Brennende Fesseln
du liebst mich – und ich hätte dir beinahe geglaubt. Aber du liebst weder mich noch irgend jemanden sonst. Dazu bist du gar nicht fähig.«
Er sieht mich gelassen an. Ich verspüre den Drang, ihm etwas an den Kopf zu werfen, die selbstgefällige Gelassenheit aus seinem Gesicht zu schlagen. »Du mußt die Frauen wirklich hassen«, sage ich. »Es reicht dir nicht, sie zu beherrschen – du mußt sie auch noch erniedrigen.«
Amüsiert hört er mir zu. Schließlich sagt er: »Was soll das werden, Nora? Ein Wutanfall? Du weißt, daß ich dich dafür bestrafen muß.«
Ich schüttele den Kopf. »Du hast es noch immer nicht kapiert, oder? Ich spiele dieses Spiel nicht mehr mit. Du kannst mich nicht bestrafen, wenn ich mich nicht an die Regeln halte.«
Ich trete näher an M. heran und lege die Hand auf seinen Kopf. Sein dunkles Haar fühlt sich weich und seidig an. »Du vergißt, wer von uns heute die Fesseln trägt«, sage ich. Meine Finger gleiten zu seinem Hals hinunter. »Du vergißt, daß du derjenige bist, der einen Gürtel um den Hals hat.«
Als ich den Gürtel berühre, sehe ich an M.s Mienenspiel, daß er endlich verstanden hat, wie ernst es mir ist. Er schweigt. Ich spüre, wie sein Körper sich anspannt.
»Dann ist es also vorbei?« fragt er schließlich. »Du und ich sind fertig miteinander?« Ich höre eine Spur von Verärgerung in seiner Stimme. Er war tatsächlich eitel genug zu glauben, daß ich ihn nie verlassen würde, selbst wenn er mir das Video von Franny zeigte.
»Ja«, sage ich und gehe zum Fernseher hinüber. Er weiß es noch nicht, aber die Tatsache, daß ich ihn verlasse, ist die geringste seiner Sorgen. Es ist an der Zeit, ihm klarzumachen, daß ich weiß, daß er Franny getötet hat.
Er zieht die Augenbrauen hoch. »Na schön«, sagt er. »Dann ist es eben aus. Schließ jetzt die Handschellen auf.«
»Sieh dir das Video an«, entgegne ich. Franny blickt mit tränenüberströmten Wangen in die Kamera. Ich spüre, wie meine Wut von neuem hochkocht.
»Nimm mir die Handschellen …«
»Sieh hin!« schreie ich. Ich zittere am ganzen Körper und muß tief durchatmen, um nicht völlig die Beherrschung zu verlieren. Ich muß mich jetzt zusammennehmen. Mehr als je zuvor.
Ich zeige ihm die Szene, in der das Zeichen auf Frannys Po zu sehen ist. Dann spule ich das Video zurück und lasse die Szene noch mal laufen.
»Du siehst es nicht, oder? Du hast einen Fehler gemacht, und jetzt wirst du dafür bezahlen.« Ich friere das Bild ein. »Sieh es dir genau an«, sage ich und deute auf die Narbe.
»Was?«
»Man kann es kaum erkennen. Es sieht fast aus wie ein Muttermal, aber Franny hatte keine Muttermale.«
M. starrt mit zusammengekniffenen Augen auf den Bildschirm.
»Es ist ein Kreis«, sage ich. »Ein durchgestrichener Kreis. Das gleiche Zeichen hat der Gerichtsmediziner auf Frannys Bauch gefunden.«
Ein Anflug von Panik huscht über M.s Gesicht – nur für einen kurzen Augenblick –, und er versucht sofort, ihn zu überspielen.
»Man erkennt doch gar nicht, was das ist«, sagt er. »Es könnte alles mögliche sein.«
»Ist es aber nicht. Es ist ein durchgestrichener Kreis. Genau so einen hast du in Frannys Bauch geritzt.«
Ich schalte den Fernseher aus. Ich gehe zum Camcorder hinüber und schalte ihn ein, kehre zurück zu M. und setze mich rittlings auf seine Brust. Ich spüre seine nackte Haut an meinen Oberschenkeln. »Du wirst mir jetzt erzählen, wie du Franny umgebracht hast«, sage ich. »Mit dem Video, das du von Franny aufgenommen hast, und dem, das ich jetzt von deinem Geständnis aufnehme, wirst du den Rest deines Lebens im Gefängnis verbringen – wenn du Glück hast. Sie könnten dich genausogut zum Tode verurteilen.«
M. sieht mich kalt an. »Wie kommst du darauf, daß ich dir irgend etwas erzählen werde?«
Ich ergreife die beiden Enden des Gürtels, den ich ihm um den Hals geschlungen habe. »Weil ich dich sonst umbringe.«
Er stößt ein kurzes, spöttisches Lachen aus.
Ich ziehe den Gürtel stramm, bis er keine Luft mehr bekommt. Er wehrt sich, und ich brauche meine ganze Kraft, um den Gürtel stramm zu halten. Ich bin nicht auf die Kraft vorbereitet, mit der er versucht, mich an meinem Vorhaben zu hindern. Bevor ich Zeit habe zu reagieren, reißt er seine linke Schulter hoch, dreht seinen Oberkörper und rammt mir den
Ellbogen in die Rippen. Ein scharfer Schmerz durchzuckt meine Seite. Verblüfft schnappe ich nach Luft. Die durchhängenden Ketten lassen M.
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