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Brezeltango

Brezeltango

Titel: Brezeltango Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Kabatek
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Nostalgie-TV. Er wirkte sehr wach, sehr fit und sehr sexy. Er kam ans Bett und gab mir einen schnellen Kuss.
    »Guten Morgen, Süße. Ich dachte, ich drehe eine kleine Joggingrunde, und bis du aufwachst, bin ich längst zurück. Ich muss noch ein bisschen was für meine Kondition tun, sonst hängen mich die anderen Kerls beim Mountainbiken ab.« Er ging wieder zur Tür. »Ich brauch nicht lang, versprochen. Dann frühstücken wir gemütlich.«
    Grmpf. Eigentlich hatte ich mir den Samstagmorgen anders vorgestellt. Aber wozu war ich die einfallsreichste Verführerin der Welt? Blitzschnell schlüpfte ich aus meinem XL-Shirt und meinem Höschen. »Leon, kannst du mich mal eben am Rücken kratzen?«
    Klapp. Die Tür war ins Schloss gefallen.
    Okay. Da war ich wohl ein bisschen langsam gewesen. Stattdessen würde ich heute die Nummer mit der aufopfernden Freundin nachholen und auf dem Markt am Bismarckplatz Frühstück besorgen. Oder vielleicht sollte ich erst mal Lila anrufen und ein bisschen tratschen? Wenn sie schon nicht mit zum Grillen durfte. Aber ich erwischte Lila weder auf dem Festnetz noch am Handy. Eigentlich war sie Frühaufsteherin. Vielleicht war sie gerade beim Einkaufen und hörte es nicht.
    Da ich immer noch keine Methode gefunden hatte, mich aus dem fünften Stock unbemerkt direkt auf die Reinsburgstraße abzuseilen, musste ich mich mal wieder dem samstäglichen Treppenhaus-Schaulaufen stellen. Vorsichtig schlich ich in den Flur. Dort war erstaunlicherweise niemand zu hören oder zu sehen. Kein Wunder. Die Treppen waren schon alle gewischt und glänzten feucht. Hübsch. Nachdem ich drübergelatscht war, sah es nicht mehr so hübsch aus.
    Lila und ich bewohnten das Häuschen im Osten nur zu zweit und hatten irgendwann an einem Sonntagabend, als uns langweilig war, ein Kehrwochen-Erlassschild gebastelt, mit einem dick durchgestrichenen Besen. Jeden Samstag wechselte das Schild von Lilas Zimmertür zu meiner oder umgekehrt und wehe, eine von uns vergaß, der anderen die Kehrwoche zu erlassen!
    In Leons Mietshaus dagegen, meinem Ex-Mietshaus also, war die Kehrwoche Kult. Leon fand das vollkommen in Ordnung. Ich hatte ihm geraten, eine Kutterschaufel aus Metall zu kaufen, weil die mehr Krach machte als ein Modell aus Plastik. Mit der Schaufel in der einen und einem Lappen in der anderen Hand marschierte er in den Flur, klapperte ein bisschen, machte das Fenster auf und zu und wischte mit dem trockenen Lappen am Fensterbrett herum, wobei er laut deklamierte: »Der Hausflur ist die Visitenkarte jedes Mietshauses« oder: »Unglaublich, was sich in einer Woche so an Dreck ansammelt.« Eine Minute später tauchte dann Frau Müller-Thurgau auf und schenkte ihm selbst gebackenen Kuchen, Schokolade oder Pralinen, völlig verzückt, weil Leon so ordentlich die Kehrwoche machte, obwohl er doch ein Mann und Hamburger war. Ja, Leon hatte so seine eigenen Methoden entwickelt, um in Schwaben zu überleben.
    Ich hatte einen Bärenhunger. Schwimmen machte eben Appetit! Nach dem anstrengenden Leuze-Besuch hatte ich Leon überredet, Pizza essen zu gehen. Das hatte mich einige Mühe gekostet, weil Leon fand, dass sein Bauch zu dick sei und er eigentlich abnehmen wollte. Er hatte dann einen großen Salat bestellt und ich eine Calzone. Aber das war ja schon ewig her. Als kleine Wegzehrung holte ich mir beim Bäcker an der Ecke eine Schneckennudel mit Rosinen, vertilgte sie in drei Bissen und leckte mir genüsslich den Zuckerguss von den Fingern.
    In der Schwabstraße brummte der Verkehr. Schwule Pärchen, Frauen mit Kleidchen über der Jeans und junge Familien mit Fahrradanhängern, die sich das Häuschen im Grünen nicht leisten konnten, waren mit Körben oder Einkaufstaschen unterwegs. Typische Westbewohner eben. Im Eiscafé
Fragola
genossen die Gäste einen Cappuccino und die ersten Sonnenstrahlen. Mit ein bisschen Wehmut dachte ich an die Zeit, als ich selbst noch hier gewohnt hatte. Bei Leon war ich doch nur zu Gast.
    Auf dem Markt am Bismarckplatz herrschte lebhafter Betrieb. Ich stellte mich am Bäckerwagen an. Eigentlich konnte ich auch gleich fürs Sonntagsfrühstück Brötchen kaufen.
    »Ich hätte gerne zwei Sesam, zwei Mohn, zwei Laugen, zwei Sonnenblumen und zwei Brezeln«, sagte ich stolz und strahlte den blonden Verkäufer mit dem lustigen Bärtchen an. Von allem zwei, da musste ihm doch klar sein, dass ich das nicht alleine aufessen würde! Ich kramte mein Geld aus der Umhängetasche. »Ich hab’ leider kein

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