Brennendes Land
›aufgegebene Luftwaffenstützpunkt‹ die Sicherheitsbestimmungen vernachlässigt. Ein Feuer sei ausgebrochen und habe auf ein Lager mit nichttödlichen Aerosolen übergegriffen. Es handele sich um Panik verbreitende Desorientierungsmittel. Die ungiftigen und geruchlosen Stoffe dienten der Räumung von Dritte-Welt-Straßen von Aufständischen. Schnitt zu einem Sanitätszelt mit zitternden, geistig verwirrten Soldaten, die in Kontakt mit den psychotropen Aerosolen gekommen waren. Einheimische wiesen ihnen Pritschen zu und verteilten Decken und Beruhigungsmittel. Die Soldaten bekamen offenbar die denkbar beste Versorgung.
Oscar trank einen Schluck Kaffee. »Unglaublich.«
»Ich nehme an, dieses Schauspiel hat mit der Realität vor Ort nur wenig zu tun«, sagte Lorena mit vollem Mund.
»Irgendeine Verbindung muss es geben. Huey ist zu schlau, um das alles bloß zu arrangieren. Er hatte Agenten im Stützpunkt. Irgendjemand hat Feuer gelegt und die Basis mit ihren eigenen Waffen ausgeschaltet. Das war Sabotage. Huey hat die Geduld verloren, und da hat er sie vergiftet.«
»Er hat Unionstruppen vorsätzlich Giftgas ausgesetzt.«
»Mag sein, aber das wird man ihm schwerlich nachweisen können.«
»Ich kann nachvollziehen, dass Leute einem in den Rücken fallen«, sagte Lorena und verschlang eine Schokoladenerdbeere. »Was ich nicht begreife, ist, wenn sie einem von vorne das Messer in den Bauch rammen. Das ist pures Mittelalter.«
Sie schauten aufmerksam zu und zappten weiter, wenn Sosik den Nachrichtenkanal wechselte. Die Europäer hatten hervorragende Luftaufnahmen von maskierten Prolos, die in den Stützpunkt eindrangen. Den Regulatoren machten die Aerosole anscheinend nichts aus.
Die Nomaden verschwendeten keine Zeit. Eine endlose Lastwagenkolonne fuhr in den Stützpunkt hinein – offenbar handelte es sich um große, umgebaute Tankwagen. Die Laster wurden von organisierten Arbeitsgruppen beladen. Die Prolos plünderten den Stützpunkt mit der dezentralisierten Effizienz von Ameisen, die eine tote Spitzmaus verspeisten.
»Ich möchte mal eine Vorhersage treffen«, sagte Oscar. »Morgen wird der Gouverneur seiner Besorgnis Ausdruck verleihen. Er wird Truppen entsenden, um ›die Ordnung wiederherzustellen‹. Die Soldaten werden den Stützpunkt abriegeln – nachdem die Prolos ihn leergeräumt haben. Wenn Washington nachfragt, was mit den Waffen passiert ist, sind sie längst fortgeschafft, und den Gouverneur trifft keine Schuld.«
»Weshalb tut Huey etwas so Verrücktes?«
»Er findet das ganz vernünftig. Er wollte den Stützpunkt einsacken. Als Gegenleistung für neugeschaffene Arbeitsplätze, als staatlichen Zuschuss. Die Notstandsausschüsse aber haben ihm die Unterstützung gestrichen. Sie haben ihn reingelegt und ausgebootet. Huey erträgt es nicht, gedemütigt zu werden, daher hat er sich zur Eskalation entschlossen. Erst die räuberischen Straßenblockaden. Dann die Stromausfälle. Dann die Belagerung durch Stellvertreter. Er hat die Schrauben systematisch angezogen, Schritt für Schritt. Und da ihn das alles nicht weiterbrachte, hat er sich einfach den ganzen Stützpunkt unter den Nagel gerissen.«
»Aber diese dreckigen Prolos können doch keinen Luftwaffenstützpunkt betreiben. Dazu ist seine ganze kleine Miliz nicht in der Lage.«
»Das stimmt, aber jetzt hat er die Daten. Modernste Flugelektronik, Chips, Software, Einsatzpläne und dergleichen… Das ist militärisch von allerhöchstem Wert. Sollte ihn die Regierung unter Druck setzen, stehen ihm ganz neue Möglichkeiten offen.«
»Oh. Ich verstehe.«
»Glauben Sie mir, das hat er alles bedacht. So ist er eben.«
Ein Roastbeefsandwich mit Senf, Garnierung und Sahnekartoffeln wurde gebracht. Lorena lächelte höflich, als sich die mit einer Schürze bekleidete Bedienstete in die Küche zurückzog. Sie hob eine Scheibe krustenloses Roggenbrot ab, betrachtete es eingehend und legte es mit zitternden Fingern wieder weg. »Alcott wird toben. Wir haben alles getan, um das zu verhindern.«
»Ich weiß.«
»Wir haben einfach nicht genug Aufmerksamkeit erregt. Wir haben einen riesigen PR-Rummel veranstaltet und standen kurz davor, die Partei zu sammeln und den Stützpunkt zu belagern. Huey war einfach zu schnell für uns. Alcott ist noch nicht mal vereidigt! Und nach seiner Amtseinführung haben wir es immer noch mit den Notstandsausschüssen zu tun. Von der Opposition ganz zu schweigen. Außerdem ist die Unionsregierung schlichtweg pleite…. Es
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