Brenda Joyce
hatte dich gebeten, dich um deine eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Ich hatte dir klipp und klar gesagt,
dass du dich nicht in meine Ehe und mein Leben einmischen sollst!«, brüllte
er.
Francesca spürte, wie ihr die Tränen in die Augen traten. Neils
Verhalten machte ihr Angst. Aber viel schlimmer war der Gedanke, dass sie
ihren Schwager wenige Wochen zuvor noch über alles geliebt hatte – das Resultat
einer Vernarrtheit, die begonnen hatte, als sie ihm im Alter von fünfzehn
Jahren zum ersten Mal begegnet war. In den zurückliegenden beiden Wochen waren
ihre Illusionen zerstört worden, und ihr Herz war zerbrochen. Doch war es
wirklich nötig, es so weit kommen zu lassen? War es wirklich nötig, dass sie
einander nur noch mit Feindseligkeit, Geschrei und Vorwürfen begegnen konnten
und von nun an Zwietracht herrschen würde?
»Wie kannst du es wagen, mich anzuschreien?«,
stammelte sie. Es war ihr schon immer schwer gefallen, in Neils Gegenwart auch
nur einen einzigen zusammenhängenden Satz zustande zu bringen. Trotz der Wut,
die sie gegen ihn hegte, war er für sie noch immer der attraktivste Mann, den
sie jemals gesehen hatte. Er besaß eine faszinierende Ausstrahlung und eine beinahe
schon magnetische Anziehungskraft. Francesca wusste, dass ihn die meisten
Frauen unwiderstehlich fanden; das war schon immer so gewesen.
»Wie ich es wagen kann, dich anzuschreien? Wie kannst du es wagen,
meine Ehe, mein Leben zu zerstören?«, brüllte er.
Sie schnappte nach Luft und wich einen Schritt zurück, aber er
trat auf sie zu und baute sich bedrohlich vor ihr auf.
»Ich habe gar nichts zerstört,
Neil! Ich habe dich nicht dazu gezwungen, eine Affäre zu beginnen. Wenn etwas
zerstört worden ist, dann musst du die Schuld allein bei dir suchen!«
»Glaubst du etwa, das wüsste
ich nicht?«, schrie er wütend. »Hältst du
mich für einen Narren? Ich weiß, dass ich den schlimmsten Fehler meines Lebens
begangen habe! Aber musstest du dich unbedingt einmischen? Ich habe dich
gebeten, nichts zu sagen, und du hast es mir versprochen. Bist du jetzt
zufrieden? Sag schon!« Es klang wie ein Befehl. Seine türkisfarbenen Augen
funkelten. Er ergriff mit beiden Händen ihre Schultern und schüttelte sie
leicht.
»Bitte lass mich los!«, stieß sie mit
zitternder Stimme hervor. Als er umgehend gehorchte, wich sie zurück und
schlang die Arme um ihren Körper. »Wie könnte ich zufrieden sein? Wie denn?«,
flüsterte sie. »Im Gegenteil. Ich bin entsetzt!«, rief sie.
»Ich glaube, du bist zufrieden«, sagte er finster. »Ich glaube,
das hier ist genau das, was du immer wolltest.«
»Wie bitte?«, keuchte sie auf. »Ich habe keine Ahnung, wovon du
sprichst!«
»Nein? Das glaube ich aber schon.« Er starrte
sie an. Sein Gesicht war gerötet. »Ich glaube, du weißt ganz genau, wovon ich
rede.«
Sie zitterte. »Das weiß ich nicht. Ich muss
jetzt gehen.« Mit diesen Worten wollte sie an ihm vorbeischreiten, doch er
packte sie erneut an der Schulter, und dieses Mal ließ er sie nicht gleich
wieder los. »Du sehnst dich schon so lange danach, die Stelle deiner Schwester
einzunehmen. Glaub nur nicht, dass ich das nicht bemerkt hätte!«
Francesca war sprachlos. Sie brachte keinen Ton heraus, sondern
vermochte ihren Schwager nur anzustarren.
Sie musste sich eingestehen, dass er in gewisser Weise Recht
hatte. Sie hatte sich schon immer gefragt, wie es sich wohl angefühlt hätte,
wenn sie die ältere Schwester gewesen wäre und Neil geheiratet hätte. Noch zwei
Wochen zuvor hatte sie tief in ihrem Herzen geglaubt, dass sie in diesem Fall
die glücklichste Frau auf Erden gewesen wäre.
»Wenn du mich fragst, ob ich dich bewundert habe, dann lautet die
Antwort ja«, sagte sie. »Ich war fünfzehn Jahre alt, als wir uns kennen gelernt
haben, Neil. Meine Bewunderung für dich war nur natürlich.«
»Ich würde es eher als Vernarrtheit
bezeichnen«, fuhr er sie an.
Francesca spürte, wie sie rot wurde. »Nein,
das war es nicht.« Aber eine gewisse Vernarrtheit konnte sie eigentlich nicht
abstreiten – wenn sie auch harmlos und unschuldig gewesen war. »Ich habe dich
immer bewundert, und ich liebe meine Schwester und meine Nichten, also wage es
nicht noch einmal, anzudeuten, ich hätte Connie mit böser Absicht von deiner
Affäre erzählt! «
Francesca versuchte an ihm vorbeizukommen,
doch er versperrte ihr den Weg. »Lass mich gehen!«, rief sie, den Tränen nah.
»Ich könnte dich erwürgen, Francesca«, erklärte er
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