Brennendes Schicksal (German Edition)
Visconte. Wann rechnet Ihr wieder mit dem Weib? Wann, meint Ihr, wird sie zur Vernunft kommen?«
»Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Eine Frau wie Laura ist mir noch nie begegnet.«
»Wie?«, mischte sich der Bischof ein. »Ihr habt sie ziehen lassen, ohne sicher zu sein, dass sie wieder kommt? Ein solch prachtvolles Weib? Allein der Anblick ihres Hinterns verspricht mehr Seelenfreude als die gesamten Passionsspiele.«
»Tja, wie ich schon sagte. Ein solches Weib ist mir noch nicht untergekommen. Sie ist unberechenbar.«
»Wie viel will sie denn?«
Der Schatzmeister, ein hagerer Mann mit riesiger Hakennase, pragmatisch bis in den großen Zeh, verstand die Aufregung um eine Sängerin nicht.
»Ich weiß nicht, wie viel sie will. Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
»Gut. Dann bietet Ihr Geld. Sie soll ein Goldstück haben, wenn sie die Passionsspiele singt. Ist sie wirklich so prachtvoll, wie Ihr sagt, dann findet sich bestimmt ein Gönner, der den Dukaten springen lässt. Aus der Lade der Stadt gibt es jedoch keinen roten Heller. Hat es noch nie gegeben!«
»Und wer soll ihr das Angebot unterbreiten?«, fragte der Visconte. »Ihr werdet einsehen, dass ich dafür nicht geeignet bin. Ich bin schließlich derjenige, der sie hinausgeworfen hat. Ginge ich zu ihr, so verlöre ich mein Gesicht. Meine Herren, jetzt seid Ihr an der Reihe.«
»Ich!« Der Bischof reckte den Finger in die Höhe und zappelte wie ein Fisch auf seinem Stuhl hin und her. »Ich tue es!«
Als er die Belustigung der anderen Ratsherren sah, sammelte er sich und sagte mit salbungsvoller Stimme: »Ich werde nicht als Ratsmitglied, sondern als Bischof zu ihr gehen. Einem Mann etwas abzuschlagen ist eines, die Mutter Kirche abzuweisen etwas anderes.«
Angelo da Matranga versuchte wieder, die Stellung zu wechseln, doch bewegte er sich dabei so unglücklich, dass es in seinem Rücken hörbar knackte. Mit vor Schreck aufgerissenen Augen saß er da, unfähig, auch nur die kleinste Bewegung auszuführen, und schaute hilflos auf seinen Rat.
»Ich glaube, der Knocheneinrenker muss kommen«, brachte er mühsam hervor. »Wahrscheinlich habe ich mir vorhin doch das Rückgrat angebrochen. Schnell, sagt Mimmo, er soll gehen und sehen, ob er den Kerl auftreibt, und zwar gleich!«
Der Bischof hatte es plötzlich eilig. »Nun, da Ihr erkrankt seid, werden wir die Ratssitzung wohl vertagen müssen.«
Noch ehe Angelo da Matranga antworten konnte, hatte Filieri sich schon in seinen Umhang gehüllt und war durch die Tür verschwunden.
»Donnerwetter«, lachte Sticci. »Der konnte es ja gar nicht abwarten, die Sängerin aufzusuchen. Sie muss wirklich ein prächtiges Weib sein, denn unser Bischof ist ja recht wählerisch.«
Der Schatzmeister rümpfte die Nase. »Manchmal habe ich fast den Eindruck, dass in unserer Stadt schon ebensolche Zustände herrschen wie in Rom. Wusstet Ihr, dass es dort über zehntausend Kurtisanen gibt? Wenn ich daran denke, was die Weiber kosten, wird mir ganz schlecht. Der Papst wird eines Tages noch den Vatikan verkaufen müssen, um seine Liebchen und die seiner Kardinäle zu finanzieren.«
»Das«, stöhnte Angelo da Matranga und lächelte trotz seiner Schmerzen, »soll nicht Eure Sorge sein. Die Stadtkasse von Siena kommt in keiner Weise für solche Dinge auf.«
»Das wäre ja auch noch schöner!«, empörte sich der Schatzmeister. »Es gibt schließlich andere Dinge, die wichtig sind im Leben!«
»Welche denn?«, fragte in gespielter Unschuld ein junger Professor der Universität, der seine Studien in Rom und Venedig betrieben hatte.
Der Schatzmeister, der bemerkte, dass man ihn belächelte, winkte ab, packte seine Sachen zusammen und brummte: »Ich gehe dann auch.«
»Wo finden wir Euch denn heute, wenn wir Euch noch brauchen?«, fragte Damiani Sticci hinterhältig.
Der Schatzmeister wurde ein wenig rot. »Ich speise heute Mittag in der Trattoria hinter dem Vecchio. Am Abend bin ich zu einem Souper eingeladen.«
»Darf man fragen, bei wem?« Sticci ließ nicht locker.
Doch der Schatzmeister kannte seine Kollegen lange genug, um sich nicht mehr entlocken zu lassen, als er ohnehin preisgeben wollte.
»Meine Gattin und ich sind an die Tafel der da Matrangas eingeladen. Ihr erinnert Euch doch, Visconte?«
Der Visconte erinnerte sich an überhaupt nichts mehr. Und er wollte sich auch an nichts erinnern. Der Tag war verdorben. Er hatte trübe begonnen und wurde von Stunde zu Stunde noch trüber.
»Beatrice und ich freuen
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