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Brennendes Schicksal (German Edition)

Brennendes Schicksal (German Edition)

Titel: Brennendes Schicksal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Hamilton
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dem dieses ganze Getue langsam zu viel wurde, goss sich den dritten Becher mit Würzwein voll. Als er sah, dass der Visconte drauf und dran war, der Magd ins Wehzimmer zu folgen, trat er zu ihm, packte ihn am Arm und stieß ihn zurück ins Wohnzimmer.
    »Jetzt reißt Euch mal am Riemen, Mann. Ihr seid der Herrscher von ganz Siena. Hört endlich auf, Euch wie ein Waschlappen aufzuführen, Himmelkreuz noch eins.«
    »Lieber Gott«, betete Beatrice und wurde dabei immer lauter und inbrünstiger. »Lass das Kind und auch die Mutter leben, doch wenn es dein Wille ist, sie zu dir zu nehmen, so empfehle ich dir ihre Seelen an.«
    Angelo da Matranga blickte wirr um sich und war drauf und dran, sich neben Beatrice auf den Boden zu werfen und in ihre inbrünstigen Hymnen einzustimmen. Der Bischof aber erwies sich als geradezu kaltblütig in dieser Stunde.
    »Haltet den Mund, Viscontessa. Es gibt keinen Anlass für solche Gebete. Überhaupt sind Gebete dieser Art hier fehl am Platz. Sie stiften nichts als Unruhe und Verwirrung. Steht auf, geht in die Kirche, zündet vor der Statue der Mutter Gottes eine Kerze an und fallt meinetwegen dort auf die Knie. Hier aber ist jetzt Schluss mit dem Zinnober.«
    Er packte sie am Arm, zog sie recht grob auf die Füße und reichte ihr ihren Umhang.
    »Wollt Ihr mich hinauswerfen, Bischof?«, fragte sie beleidigt.
    »Im Gegenteil, Viscontessa. Bitten wollte ich Euch, das Eure zu tun und in der Kirche bei der Madonna um Hilfe zu flehen. Ihr wisst doch, dass dies der richtige Ort ist, nicht wahr?«
    Beatrice wäre gern noch geblieben, doch den Argumenten des Bischofs hatte sie nichts entgegenzusetzen. Also ließ sie sich in den Umhang helfen und verschwand.
    In der Tür blieb sie noch einmal stehen, sah sich um und sagte mit eindringlicher, ernster Stimme: »Auch Ihr solltet Euer Wort an Gott richten. Laura wird alle unsere Gebete nötig haben. Das Efeuorakel hat sich noch nie getäuscht.«
    »Raus!«, donnerte der Bischof, und im nächsten Augenblick schlug Beatrice die Tür hinter sich zu.
    »So«, sagte er dann, führte den Visconte, der vor Angst und Aufregung leichenblass war, auf die gepolsterte Wandbank und drückte ihn darauf nieder. »Ihr bleibt jetzt hier sitzen und trinkt ein Glas Wein. Betet meinetwegen, wenn Ihr glaubt, dass es hilft. Für Laura könnt Ihr im Augenblick nicht mehr tun. Die alte Giovanna hat schon Euren Sohn Orazio auf die Welt gebracht. Halb Siena hat sie ans Licht geholt. Eine bessere Hebamme gibt es hier nicht. Also seid beruhigt.«
    Beatrice aber lief zwar in Richtung Kirche, doch kurz vorher bog sie in eine Seitengasse ab, die zum Uferweg am Flüsschen Arbia führte. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt, und es war schwierig, auf dem unbefestigten Weg nicht ins Stolpern zu geraten. Beatrice lief schnell, obwohl es nichts gab, das sie zur Eile gedrängt hätte.
    Der Weg war an manchen Stellen fast zugewachsen. Weiden, die am Ufer aussahen wie Gespenster, die ihre dürren Arme nach einsamen Spaziergängern ausstreckten, standen am Wegrand. Ein Zweig schlug Beatrice ins Gesicht, und sie schrie leise auf. Mit der Hand tastete sie nach der Stelle und fühlte warmes Blut. Sie leckte es ab, dann hastete sie weiter. Nebel stieg vom Fluss auf, schwebte über dem Wasser wie Geister. Der Wind flüsterte in den Bäumen, und der Mond, der langsam am Himmel aufstieg, tauchte alles in ein silbernes Licht mit scharfen, kantigen Schatten.
    Beatrice hatte dafür jedoch kein Auge. Immer schneller lief sie, als wären alle Teufel der Hölle hinter ihr her.
    Vor ihr knackte es, und sie schrak zusammen, blieb stehen und lauschte in die Dunkelheit. Über ihr flatterte ein Vogel, dessen Schwingen einen Schatten auf den mondhellen Weg warfen, der wie ein Kreuz aussah.
    Sie schauderte ein wenig, dann eilte sie weiter.
    Plötzlich begann ein Käuzchen zu rufen. »Kuwitt, kuwitt«, tönte es aus den Bäumen des nahen Waldes. »Kuwitt, kuwitt.«
    Beatrice blieb stehen. Der Atem stockte ihr, und eine Gänsehaut lief ihr über den Rücken. Sie bekreuzigte sich und murmelte leise vor sich hin: »Wenn ein Käuzchen schreit, dann stirbt ein Mensch.«
    Kalt wurde ihr bei diesem Gedanken, eiskalt. Doch dann lächelte sie und atmete erleichtert auf. »Natürlich stirbt ein Mensch«, murmelte sie leise vor sich hin. »Es hat schon seine Richtigkeit mit dem Käuzchen.«
    Beruhigt hastete sie weiter.
    Endlich war sie in das Armenviertel Sienas gelangt. Sie eilte durch die enge, stinkende Gasse,

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