Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
diesem Bild; er war ja schließlich ein Wamphyri! Ich durfte nichts anderes von ihm erwarten. Und – er entging jeder Falle, die ich ihm stellte. Ich verbrachte Stunden damit, hinter der Eichentür auf ihn zu lauern, Ketten in den Händen, und wagte kaum zu atmen, damit er mich nicht hörte. Ach! Und kaum schlief ich einmal, erwachte ich vom Quieken eines Ferkels oder vom Flattern einer Taube. Und so vergingen Tage, vielleicht sogar Wochen …
Ich muss es ihm lassen: Nach jenem ersten Mal ließ mich der alte Teufel nicht hungern. Heute glaube ich, diese Hungerperiode zu Beginn diente dazu, dass der Vampir sich in mir festsetzen konnte. Er fand keine weitere Nahrung und musste sich auf das in meiner Haut gespeicherte Fett konzentrieren. Also musste er voll und ganz zu einem Teil meines Körpers werden. In gleichem Maße blieb auch mir nichts anderes übrig, als von seiner Energie zu zehren. Doch sobald unsere Verbindung richtig fest geschlossen war, konnte Faethor damit beginnen, uns wieder aufzupäppeln.
Neben dem Essen stand gelegentlich auch ein Krug Rotwein. Zuerst dachte ich daran, wie mich der Ferenczy damals unter Drogen gesetzt hatte, und ich war vorsichtig. Ich ließ Ehrig als Ersten trinken und beobachtete seine Reaktion. Aber davon abgesehen, dass der Wein seine Zunge löste, konnte ich nichts bemerken. Also trank auch ich davon. Später gab ich Ehrig nichts mehr ab und behielt alles für mich. Und genau damit hatte der alte Teufel gerechnet!
Es kam der Zeitpunkt, als ich nach dem Essen sehr durstig war und einen Krug auf einmal leerte – und dann taumelte ich hin und her und brach schließlich zusammen. Wieder einmal vergiftet! Faethor machte ständig einen Narren aus mir. Doch diesmal half mir meine Vampirkraft. Ich klammerte mich an mein Bewusstsein, und während ich mich im Fieber hin und her wälzte, fragte ich mich, welchem Zweck das dienen solle. Ja, das fragst du dich auch, Harry? Höre einfach zu, und ich werde dir Faethors Absicht erklären!
»Mädchen, Junge, Ziege – Blut ist Blut, Thibor«, hatte er mir erklärt. »Blut ist Leben!« Stimmt, aber was er mir nicht gesagt hatte, war Folgendes: Von allen Quellen der Glückseligkeit, der Unsterblichkeit, von allen Blumen, die Nektar fließen lassen, war der größte, der allerhöchste Genuss für jeden Vampir, das süße rote Blut eines anderen Vampirs zu trinken! Und deshalb kam Faethor wieder zu mir, als ich der Droge in seinem Wein erlegen war.
»Was ich tue, dient zwei Zwecken gleichzeitig«, sagte er, während er sich über mich beugte. »Zum einen ist es lang, lang her, dass ich das Blut eines der Meinen trank, und ein großer Durst ist über mich gekommen. Zum anderen bist du ein hartgesottener Bursche und unterwirfst dich nicht, ohne zu kämpfen. Nun, vielleicht zieht dir das deinen Stachel.«
»Was … was hast du vor?«, krächzte ich und versuchte unter Aufbietung aller Willenskraft, meine bleiernen Arme zu heben, um ihn abzuwehren. Es war umsonst. Ich war schwach wie ein neugeborenes Kätzchen, und selbst meine Kehle vermochte kaum, Worte hervorzubringen.
»Was ich vorhabe? Nun, ich beginne gerade mein Abendessen!«, antwortete er – offenbar voller Vorfreude. »Und was für ein Festmahl! Das Blut eines starken Mannes, gewürzt mit dem Blut eines jungen heranwachsenden Vampirs in seinem Inneren!«
»Du … du willst … aus meiner Kehle trinken?« Ich starrte ihn entsetzt an. Sein Bild verschwamm vor meinem Blick.
Er lächelte nur, doch es war ein schreckliches Lächeln. Er riss mir mühelos mein Hemd vom Leib. Dann legte er diese langen furchtbaren Hände auf mich und begann, mich zu befühlen, als suchte er etwas. Er runzelte die Stirn, drehte mich auf die Seite, berührte mein Rückgrat, drückte fester zu und sagte: »Ha! Genau die richtige Stelle! Da ist er!«
Ich hätte mich gern seinen Händen entwunden, war jedoch nicht dazu in der Lage. Nur innerlich wand ich mich, und vielleicht sein Kind mit mir, aber nach außen hin schauderte ich lediglich. Ich versuchte, erneut zu sprechen, aber nun war auch das zu schwer für mich geworden. Meine Lippen bebten, und alles, was sich ihnen entrang, war ein Stöhnen.
»Thibor«, sagte der alte Teufel im Plauderton, »du musst noch viel lernen, mein Sohn. Über mich, über dich selbst, über die Wamphyri. Du bist dir so vieler Dinge noch nicht bewusst, nimmst jene Mysterien noch nicht wahr, die ich dir beschert habe. Doch was ich bin, sollst auch du werden. Und auch die Kräfte,
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