Brennendes Schicksal (German Edition)
selbst einmal Kurtisane gewesen seid.«
»Weiß er, wo wir wohnen?«
Laura schüttelte den Kopf. »Nein, er wollte uns zwar seine Aufwartung machen, doch die Geschäfte ließen ihm dazu keine Zeit. Aber es ist doch ein Leichtes, in einer Stadt wie Siena unser Haus zu finden.«
Sie lachte, und ein wenig Stolz schwang in diesem Lachen mit. »Wir sind bekannt wie bunte Hunde. Jeder hier weiß, wo und wie wir leben.«
Doch Circe ließ sich von dem Lachen nicht anstecken. Noch immer war sie unnatürlich bleich. Ihre Hände zitterten, als sie erneut nach dem Wasserbecher griff.
»Ich habe es geahnt«, murmelte sie leise vor sich hin. »Ich habe es geahnt.«
Sie bemerkte Lauras fragenden Blick, dann sagte sie ernst: »Ich habe Alvaro del Gerez in meinem früheren Leben schon einmal getroffen.«
Mit diesen Worten stand sie auf und verließ, leicht schwankend und sich an der Wand stützend, den kleinen Salon.
Laura blieb ratlos zurück und blickte auf den Ring, der noch immer auf dem Tisch lag.
Unterdessen hatte sich Angelo da Matranga ein wenig erholt. Das Schmerzpulver zeigte seine Wirkung. Gerade war er dabei, ein leichtes Frühstück zu sich zu nehmen, als ein Besucher gemeldet wurde.
Gleich darauf polterte der Bischof in den Raum: »Guten Morgen, Visconte«, dröhnte er aufgeräumt. Seine rote Nase verriet, dass er dem Wein am Vorabend sehr zugesprochen haben musste.
»Was gibt es, mein Freund?«, fragte Angelo freundlich und lud den Bischof zu einem zweiten Frühstück ein. Der ließ sich nicht lange bitten und langte kräftig zu.
Als er fürs Erste gesättigt war, kniff er die Augen leicht zusammen und betrachtete den Visconte mit Kennermiene.
»Diese Laura ist ein Prachtstück. Kein Wunder, dass Eure Gattin, die verehrte Viscontessa, Gift und Galle spuckt.«
»Wie kommt Ihr darauf?«, fragte Angelo mit Unschuldsmiene.
Der Bischof lehnte sich zurück. »Ihr wisst, ich darf nichts ausplaudern, was mir die Schäfchen meiner Gemeinde anvertrauen. Selbst, wenn sie es außerhalb des Beichtstuhles tun.«
»Natürlich weiß ich das.«
»Wie steht es aber, wenn mir etwas anvertraut wird, das einem anderen Schaden zufügen könnte? Darf ich dann sprechen? Oder bin ich noch immer an mein Schweigegelöbnis gebunden? Ich frage Euch dies als Herrscher über die Republik Siena. Und als meinen Freund.«
»Ein schwieriges Problem, Bischof. Lasst mich überlegen. Wenn das, was Ihr gehört habt, der Republik Schaden zufügen kann, dann seid Ihr – so meine ich – als Bürger dieser Republik dazu verpflichtet, Siena davor zu bewahren.«
Der Bischof nickte. »Genau der Meinung bin ich auch. Und deshalb sage ich Euch hiermit als Sohn der Republik und als Eurer Freund, dass Beatrice vorhat, Euren Sohn, Orazio heißt er wohl, in ein Kloster zu geben. Das allein wäre noch nicht schlimm, schlimm aber ist, dass sie sich für das Dominikanerkloster in Florenz entschieden hat. Ihr wisst, was es bedeuten könnte, den eigenen Sohn in den Mauern der Feinde zu wissen?«
»Was? Was sagt Ihr da? Ist Beatrice verrückt geworden?«
Der Bischof zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung. Fast fünfzig Jahre bin ich inzwischen, und noch immer weiß ich nicht um den Unterschied zwischen einem verrückten und einem normalen Weib. Auf irgendeine Art und Weise ist doch ein jedes Frauenzimmer verrückt.«
»Gott im Himmel«, fluchte der Visconte und schlug auf den Tisch, dass das Geschirr in die Höhe hüpfte. Der Bischof nickte anerkennend.
»Gott im Himmel, dieses verfluchte Weib! Weiß sie nicht, dass sie damit unseren Feinden Tür und Tor öffnet?«
»Doch, mein Lieber, das weiß ich sehr wohl.«
Die beiden Männer hatten nicht bemerkt, dass Beatrice den Raum betreten hatte.
»Was ist in dich gefahren?«, herrschte Angelo da Matranga sie an.
»Nun, du hast nicht nur zugelassen, dass die Sünde sich in dieser Stadt einrichtet, nein, du hast ihr sogar ein Haus gekauft, damit sie sich häuslich niederlassen kann. In Florenz, so bestätigte mir gestern Alvaro del Gerez, sei solch eine Schande undenkbar. Ich habe gesehen, wie diese Dirne gestern versucht hat, meinen Sohn zu verderben. Meinen Mann hat sie schon in ihren Bann gezogen, meinen Sohn aber bekommt sie nicht. Er geht nach Florenz zu den Dominikanern.«
Fassungslos sah der Visconte seine Frau an. Der Bischof, der Unheil witterte, verabschiedete sich rasch. Er würde es niemals zugeben, aber im Grunde hatte er Angst vor Frauen. Sie waren für ihn unberechenbare Wesen,
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