er hätte sie beinahe an sich gezogen, in die
Arme geschlossen, aber er hielt sich zurück, wusste, dass die Geste, die als
Trost gemeint war, rasch zu einem Kuss führen würde. Stattdessen ließ er die
Hand wieder sinken. »Ich kann im Augenblick weder eine Galerie aufsuchen noch
an den Tatort zurückkehren, da ich noch einiges an Arbeit zu erledigen habe
und später zum Mittagessen verabredet bin. Aber Sie können die Wohnung
betreten, wann immer Sie es wünschen, Francesca. Der Wachmann, den ich dort postiert
habe, wird Sie hineinlassen.«
»Dann werde ich Joel mitnehmen und ohne Sie Detektiv spielen«,
sagte sie mit heiserer Stimme. »Er wartet draußen.« Sie erhob sich, ohne den
Blick von ihm abzuwenden.
Bragg wich ihm nicht aus. »Ich vermute, der kleine Taschendieb
wird mich bis in alle Ewigkeit hassen.«
»Das wird sich mit der Zeit schon geben«, erwiderte sie leise,
während er ihr in den Mantel half. Er geleitete sie zur Tür und sagte: »Seien
Sie vorsichtig. Falls sich etwas Neues ergibt, kommen Sie bitte erst zu mir,
ehe Sie eine Spur verfolgen und sich womöglich in Gefahr bringen.«
Daraufhin musste sie nun doch lächeln. »Ich bin doch kein
Porzellanpüppchen.«
»Genau diese Einstellung raubt mir nachts den
Schlaf!«, rief er aus. Dies und sein unbeschreibliches Verlangen nach ihr. Und
eine Zukunft, die von Minute zu Minute düsterer aussah.
»Ich verspreche, vorsichtig zu sein und besonnen zu handeln«,
versprach sie lächelnd.
Er bezweifelte es. »Bis nachher.«
Sie zögerte, dann drückte sie ihm einen hastigen Kuss auf die
Wange, drehte sich rasch um und ging.
Bragg starrte ihr nach, bis sie verschwunden war. Ihm wurde
bewusst, dass er schon wieder lächelte. Aber Francesca war nun einmal eine
Frau, die es immer wieder schaffte, nicht nur ein Lächeln in sein Gesicht,
sondern auch in sein Herz zu zaubern.
So hatte er Leigh Anne gegenüber nie
empfunden.
Bei diesem Gedanken erstarb sein Lächeln. Er würde ihr wegen des
bevorstehenden Opernabends eine Nachricht zukommen lassen müssen. Schlagartig
kehrte die Anspannung in seinem Inneren wieder. Er konnte sich nichts Unangenehmeres
vorstellen, als in Begleitung seiner Frau zu dieser Vorstellung zu gehen.
Je eher er sie davon überzeugen konnte, nach
Boston zurückzukehren, wo ihr sterbenskranker Vater lebte, oder nach Europa,
wo ihre zahlreichen Liebhaber auf sie warteten, desto besser!
Aber aufgrund der Vorfälle des gestrigen Tages
hatte er bisher nicht die Zeit gefunden, ihr einen Besuch abzustatten und über
die unmögliche Situation zu reden, in der sie sich gegenwärtig befanden. Oder
war er etwa einer ausgesprochen unangenehmen Konfrontation ausgewichen?
»Rick?«
Bragg fuhr zusammen. Er hatte den
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