Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brezeltango

Brezeltango

Titel: Brezeltango Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Kabatek
Vom Netzwerk:
kommst
,
    dann lass den Torwart gleich zu Hause
.
    Wenn du auf Schalke kommst
,
    ist das für uns ’n Auswärtssieg
.
    Ohh Hamburg, meine Perle
,
    du wunderschöne Stadt
,
    du bist mein Zuhaus, du bist mein Leben
,
    du bist die Stadt, auf die ich kann, auf die ich kann
.
    Ich schlief wie ein Bär. Das nächtliche Rumpeln der U-Bahn störte mich überhaupt nicht. Das Verkehrsrauschen in der Reinsburgstraße, wenn ich bei Leon übernachtete, war viel schlimmer. Irgendwann morgens fingen Leons Eltern jedoch an, in der Wohnung herumzupuzzeln, und weil man durch die dünne Tür wirklich alles hörte, war es mit Schlafen vorbei. Nun saßen wir einträchtig beim Frühstück. Günther hatte Brötchen geholt. Wenn er kaute, wackelten seine abstehenden Ohren. Es war schwierig, nicht hinzusehen.
    »Wie macht sich Leon eigentlich so als Quiddje in Stuttgart?«, fragte Hilde.
    »Reingeschmeckter«, übersetzte Leon.
    »Nun, er macht sich ganz gut. Nur mit dem Schwäbischen und der Kehrwoche hapert es noch ein bisschen«, sagte ich streng. »Für beides fehlt ihm der nötige Eifer.«
    Hilde nickte. »Als Leon drei war, habe ich ihm ein Kehrblech und einen Handfeger 11 für Kinder geschenkt. Um ihn ans Putzen heranzuführen. Er hat nie damit gespielt, und gefeudelt hat er auch nie.« Sie reichte mir den Korb mit den Brötchen.
    »Segeln Sie eigentlich auch auf der Alster?«, fragte ich eifrig, um mein frisch erworbenes Hamburg-Insiderwissen anzubringen.
    Günther schüttelte den Kopf. »Wenn man mit einem Segelboot unter den Füßn zur Welt kommt wie wir, is die Alster ’n bisschen langweilich. Da braucht man schon mehr Welln unterm Kiel.«
    »In der Stadt sind wir lieber auf den Kanälen unterwegs«, ergänzte Hilde. »Mit Picknickkorb. Der für heute ist übrigens schon gepackt.«
    »Hilde, das sollte eine Überraschung sein!«, sagte Leon empört.
    »Oh, tut mir leid. Da hab ich mich wohl verplappert.«
    »Noch ’ne Überraschung? Noch mehr Wasser?«, fragte ich entzückt.
    Leon hatte sich ja wirklich Mühe gegeben! Da würde ich über das Fußballspiel noch einmal großzügig hinwegsehen.
    »Ja«, sagte Leon stolz. »Wir mieten uns nachher ein Boot und nehmen Picknick mit. Du wirst sehen, das wird dir gefallen.«
    Obercool! Leon würde mich über die Elbe rudern. Ich würde mein Sonnenschirmchen aufspannen und wir würden uns hinter dem dichten Vorhang der ins Wasser hängenden Trauerweiden küssen. Das war ja noch viel romantischer als eine Gondelfahrt in Venedig!
    Ein gutes Stündchen später stand ich ein paar hundert Meter von Leons Elternhaus entfernt am Kanal und beobachtete fasziniert das bunte Treiben. Kanus glitten vorüber und Mannschaften tauchten konzentriert ihre Ruder ein. Am Bootssteg verstaute gerade eine Clique Halbwüchsiger unter großem Hallo Picknickkörbe und Bierkästen auf mehreren Tretbooten. Stolz blickte ich auf unseren eigenen Korb, in dessen Mitte eine riesige Schüssel Kartoffelsalat thronte, der mit Folie abgedeckt war. Ich hatte gar nicht gewusst, dass die Norddeutschen auch Kartoffelsalat aßen. Dazu gab es Frikadellen (Fleisch! Tarik!), Radieschen, Gürkchen, Brötchen und eine Flasche Saft. Herrlich!
    Verträumt blickte ich auf ein kleines grünes Ruderboot. Leon verhandelte schon seit geraumer Zeit mit zwei Männern. Von Weitem sah es ein bisschen mafiamäßig aus. Die beiden verschwanden und kamen nach ein paar Minuten mit zwei Plastikkanus zurück, die sie im Wasser absetzten.
    »Leon, ich kann nicht Kanu fahren«, rief ich entsetzt. »Außerdem dachte ich, wir sitzen im gleichen Boot.«
    »Die Zweierkajaks sind alle schon verliehen«, sagte Leon. »Und keine Sorge, ich bin sozusagen in so einem Ding groß geworden.«
    »Aber ich nicht! Das einzige Gewässer, mit dem ich aufgewachsen bin, ist eine Badewanne. Und ein Gartenschlauch.«
    »Ich bleibe ganz dicht neben dir. Du wirst sehen, es ist kinderleicht und macht einen Riesenspaß.«
    »Leon, ich werde garantiert von einem saudi-arabischen Tanker auf der Elbe überfahren.«
    »Wir paddeln nicht auf der Elbe, Angsthase, nur ein Stückchen auf der Außenalster.«
    Jetzt war eigentlich der Moment, Leon zu beichten, dass ich kein Angsthase war, sondern nur verhindern wollte, dass wir beide ertranken. Selbst für ein von Liebe eingelulltes Katastrophen-Gen konnte diese Herausforderung zu groß sein, und Leons Begegnung mit Yvette beim Mountainbiken hatte die Immunisierung sicher geschwächt. Ich klappte den Mund auf, aber Leon war schon

Weitere Kostenlose Bücher