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Brennendes Schicksal (German Edition)

Brennendes Schicksal (German Edition)

Titel: Brennendes Schicksal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Hamilton
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mit anderen Dingen beschäftigt, zerstob.
    Hoch aufgerichtet, mit blassem Gesicht und verkniffenen Lippen saß sie da. Das schwarze, bis zum Hals geschlossene Kleid verlieh ihr das Aussehen einer Krähe. Ihr Haar, bereits von grauen Strähnen durchzogen, war unter einer mächtigen Haube verborgen. Die lange, spitze Nase unterstrich noch den Vergleich mit einem krähenartigen Vogel.
    »Guten Morgen. Du kommst spät.«
    Ihre Stimme klang schneidend und so schrill, dass der Visconte zusammenzuckte.
    »Es hat lange gedauert gestern«, erklärte Angelo da Matranga, kam näher an den Tisch und drückte seiner Gattin mit leisem Widerwillen einen trockenen Kuss auf die dargebotene Wange.
    »Nun, die Frau des Advokaten war eine Stunde eher zu Hause als du.«
    »Ich bin der Leiter des Chores. Die Solistin liegt elend im Bett. Wir mussten eine neue beschaffen. Sie hat mir vorgesungen, als die anderen weg waren.«
    Seine Gattin rümpfte abfällig die Nase. »Ich kann mir schon vorstellen, wie beschäftigt ihr wart.«
    Der Unterton ihrer Stimme ließ nichts Gutes vermuten, doch Angelo da Matranga hatte wenig Lust, mit seiner Frau Beatrice zu streiten.
    Seit achtzehn Jahren waren sie miteinander verheiratet, doch geliebt hatten sie sich nicht einen einzigen Tag. Besitz hatte hier Besitz geehelicht, Landgut war mit Landgut verschmolzen, Macht mit Macht. Nachdem der einzige Sohn, Orazio mit Namen, auf die Welt gekommen war, hatte Beatrice das gemeinsame Schlafzimmer verlassen und sich im Seitenflügel des Palazzo eigene Gemächer eingerichtet. Ihre Ehepflichten hielt sie für erfüllt. Nun gab es nichts, was die Eheleute außer dem Sohn und dem Besitz verband. Beatrice war eine Frömmlerin geworden, die den halben Tag in der Kirche und den anderen halben Tag mit der Lektüre erbaulicher Schriften verbrachte. Für die Unternehmungen ihres Mannes hatte sie nicht das geringste Verständnis. Im Gegenteil: Beatrice verachtete alles, was nur im Entferntesten Freude machte. Sie trank niemals Wein, sondern stets Wasser, sie musizierte nicht, sang nicht, tanzte nicht, hatte keinen Sinn für Putz und Tand, sondern trug einen um den anderen Tag ihre schwarzen Kleider, die an die Trachten der Stiftsdamen erinnerten. Für Kunst und Kultur, für Philosophie und Dichtung zeigte sie kein Interesse. Die Bibel war ihr Freude und Erbauung genug.
    Im Grunde war Beatrice eine Nonne, ihr Gemahl der Herr Jesus im Himmel, ihr Kind Engel und Heiliger in einer Person.
    Angelo da Matranga betrachtete seine Frau. Er sah die verkniffenen Züge, den schmallippigen Mund, die überschlanke, fast schon dürre Gestalt. Beinahe fühlte er Mitleid mit ihr.
    »Ist es wirklich notwendig, diese albernen Passionsspiele aufzuführen?«, fragte sie.
    »Nun, meine Liebe, selbst der Bischof hat einen großen Gefallen daran. Erst gestern hat er unserer Probe beigewohnt.«
    »Pf!« Beatrice rümpfte die Nase. »Der Bischof, ha, dass ich nicht lache. Sündig ist er wie seine Brüder in Rom. Der einzige Herr, den er als den seinen anerkennt, muss schon im Rock daher kommen.«
    Der Visconte lächelte. »Ein jeder dient dem Herrn auf seine Weise«, sagte er.
    Beatrice schnaubte verächtlich, doch sie antwortete ihrem Gemahl nicht. Stattdessen stand sie auf, ohne zu warten, bis auch er gefrühstückt hatte.
    »Ich gehe in die Messe«, sagte sie, und ihr Blick verriet, dass Angelo gut daran täte, mit ihr die Kirche zu besuchen, statt noch länger an dem süßen Mandelkuchen zu knabbern.
    »Ist gut, meine Liebe«, antwortete er und langte nach dem Krug mit der frischen Milch. »Wie du weißt, hindern mich die Geschäfte, es dir gleich zu tun. Ich werde im Rathaus erwartet.«
    »Nun, ich werde für dich beten, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass der Herr für dich ein offenes Ohr hat.«
    »Ich danke dir trotzdem dafür«, erwiderte Angelo galant und stand auf, um seiner Frau die Tür zu öffnen.
    Dann beendete er sein Frühstück, ließ sich bei der Morgentoilette und dem Anziehen helfen und machte sich auf den kurzen Weg über die Piazza zum Rathaus.
    Es schneite noch immer und war bitterkalt. Viele Marktstände hatten bereits geschlossen, das Eis im Brunnen war noch immer nicht geschmolzen. An wenigen Stellen brannten ein paar Kohlestücke in großen Pfannen, und die Leute drängten sich darum.
    Das Pflaster war glatt und überdies von Kohlblättern übersät. Nur einen kleinen Augenblick lang passte der Visconte nicht auf. Ein Hund lief ihm vor die Füße, er wollte

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