Brennendes Schicksal (German Edition)
dem Zimmer und knallte, ganz entgegen ihrer sonstigen Manier, die Tür hinter sich ins Schloss.
Nachdenklich blieb der Visconte zurück. Beatrice hatte sich nie um das gekümmert, was er tat oder unterließ. Woher rührte plötzlich ihr Interesse an seinem Lebenswandel? Warum stieß ihr diese Beziehung derartig in die Nase, dass sie sogar ihre Manieren vergaß?
Er überlegte, bedachte alle Worte der letzten Tage, doch es fiel ihm nichts ein, das zu solch einem Verhalten Anlass gab. Was hatte sie nur? Sollte er sich darum sorgen? Versuchen, es herauszufinden?
Er ließ den Gedanken fallen. Sie kam eben in die Jahre, war nicht mehr die Jüngste. Oft schon hatte er von anderen Männern gehört, dass ab einem gewissen Alter die Frauen unleidlich wurden.
Er schüttelte den Kopf, zuckte noch einmal mit den Achseln, dann zog er sich seinen Umhang über und machte sich auf den Weg zu Laura.
»Oh, Liebster«, empfing sie ihn und fiel ihm um den Hals. »Sieh nur, was Circe da Volterra im Wohnzimmer für ein Wunder vollbracht hat!«
Sie nahm ihn an die Hand und zog ihn die Treppe hinauf.
»Sieh, sieh nur!«, wiederholte sie und zeigte mit dem Finger auf ein Spinett, das an einer Wand aufgestellt war. »Wir können jetzt üben, wann immer wir wollen. Du wirst sehen, ich werde bei den Passionsspielen singen wie niemals zuvor.«
»Ja, das wirst du!«, erklang eine Stimme. Angelo und Laura hatten nicht bemerkt, dass Circe eingetreten war. »Doch deine Stimme wird nur halb so viel Aufmerksamkeit erregen, wenn du sie mit zerzaustem Haar und bleichen Wangen hervorbringst.«
Laura strich sich verlegen eine widerspenstige Strähne aus der Stirn.
»Ich werde mein Haar gleich bürsten«, sagte sie kleinlaut. »Ich wollte vorher nur Angelo das wundervolle Spinett zeigen.«
Sie machte Anstalten, aus der Tür zu verschwinden, doch Angelo hielt sie am Arm zurück. »Nein, ich werde dir das Haar bürsten.«
Circe nickte. Sie wusste genau, dass ein so junges Mädchen, wie Laura es war, auch ein wenig Abwechslung brauchte. Wenn sie sich vor Liebe verzehrte und sich aufführte, als säße sie mit gerafften Röcken auf einer heißen Herdplatte, dann war sie auch nicht in der Lage, die nötige Konzentration für weitere Lerneinheiten aufzubringen.
»Geh nur«, sagte sie ungewohnt milde. »Beim Mittagessen kannst du zeigen, was du alles über Tischmanieren und Konversation gelernt hast.«
Sie wandte sich ari den Visconte und fuhr fort: »Ihr bleibt doch und überzeugt Euch von ihren Fortschritten, nicht wahr? Ich bin auf Euer Urteil gespannt. Vielleicht können wir schon sehr bald ein kleines Abendessen geben, um Laura in die Gesellschaft einzuführen.«
Angelo da Matranga nickte. »Ja, es wird wohl Zeit, sie der Öffentlichkeit zu präsentieren.«
Er wusste, wenn die Damen und Herren seines Standes Laura erst einmal kennen gelernt hatten, dann würde bald jedes Gerede ersticken.
»Komm schon!«, bettelte Laura und zog den Visconte mit sich, wobei sie ihrer Lehrerin einen übermütigen Handkuss zuwarf.
In ihrem Schlafzimmer setzte sie sich vor einen Spiegel, der ganz aus Glas und extra für sie aus Venedig herbeigeschafft worden war.
»Hast du das ernst gemeint? Möchtest du mir wirklich das Haar bürsten?«, fragte sie und sah plötzlich wieder so scheu und unschuldig wie ein kleines Mädchen aus.
Angelo da Matranga schluckte. »Gern, sehr gern sogar.«
Er nahm die versilberte Bürste aus einer Schale auf dem kleinen Tischchen und löste vorsichtig die Spange, die die wilde Mähne nur unzureichend bändigen konnte. Ein feiner Geruch nach Seife und Lavendelwasser stieg auf. Angelo schloss die Augen, hob eine dicke Strähne an seine Nase und füllte die Lungen mit Lauras Duft. Dann breitete er ihre Haare so über ihre Schultern, dass sie wie ein Umhang aus goldgewirkter Seide herabfielen.
Im Spiegel sah er ihr Gesicht. Das schmale Oval war von der Frische und Festigkeit eines jungen Apfels, die Haut samtig weich wie ein Pfirsich, die Augen erinnerten an klares, reines Quellwasser, und die Lippen waren so prall und rot wie reife Kirschen. Wieder bekam er Ehrfurcht vor ihrer Schönheit. Ihre Blicke trafen sich im Spiegel, und es war, als ob Laura seine Gedanken erraten hätte, denn eine leise Röte überhauchte ihre Wangen, wanderte über den Hals bis hinab auf den Ansatz ihrer Brüste, den das Mieder nicht verdeckte.
Vorsichtig nahm er die Bürste und strich ihr damit über das Haar, welches leise knisterte und Funken zu sprühen
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