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Brennende Kontinente

Brennende Kontinente

Titel: Brennende Kontinente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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während ich für dich wache und deinen Untertanen die Unterwürfigkeit beibringe, die sie verlernt haben.« Er nahm den goldenen Pokal, der neben ihrem Lager auf dem Tischchen stand, setzte ihn an ihren leicht geöffneten Mund und gab ihr zu trinken. Gehorsam schluckte sie die Medizin. »Wenn du erwachst, wirst du ein neues Tersion vorfinden.« Er wischte einen Tropfen von ihrer Unterlippe und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Lange schwarze Strähnen rutschten nach vorne, Perlen berührten Alanas Haut; sie bewegte sich nicht. »Wenn du erwachst.« Er richtete das Laken, erhob sich und ging hinaus.
    Ein einsamer, fingerdünner Sonnenstrahl fiel durch die geschlossenen Läden herein und fiel auf Alanas Gesicht, wanderte im Verlauf des Tages langsam über ihre Schläfe genau über die Augen. Die Lider zuckten nicht einmal.
    56
    »Die Qwor haben sich aufgeteilt.
    Einer schleicht um Bardhasdronda, der andere
    hat sich Vekhlahti als Territorium auserkoren.
    Unsere Jäger finden kaum mehr Tiere, dafür
    immer mehr Stellen im Wald, wo der Schnee
    aufgewühlt und rot vom Blut ist.
    Wenn es so weitergeht, wird es nicht mehr
    genügend Fleisch für uns geben.«
    Aufzeichnungen des ehrenwerten Sintjep, Bürgermeister Bardhasdrondas, gesammelt in den Archiven zu Neu‐Bardhasdronda

    Kontinent Ulldart, Königreich Borasgotan, Amskwa, Winter im Jahr 1/2 Ulldrael des Gerechten (460/461 n.S.)
    Lodrik!« Norina stand zwischen Waljakov und Stoiko im Durchgang. Sie hob die Arme und zog ihren Gemahl zu sich heran. Sie zitterte am ganzen Leib, ihr Gesicht war weiß wie der Schnee auf den Dächern von Amskwa.
    Es dauerte, bis er seine Arme auch um sie schlang und sie an seinen dürren Körper drückte, um ihr Geborgenheit zu geben. Ein Blick in ihre braunen Augen genügte, um zu erkennen, was ihr diese Furcht eingejagt hatte: Zvatochna.
    Norina wandte den flackernden Blick ab. »Nein«, bat sie leise.
    Lodrik strich ihr über das Haar, wischte einen Rußflecken
    von ihrer rechten Wange. »Sei unbesorgt. Sie hat dir den Verstand nicht rauben können.« Aus den Augenwinkeln sah er, dass Waljakov näher kam und gern etwas sagen wollte. Mit einer Handbewegung hielt er den Mann davon ab, sie zu stören. Seine Gemahlin besaß Vorrang.
    »Aber es fehlte nicht viel«, wisperte sie tonlos. »Ulldrael war mir gnädig und schützte mich, denn ich befand mich in einer Welt, die aus reinem Grauen besteht.« Sie betrachtete ihre Hände, als gehörten sie nicht ihr. »Alles bewegte sich, die Möbel spien Blut aus, dann stand ich allein auf einem Hügel, umlagert von den abscheulichsten Kreaturen, die sich Tzulan erdachte. Sie rannten zu mir, rissen mir die Kleider vom Leib«, sie ließ Lodrik los und wich vor ihm zurück, »und taten ... Dinge mit mir.«
    »Nur eine Einbildung. Zvatochnas Macht hat sie dir zugefügt.«
    »Aber ich spürte ihre Hände auf mir, ihren Atem in meinem Gesicht.« Norina schüttelte sich. »Dann weiß ich nichts mehr«, schluchzte sie.
    »Du wurdest ohnmächtig.« Lodrik trat näher zu ihr und zog sie an sich. »Andernfalls wärst du sicherlich wahnsinnig geworden.«
    Sie bebte noch immer. »Ich weiß nicht, ob ich es nicht dennoch geworden bin«, sagte sie nachdenklich und atmete die kalte Luft tief ein.
    Menschen mit gefüllten Wassereimern rannten an ihnen vorbei, warfen ihnen verwunderte Blicke zu, weil sie untätig herumstanden, und eilten auf den brennenden Palast zu. Aus den Fenstern schlugen die Flammen himmelwärts, das Feuer hatte auf andere Räume übergegriffen und sich gierig Nahrung in den Holzvertäfelungen und Vorhängen gesucht. Wenn kein Wunder geschähe, würde das Gebäude dem Brand zum Opfer fallen.
    »Habt ihr Zvatochna gesehen?«, fragte Lodrik Stoiko und Waljakov
    Sie nickten. »Ihr wisst, ich bin nicht feige, Herr«, gestand der Hüne Zähne knirschend und war froh, endlich sprechen zu dürfen. »Doch es war mir unmöglich, mich ihr in den Weg zu stellen. Ihre Kutsche fuhr vor, sie eilte hinaus, und die tarpolischen Soldaten fielen einfach tot aus den Sätteln. Sie kamen nicht einmal dazu, etwas zu tun. Ich kann es nicht beschreiben, doch das ... Grauen packte uns beide, sodass wir uns nicht von der Stelle rührten.« Er legte die mechanische Hand an den Gürtel, die Finger schlössen sich klackend um die Schließe.
    »War sie allein?«
    Wieder nickten sie. »Keine Begleitung, Herr.« Waljakov deutete auf den brennenden Palast. »Sie hat ihre Verbündeten im Stich gelassen.«
    Lodrik lächelte

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