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Brennende Fesseln

Brennende Fesseln

Titel: Brennende Fesseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Reese
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besonders gut aus und frage mich, ob er sich an unsere gestrige Begegnung erinnern kann. Ich trete in den Garten hinaus. Sofort springt Rameau auf und kommt auf mich zugetrottet. Sein Körper ist geschmeidig und kräftig, und sein schwarzer Kopf reicht mir fast bis an die Hüfte. Reglos steht er da, während ich ihn hinter den Ohren kraule, und als ich aufhöre, läßt er den Kopf sinken und beschnuppert meinen Oberschenkel. Ich fülle seine Schüssel mit frischem Wasser und sehe zu, wie er zu trinken beginnt. Dann gehe ich hinein und schließe die Tür hinter mir. Ich trage die Einkaufstüte ins Wohnzimmer hinüber, wo ich sie hinter einem Sessel verstecke, damit M. nicht merkt, daß ich vorhabe, ihn zu verlassen. Ich trete ans Fenster. Der bewölkte Himmel wirkt grau und trostlos. Draußen schnüffelt eine Katze in einem Blumenbeet herum. Plötzlich scheint ein Geräusch sie zu erschrecken, das ich nicht hören kann, denn sie blickt ruckartig hoch, flitzt quer über den Rasen und verschwindet hinter dem Auto eines Nachbarn.
    Durch das Video von Franny und insbesondere durch das Zeichen auf ihrer rechten Pobacke, das mir verraten hat, daß M. ihr Mörder ist, muß irgend etwas in mir zerbrochen sein. Ich sehe mein Leben und den kleinen Teil des Universums, den ich bewohne, jetzt viel klarer; wahrscheinlich habe ich seit der Ermordung meiner Schwester noch nie so klar gesehen. Wie konnte ich auch nur in Betracht ziehen, bei M. zu bleiben? Ich
habe zuviel für ihn aufgegeben und muß erst wieder lernen – und zwar von Grund auf –, die Verantwortung für mich selbst zu tragen. Nur ich allein bin dazu in der Lage.
    Er hat einen Fehler gemacht, als er mir das Video von Franny zeigte. Einen Fehler von monumentaler Bedeutung. Wie konnte er nur so dumm sein? Selbst wenn ich das Zeichen nicht gesehen hätte –, er hätte mir das Video nicht zeigen dürfen. Wie konnte er nur wollen, daß ich mir ansehe, wie er Franny seiner Psychofolter unterzog? Ich kann daraus nur schließen, daß er nicht versteht oder nicht verstehen will, daß sein Verhalten – sein Mangel an Moral, an Zurückhaltung – meiner Schwester gegenüber falsch war. Wenn er mir das Video nicht gezeigt hätte, wäre ich vielleicht bei ihm geblieben. Ich hätte bei ihm bleiben können. O ja, das war durchaus im Bereich des Möglichen. Er hat mich mit Leichtigkeit verführt, mich genauso in Versuchung geführt wie Franny, aber im Gegensatz zu ihr habe ich seine Verführung genossen. Sehr sogar. Er hat mich auf eine außergewöhnlich lustvolle sexuelle Odyssee mitgenommen, und wenn ich das Video nicht gesehen hätte, wäre ich vielleicht für immer geblieben. Dieser Gedanke macht mir angst. Ich hätte unter seiner Herrschaft leben können. Ich hätte diesem Herrn als Sklavin dienen können.
    Aber ich habe das Video gesehen, und jetzt ist alles anders. Selbst wenn er meine Schwester nicht getötet hätte, wie sollte ich nun noch bei ihm bleiben? Sein erschreckender Mangel an Zurückhaltung ist teuflisch. Er geht zu weit. M. hat Franny getötet, und ich werde ihren Tod rächen. Er wird für das, was er getan hat, bezahlen.
    Ich beginne mit meinen Vorbereitungen. Er wird nicht vor halb vier zurückkommen, ich habe also genügend Zeit. Ich gehe ins Bad und öffne das Arzneischränkchen. Ich nehme seine Schlaftabletten heraus und stecke sie in meine Tasche. Dann gehe ich in das hintere Schlafzimmer, das Erziehungszimmer, und zünde mehrere Kerzen an. Dies ist M.s Lieblingszimmer
 – ich gebe zu, daß es auch meines gewesen ist –, er hat mich oft hierher geführt. Ein paar unterschiedlich große Pappschachteln sind vorübergehend neben dem Bett gestapelt. Sie enthalten Papiere, Ordner und Bücher, die M. aus der Uni mit nach Hause gebracht, aber noch nicht sortiert oder abgelegt hat. Und im Schrank hängen meine Kleider – die Spielklamotten, die M. für mich gekauft hat. Wäsche aus Satin und Spitze, Bodysuits, Teddys, das Kostüm eines französischen Hausmädchens, ein braver Faltenrock mit passendem Strickjäckchen, Babydolls, wie kleine Mädchen sie tragen, Bustiers, G-Strings und Nylonstrümpfe, wie große Mädchen sie tragen. Ich nehme das aus vier Teilen bestehende Vinyl-Set heraus und ziehe es an: Push-up-BH, fingerlose Handschuhe, deren Schäfte mir bis an die Ellbogen reichen, Strapsgürtel und G-String, alles aus glänzendem, wie naß aussehendem Vinyl. Ich setze mich aufs Bett und schlüpfe in schwarze Netzstrümpfe. Anschließend zwänge

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