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Brennendes Schicksal (German Edition)

Brennendes Schicksal (German Edition)

Titel: Brennendes Schicksal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Hamilton
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für immer, geschützter und vertrauter als das eigene Zuhause.
    Er stöhnte leise auf. Der Laut erinnerte an einen Verdurstenden, der nach langer Zeit der Entbehrung endlich einen Brunnen erreicht und mit hohler Hand das klare Wasser daraus schöpft.
    Es war ein Aufschrei aus tiefstem Herzen, der alle Entbehrungen seines Lebens enthielt, und zugleich ein Schrei der Hoffnung, dass diese Zeit endlich vorüber war.
    Er fühlte sich wie ein Kind, das in dunkler Nacht nach schlimmen Träumen den warmen Körper der Mutter und darin allen Trost der Welt findet.
    Lauras Hände waren schön und grausam zugleich. Sie holten die Einsamkeit seines siebenunddreißigjährigen Lebens ans Licht, deckten seine rast- und erfolglose Suche nach Liebe und Nähe auf, sein Sehnen nach Zweisamkeit, nach Verbundenheit und tiefem Einverständnis, nach Zugehörigkeit und Trost. Die ganze Bedürftigkeit des Mannes lag ungeschützt vor ihr, ein zitterndes, aus tiefster Seele schreiendes Wesen, ihren Händen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
    Laura nahm die Hände von seinem Rücken, hielt sie in die Nähe des Kohlebeckens, um sie zu wärmen, sah dabei, wie er sich krümmte vor Verlassenheit. Schon war sie wieder bei ihm, tröstend und die Qual lindernd.
    Langsam fasste sein Körper Vertrauen zu ihren Händen. War nicht länger überrascht und trostlos, sondern fand Gefallen an der eigenen Schutzlosigkeit.
    Seine Muskeln zitterten ihren Händen entgegen, sein Fleisch begann zu brennen. Er nahm den Rhythmus ihrer Bewegungen auf, verfolgte sie, und schon bald befanden sie sich in einem Schwindel erregenden Tanz. Ihre Haut verschmolz mit seiner. Die Nerven ihrer Finger fanden ihre Fortsetzung in den Nerven seiner Haut, wurden eins. Längst hatte der Visconte den Schmerz im Rücken vergessen. Er hatte alles vergessen: seinen Namen, den Ort, die Zeit. Er war ein Mensch, der sich einem anderen Menschen auslieferte, er wagte zum ersten Mal in seinem Leben Vertrauen, war angerührt von diesen Händen bis in den hintersten Winkel seines Selbst, war Kind und Mann zugleich. Ein Gefühl von tiefem Frieden überfiel ihn. Er fühlte sich getröstet und geborgen, aufgehoben und angenommen.
    Sein Leben, das erfuhr er mit allen Urinstinkten, ohne dass er den Grund hätte benennen können, wurde unter diesen Händen umgekehrt. Alles Schlechte, Falsche wurde weggewischt und die Saat für einen Neuanfang gelegt.
    Ja, es war tatsächlich so: Hier, an diesem trüben Februarvormittag, wurde er, Visconte Angelo da Matranga, neu erschaffen. Nicht Eva war es, die einer Rippe Adams entsprang, nein, hier im Sitzungszimmer des Rathauses zu Siena entstand Adam unter den Fingerspitzen der Eva neu.
    Ewig hätte er so daliegen können, sich ewig im süßen Schmerz und schmerzlicher Süße suhlen können.
    Doch Lauras Hände strichen nun langsamer, fester über seinen Körper und hörten so plötzlich auf, wie sie begonnen hatten.
    Angelo hatte Mühe, die Augen zu öffnen. Etwas hatte sich verändert. Grundlegend. Er war ein anderer als noch vor wenigen Stunden. Er sah sich um; auch das Zimmer erschien ihm anders als zuvor.
    Langsam, ganz langsam, als könnte er weder seinen Muskeln noch seinen Gefühlen trauen, drehte er sich auf die Seite und sah Laura an.
    Ihre Blicke trafen sich, und Angelo schien es, als schaue er auf den Grund ihrer Seele, während er ihr einen Einblick in die seine gewährte.
    Er fühlte sich wohl unter diesem Blick. Erwartungsvoll wie ein Kind am Weihnachtsabend. Er nahm ihre Hand und betrachtete sie, als wäre sie ein Wunder. Noch immer konnte er nicht glauben, was diese Hand in ihm, mit ihm bewirkt hatte. Er starrte darauf, fassungslos darüber, dass man ihr die Zauberkraft nicht ansah. Dann führte er sie an seine Lippen und küsste jeden einzelnen Finger. Als er spürte, dass sie erschauerte, war er glücklich. Doch dann entzog sie ihm ihre Hand, sagte mit einer Stimme, die etwas schrill klang: »Ihr solltet Euch jetzt anziehen. Die Kälte darf nicht an Euren Rücken gelangen, sonst bekommt Ihr wieder Schmerzen.«
    Er lächelte. Schmerzen? Er hatte vergessen, was das war. Weh war nur sein Herz, die Erinnerung an die jahrelange Einsamkeit schmerzte. Die eigene Bedürftigkeit, jetzt ans Licht gezerrt, schmerzte. Aber der Rücken?
    »Du bist eine Zauberin«, sagte er. »Du vermagst mehr einzurenken als nur Knochen.«
    Sie antwortete nicht, sondern nahm sein Hemd und reichte es ihm.
    »Ihr solltet Euch anziehen«, wiederholte sie. Noch immer sah der

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