Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
vampirischen Kräfte auch schon erprobt. Wahrscheinlich ist er aber nicht so clever und gerissen wie Thibor oder Faethor. Die beiden haben ihre Wamphyri-Identität äußerst sorgfältig verschleiert. Sie sind nicht herumgerannt und haben völlig überflüssige weitere Vampire »gezeugt«. Andererseits stellt Yulian Bodescu, gerade weil er nicht geschult wurde, eine richtige Zeitbombe dar! Wenn man ihm Angst einjagt, dann einen Fehler begeht und Bodescu richtig loslegt, wird er sich wie ein Steppenbrand ausbreiten, wie ein Krebsgeschwür im Körper der Menschheit.
Kyle war klar, dass Keogh recht hatte. »In Bezug auf das Timing stimme ich Ihnen zu, aber machen Sie sich nicht hauptsächlich deshalb Sorgen, weil Bodescu früher als wir bei Thibor sein könnte?«
Das könnte natürlich passieren, antwortete die Erscheinung. Doch unseren bisherigen Informationen nach weiß Bodescu überhaupt noch nichts von den Kreuzhügeln und dem Grab. Aber lassen wir das für den Augenblick beiseite. Wissen Ihre Männer in England eigentlich genau, was sie zu tun haben? Nicht jeder Mann ist für eine solche Belastung geschaffen. Es ist eine ziemlich ekelerregende Arbeit. Die alten Methoden, meine ich: Pflock, Enthauptung, Verbrennung – aber es gibt keine andere Möglichkeit. Nichts anderes funktioniert. Und mit Samthandschuhen kann man das Problem nicht anpacken. Es muss schon ein großes Feuer – ein Freudenfeuer – sein, das Harkley House reinigt, wegen der Kellergewölbe …
»Weil wir nicht wissen, was sich dort unten befindet? Sie haben recht. Wenn ich morgen mit den Männern spreche, werde ich sichergehen, dass sie das gesamte Ausmaß verstehen. Vermutlich wissen sie schon Bescheid, aber ich werde sie auf jeden Fall ins Gebet nehmen. Das gesamte Haus muss weg, vom Keller bis zum Dach. Ja, und falls möglich noch ein wenig tiefer als die Kellerräume!«
Gut, kommentierte Keogh knapp. Einen Augenblick lang stand er schweigend da – ein Hologramm aus dünnen blauen Neonstreifen. Er schien ein wenig unsicher, wie ein Schauspieler, der auf ein Stichwort des Souffleurs wartet.Dann fuhr er fort: So, ich habe noch einiges zu tun. Es gibt da ein paar Leute – Tote –, denen ich für ihre Hilfe zu danken habe. Und ich habe noch nicht herausgefunden, wie ich dem Sog, der Anziehungskraft meines Sohnes, entschlüpfen kann. Das wird ein immer größeres Problem für mich. Also entschuldigen Sie mich jetzt bitte!
Kyle trat vor. Es lag etwas so Endgültiges in Keoghs Worten und Haltung. Kyle wollte die Hand ausstrecken, doch er wusste, dass nichts da war, jedenfalls keine materielle Substanz. »Harry«, sagte er, »bitte danken Sie ihnen auch in unserem Namen. Ihren Freunden, meine ich.«
Mache ich, bestätigte die Erscheinung mit blassem Lächeln und verschwand in einem sich schnell auflösenden Regen blauer Funken.
Einige Augenblicke lang herrschte atemlose Stille. Dann schaltete Kyle die Lampen wieder an, und Krakovic atmete laut und deutlich auf. Er sagte: »Und nun … schulden Sie mir eine Erklärung!«
Das konnte Kyle durchaus verstehen.
Harry Keogh hatte alles getan, was ihm möglich gewesen war. Der Rest lag in den Händen der physisch Lebenden, oder zumindest bei den Menschen, die dazu in der Lage waren.
Im Möbius-Kontinuum spürte Harry ein mentales Ziehen. Sogar im Schlaf war die Anziehungskraft des Babys noch enorm. Harry jr. verstärkte seinen Griff um den Geist des Vaters, und Harry sen. war sicher, dass er sich nicht getäuscht hatte: Sein Sohn zehrte von des Vaters Geist, von seinem Wissen, und absorbierte die Substanz seines Wesens. Bald musste Harry einen endgültigen Bruch herbeiführen. Aber wie? Wohin konnte er sich dann begeben? Was würde von ihm übrig bleiben, fragte er sich, falls er vollständig absorbiert wurde? Wäre überhaupt noch etwas übrig?
Oder wäre seine Existenz einfach beendet, außer vielleicht im Rahmen eines zukünftigen esoterischen Talents seines Sohnes?
Wenn er den Möbius-Raum zum Reisen benutzte, konnte Harry ja die Zukunft betreten, um die Antwort auf seine brennenden Fragen zu erhalten. Allerdings zog er es vor, nicht alles im Voraus zu wissen, denn die Zukunft erschien ihm auf irgendeine Art als unberührbar. Nicht, dass er sich wie ein Betrüger gefühlt hätte – er bezweifelte einfach, dass es weise wäre, die Zukunft zu kennen.
Denn wie die Vergangenheit stand auch die Zukunft fest. Und falls Harry etwas sah, was ihm nicht gefiel, würde er dann nicht versuchen, gerade
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