Brennende Fesseln
bekommen hier drin nichts scharf Gewürztes.«
Ich wechsle einen weiteren Fünfer und hole, was er bestellt hat. Allmählich komme ich mir vor wie eine Bedienung. Nachdem Kirn auch noch die Enchilada in der Mikrowelle aufgewärmt hat, setzt er sich an einen leeren Tisch. Ich nehme ihm gegenüber Platz und beobachte ihn. Er verschlingt den Cheeseburger in drei Bissen.
»Ich habe sie nicht umgebracht«, sagt er. »Niemand will mir das glauben.« Er blickt auf. »Außer Ihnen vielleicht. Glauben Sie mir?«
Ich weiß es nicht. Ich habe alle Zeitungsausschnitte über den Mansfield-Mord gelesen und mit den Beamten gesprochen, die damals für den Fall zuständig waren. Mark Kirn ist der Mörder, da sind sie sich alle sicher – genauso sicher wie die Geschworenen, die ihn verurteilt haben. Ich zucke mit den Achseln. »Die Beweise sprechen gegen Sie«, antworte ich. »Man hat Sie wenige Minuten nach dem Mord auf dem Parkplatz gesehen. Und das Messer war voll von Ihren Fingerabdrücken.«
»Man hat mir die Sache angehängt«, sagt er. »Wenn ich sie wirklich getötet hätte, wäre ich doch nicht so dumm gewesen, das Messer zurückzulassen.« Er wirft einen Blick zur Seite, sieht sich nervös um. »Außerdem habe ich Cheryl geliebt. Ich hätte ihr nie weh tun können.«
»Sie hatte eine richterliche Verfügung gegen Sie erwirkt«, entgegne ich. »Sie waren auf Bewährung.«
»Ich weiß, daß ich nicht zum Sender hätte fahren dürfen. Aber ich wollte sie sehen. Das ist alles. Ich habe sie nicht umgebracht.«
»Erzählen Sie mir, wie Sie sie belästigt haben. Soviel ich weiß, haben Sie sie angerufen und ihr Fotos geschickt, die Sie
von ihr gemacht hatten. Und Sie sind in ihr Haus eingebrochen.«
»Das konnte die Polizei nie beweisen«, widerspricht er. »Ich bin nicht bei ihr eingebrochen. Ihr Wort stand gegen meines. Es gab keine Fingerabdrücke.«
»Was ist mit den Anrufen und den Fotos?«
Er stürzt den Rest seines Kaffees hinunter. »Ja, das war ich. Aber das bedeutet nicht, daß ich sie getötet habe.« Er zögert einen Augenblick, ehe er hinzufügt: »Wir waren zwei Jahre zusammen. Wir wollten heiraten. Als sie mit mir Schluß machte, war ich schrecklich wütend. Ich habe ein paar Dinge getan, die ich nicht hätte tun sollen. Das gebe ich ja zu. Aber ich habe sie nicht getötet.«
Er setzt sich gerade auf und sieht mich mit ernsthafter Miene an. »Hören Sie, Sie müssen mir helfen. Sie sind die einzige, die dazu in der Lage ist.« Er beugt sich vor und legt seine Hand auf meine. Obwohl er mich um Hilfe bittet und einen aufrichtigen Eindruck macht, hat er etwas Kaltes, Unnahbares an sich, als könnte ihn nichts – zumindest nichts auf dieser Welt – wirklich berühren. Ich ziehe meine Hand zurück.
»Erzählen Sie mir von den Briefen«, sage ich.
Kirn verschränkt die Arme vor der Brust. »Okay«, sagt er. »Ich habe ihr Briefe geschrieben. Was wollen Sie sonst noch wissen?«
»Was haben Sie ihr geschrieben?«
»Ich habe ihr erklärt, wie sehr ich sie liebe.«
»Sie haben gedroht, sie zu töten.«
Kirn läßt die Arme sinken. Er rutscht auf seinem Stuhl herum. »Damit wollte ich bloß ihre Aufmerksamkeit erregen. Sie hat mich einfach ignoriert. Ich habe das nicht böse gemeint.« Er lehnt sich wieder vor.
»Ich war wütend«, fährt er fort. »Die Briefe, die Anrufe – das hatte doch gar nichts zu bedeuten. Aber sie mußte zur Polizei rennen und mich anzeigen. Ich wurde verurteilt und bekam
Bewährung. Ich mußte sogar einen Psychiater aufsuchen. Danach habe ich mich von ihr ferngehalten. Keine Anrufe mehr, keine Briefe, nichts. Eines Abends beschloß ich dann, zum Sender zu fahren und mich bei ihr zu entschuldigen. Aber als ich dort war, überlegte ich es mir anders. Ich hatte Angst, daß sie mich melden würde. Also fuhr ich nach Hause. Kurz darauf taucht plötzlich die Polizei bei mir auf und behauptet, ich hätte sie getötet. Aber ich war es nicht. Es war ein anderer. Jemand, der wußte, daß ich sie belästigt hatte. Es gibt da einen Mann namens Ian McCarthy. An den müssen Sie sich wenden, wenn Sie ihren Mörder finden wollen. Ich bin mir ziemlich sicher, daß er es war. Er ist gewalttätig. Ein eifersüchtiger Mann. Er hat mich einmal vor Scott’s Seafood verprügelt, nur weil Cheryl und ich uns unterhalten haben.« Er lehnt sich zurück und fügt hinzu: »Er wußte, daß er sie töten und es dann mir in die Schuhe schieben konnte.«
Ich erinnere mich an den Abend, als Ian mir
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