Brennende Finsternis - Carriger, G: Brennende Finsternis - Changeless
war.
»Guten Abend, Ehemalige Merriway. Wie geht es Ihnen heute?«
»Ich halte mich immer noch zusammen, Herrin«, antwortete das Gespenst. In der Helligkeit des von Gaslampen erleuchteten Foyers schien die Ehemalige Merriway nichts weiter als schimmernder grauer Nebel zu sein; das Foyer befand sich am äußersten Rand ihres Spukreviers, deshalb fiel es ihr schwer, sich zu verdichten. Das wiederum bedeutete, dass sich ihre sterblichen Überreste irgendwo im oberen Teil von Woolsey Castle befinden mussten, vermutlich irgendwo eingemauert. Alexia zog es vor, nicht darüber nachzudenken, und sie hoffte, sie nicht irgendwann einmal zu riechen.
»Ich habe Ihnen eine persönliche Botschaft zu überbringen, Mylady.«
»Von meinem unmöglichen Ehemann?« Das zu erraten war keine große Kunst, da Lord Maccon der Einzige war, der lieber einen Geist beauftragte, statt eine herkömmliche Art der Kommunikation zu nutzen, wie etwa ausnahmsweise einmal zu seiner eigenen Frau zu gehen und mit ihr zu reden, bevor er das Haus verließ.
Die geisterhafte Gestalt schwankte ein wenig auf und ab, Merriways Version eines Nickens. »Von seiner Lordschaft, ja.«
»Also?«, bellte Alexia.
Zitternd huschte die Ehemalige Merriway ein wenig zurück. Trotz Alexias wortreicher Versprechen, nicht suchend durchs Schloss zu wandern, um Hand an Merriways Leichnam zu legen, konnte das Gespenst ihre Angst vor der Außernatürlichen nicht überwinden. Wenn sich Alexia ihr gegenüber missgestimmt verhielt, sah sie sich jedes Mal unmittelbar vor dem Exorzismus, was in Anbetracht von Alexias Charakter einen Dauerzustand der Nervosität für sie zur Folge hatte.
Alexia seufzte und milderte ihren Tonfall. »Bitte, was war seine Botschaft an mich, Ehemalige Merriway?« Sie sah in den Wandspiegel, um ihren Hut festzustecken, wobei sie sorgsam darauf achtete, Angeliques Frisur nicht zu zerstören. Das Hütchen saß auf völlig nutzlose Weise weit hinten auf ihrem Kopf, doch da keine Sonne schien, nahm Alexia an, dass sie auf den mangelnden Schatten problemlos verzichten konnte.
»Sie sollen einen Hut kaufen gehen«, sagte die Ehemalige Merriway ziemlich unerwartet.
Alexia runzelte die Stirn und streifte ihre Handschuhe über. »Ach, soll ich das, ja?«
Die Ehemalige Merriway wippte ein weiteres Mal nickend auf und ab. »Er empfiehlt ein neu eröffnetes Etablissement in der Regent Street namens Chapeau de Poupe. Er betonte, dass Sie es unverzüglich aufsuchen sollten.«
Lord Maccon hatte ja schon kaum Interesse an seiner eigenen äußeren Erscheinung. Lady Maccon konnte schwerlich glauben, dass er sich mit einem Mal für die ihre interessierte.
»Ach, na ja«, sagte sie. »Mir fiel nur gerade auf, dass mir dieser Hut hier nicht besonders gefällt. Nicht, dass ich wirklich einen neuen bräuchte.«
»Nun, ich kenne jemanden, der sehr wohl einen bräuchte«, kam es hinter ihrer Schulter mit unerwarteter Inbrunst von Floote.
»Oh, es tut mir schrecklich leid, dass Sie gestern diese Weintrauben zu Gesicht bekamen«, entschuldigte sich Alexia. Der arme Floote hatte ein sehr empfindsames Gemüt.
»Uns allen ist Leid beschieden«, zitierte Floote weise. Dann reichte er ihr einen Sonnenschirm aus blauer und weißer Spitze, geleitete sie die Treppe hinunter und half ihr in die wartende Kutsche.
»Zum Stadthaus der Hisselpennys«, wies er den Kutscher an. »Unverzüglich.«
»Ach, Floote.« Lady Maccon streckte den Kopf aus dem Fenster, als die Kutsche bereits die Auffahrt hinunterratterte. »Wären Sie so freundlich, die morgige Dinnerparty abzusagen. Da sich mein Mann entschieden hat, durch Abwesenheit zu glänzen, hat es schlicht und ergreifend keinen Sinn.«
Floote nickte der sich entfernenden Kutsche bestätigend hinterher und ging, um sich um die Einzelheiten zu kümmern.
Alexia empfand es als durchaus gerechtfertigt, unangemeldet auf Ivys Türschwelle zu stehen, da Ivy am Abend zuvor exakt das Gleiche getan hatte.
Alexias Freundin saß lustlos im vorderen Salon des bescheidenen Stadthauses der Hisselpennys, um Besucher zu empfangen. Sie freute sich sehr, Alexia zu sehen, obwohl deren Aufwartung völlig unerwartet kam. Der gesamte Haushalt der Hisselpennys war für gewöhnlich erfreut, wenn sich Lady Maccon die Ehre gab. Niemand von ihnen hätte es je für möglich gehalten, dass Ivys merkwürdige Freundschaft mit dem altjüngferlichen Blaustrumpf Alexia Tarabotti zu solch einem gesellschaftlichen Coup de grâce erblühen würde.
Lady Maccon
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