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Brennende Fesseln

Brennende Fesseln

Titel: Brennende Fesseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Reese
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aufgehoben.«

    »Bei dir ist gar nichts gut aufgehoben«, gebe ich zurück. Meine Gemüsesuppe schmeckt gut, fast wie hausgemacht. Ich weiß, daß ich M. durch nichts davon abhalten kann, sich mit Ian zu treffen, also beschließe ich, das Beste daraus zu machen. »Hast du vor, dich öfter mit ihm zu treffen?« frage ich. Als er nickt, sage ich: »Dann erwarte ich eine Gegenleistung.«
    »Was?« fragt er.
    »Du hast gesagt, du hättest drei Wochen vor Frannys Tod mit ihr Schluß gemacht – erzähl mir davon.«
    M. kaut zu Ende, was er gerade im Mund hat. Dann legt er die Gabel weg und blickt mir in die Augen. Ich sehe die Vene an seiner Schläfe pulsieren.
    »Warum?« fragt er. »Warum sollte ich dir irgend etwas erzählen?«
    Seine Antwort bestürzt mich. »Um deinen Spaß zu haben«, sage ich. »Aus demselben Grund wie immer.«
    M. greift wieder nach seiner Gabel und ißt weiter. Nach einer Weile sagt er: »Nicht heute. Das Thema langweilt mich. Reden wir lieber über dich.«
    Langsam und nachdenklich kaut er auf seinem Essen herum. Er wischt sich den Mund mit einer Serviette ab. »Ich möchte, daß du mir eine alte Frage beantwortest. Die Frage, die ich dir gestellt habe, als wir zum ersten Mal miteinander gejoggt sind.« Lächelnd fügt er hinzu: »Schau mich nicht so verdutzt an – du weißt genau, wovon ich rede. Ich will wissen, warum du keinen Mann an dich heranläßt.«
    Ich lehne mich zurück. »Glaub mir, das würde dich bloß langweilen«, antworte ich.
    »Ich lasse es darauf ankommen«, entgegnet M. und ißt den letzten Bissen seines gebratenen Huhns. »Erzähl mir, warum du die Männer so auf Distanz hältst.«
    Ich trinke einen Schluck Wasser. Jahrelang fand ich nichts Ungewöhnliches an meiner Art, mit den Männern umzugehen. Mein Studium und meine Arbeit nahmen mich sehr in
Anspruch. Ich hatte keine Zeit, mich ernsthaft auf eine Beziehung einzulassen. Erst in letzter Zeit, in den letzten paar Jahren, habe ich angefangen, mein Verhalten zu hinterfragen. Als ich das Glas wegstelle, sage ich: »Da gibt es wirklich nicht viel zu erzählen. Der Grund ist sogar ziemlich banal und geht niemanden außer mir etwas an.« Ich nehme einen weiteren Schluck von meinem Wasser. Er wartet geduldig darauf, daß ich weiterspreche.
    Achselzuckend sage ich: »Wenn du bei mir nach einem Kindheitstrauma suchst, wirst du nichts finden. Mir ist nie etwas Schreckliches oder Beängstigendes passiert. Es ist eigentlich gar nicht der Rede wert, eine altbekannte, langweilige Geschichte. Während meines letzten Schuljahrs wurde ich schwanger, und der Kerl ließ mich sitzen. Diese Erfahrung hat mich Männern gegenüber mißtrauisch gemacht.« Während ich mit meinem Löffel spiele, sage ich: »Und damit wären wir auch schon beim Ende der Geschichte. So etwas passiert ständig, Tausenden von Frauen. Man regelt das irgendwie, und dann lebt man sein Leben weiter.«
    M. lehnt sich zurück und sieht mich skeptisch an. »Das war nicht die ganze Geschichte. Erzähl weiter.«
    Meine Suppe ist noch sehr heiß, ich muß sie erst ein wenig abkühlen lassen. Ich reiße ein Päckchen Salzcracker auf, knabbere an einem und brösele einen zweiten in die Suppe. »Das war vor achtzehn Jahren«, sage ich. »Damals waren die Zeiten noch anders. Man nahm solche Sachen tragischer als heutzutage. Der Junge – der Vater des Babys – erklärte mir sinngemäß, das Ganze sei mein Problem, nicht seines, auf ihn könne ich nicht zählen. Damit hatte ich gerechnet: Der Typ war ein Blödmann. Womit ich nicht gerechnet hatte, war die Reaktion meiner Freundinnen. Wir feierten eine Party nach der anderen. Und alle sagten sie das gleiche wie der Junge: Das sei mein Problem.«
    Ich lege den Löffel weg und sehe aus dem Fenster. Bauschige
weiße Wolken ziehen am Himmel dahin. An der Fensterscheibe beschreibt eine einsame Fliege einen Halbkreis in ihrer Fluglinie. Ich wende mich wieder M. zu, der noch immer darauf wartet, daß ich weitererzähle.
    »Nun, es war tatsächlich mein Problem. Ich weiß nicht, was ich eigentlich von den anderen erwartet habe. Vielleicht ein bißchen moralische Unterstützung.« Während ich meinen Erinnerungen nachhänge, spiele ich mit der Serviette auf meinem Schoß. »Weißt du, was meine beste Freundin damals gesagt hat? Sie sagte wortwörtlich: Was soll ich bloß meiner Mutter sagen? Wenn sie erfährt, daß du schwanger bist, denkt sie bestimmt, daß ich auch so herumschlafe.« Ich seufze. »Ich weiß nicht. Ich glaube, ich

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