Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
George Yulian nicht leiden konnte. Aber natürlich gab es da noch etwas, was beinahe so alt war wie Yulian selbst: den Anblick eines altes Mannes, die Hände in seine Bettdecke verkrampft, der im Sterben noch flüsterte: »Es taufen? Nein, nein – das dürfen Sie nicht! Sie müssen es zuerst exorzieren!«
Anne konnte zwar durchaus heftig werden, aber sie war trotzdem durch und durch eine gute Frau. Sie würde niemals jemanden bewusst verletzen und dachte sich lieber ihren Teil. Im Inneren, aber wirklich nur im Inneren, hegte auch sie ihre Vorbehalte Yulian gegenüber.
Nun lehnte sie sich bequem in ihren Sitz zurück, genoss den kühlenden Fahrtwind und dachte ebenfalls über Yulian nach. Komische Dinge kamen ihr in den Sinn: etwas von einem großen grünen Frosch, und dazu der Schmerz, den sie von Zeit zu Zeit in ihrer linken Brustwarze spürte.
Es fiel ihr schwer, sich auf die Sache mit dem Frosch zu konzentrieren, etwas in ihr sträubte sich dagegen. Sie konnte normalerweise keiner Fliege etwas zuleide tun. Natürlich wusste ein Kind von nur fünf Jahren nicht recht, was es anrichtete. Oder? Das Problem war nur, dass Yulian, so lange sie ihn kannte, immer den Eindruck erweckt hatte, er wisse genau, was er tat. Sogar als Baby.
Sie hatte von ihm als einem »süßen kleinen Ding« gesprochen, doch eigentlich musste sie George recht geben. Yulian war alles andere als »süß« gewesen. Zum einen weinte er niemals. Nein, das stimmte nicht ganz, denn er weinte, wenn er Hunger hatte, zumindest damals, als er noch sehr klein gewesen war. Und er hatte geweint, wenn er dem direkten Sonnenschein ausgesetzt worden war. Eine Fotophobie offenbar, bereits vom Babyalter an. Und wenigstens ein weiteres Mal hatte er geweint: bei seiner Taufe. Obwohl das vermutlich eher ein Wutanfall gewesen war – oder Empörung – als richtiges Weinen. Soweit Anne wusste, war er nach diesem Vorfall nie ordnungsgemäß getauft worden.
Sie ließ sich von ihren Gedanken in die Vergangenheit tragen. Yulian hatte gerade zu laufen begonnen, als Helen geboren wurde. Das war etwa einen Monat bevor Georgina als geheilt entlassen wurde und den Jungen mit nach Hause nahm. Anne erinnerte sich nur zu gut an alles. Sie war dick wie eine Tonne gewesen, die Brüste schwer von all der Milch, und sie hatte sich wohler gefühlt als je zuvor in ihrem Leben: ein Musterbeispiel für eine gesunde junge Mutter.
Eines Tages – Helen war gerade sechs Wochen alt – stillte sie ihr Baby, als Yulian hereinwatschelte, offensichtlich auf der Suche nach etwas mehr Zuwendung. Er war damals schon eifersüchtig gewesen, denn nun stand er nicht mehr allein im Mittelpunkt. Aus einem plötzlichen Einfall heraus, vielleicht auch aus Mitleid, hatte sie ihn auf den freien Arm genommen, ihre linke Brust ebenfalls frei gemacht und beide Kinder nebeneinander gestillt.
Schon bei der bloßen Erinnerung daran fühlte sie wieder den heftigen Schmerz in ihrer Brustwarze. Es war wie ein Wespenstich. »Ooh!«, ächzte sie jetzt im Halbschlaf.
»Alles in Ordnung?«, fragte George aufmerksam. »Dreh doch dein Fenster noch ein bisschen herunter, damit du mehr frische Luft bekommst.«
Das stetige Brummen des Motors brachte sie in die Wirklichkeit zurück. »Ein Krampf«, log sie. »Sticht wie sonst was! Können wir nicht irgendwo anhalten – vielleicht an der nächsten Raststätte?«
»Klar«, ging er darauf ein. »Wir müssten bald an einer vorbeikommen.«
Anne ließ sich wieder zurücksinken und kehrte ein wenig zögernd zu ihren Erinnerungen zurück. Sie hatte Yulian gestillt … Sie war dabei leicht eingenickt – Helen an der rechten und Yulian an der linken Brust. Es war ein eigenartiges Gefühl gewesen, diese plötzliche Schläfrigkeit, diese Lethargie, der sie nicht widerstehen konnte. Doch dann, als der Schmerz sie durchzuckte, war sie hellwach. Helen weinte, und Yulians Mund war – blutverschmiert!
Sie sah wie unter Schock den kleinen Burschen an. Der Blick aus Yulians eigenartig schimmernden schwarzen Augen war starr auf sie gerichtet, und sein roter Mund hatte sich wie ein Pilotfisch an ihre Brust geheftet. Milch und Blut lief ihr über die Brust und sein Gesicht war damit verschmiert und glänzte rot. Er wirkte wie ein vollgesaugter Blutegel mit schwarzen Augen.
Als sie sich und Yulian abgewaschen hatte, waren deutlich kleine Löcher zu sehen, wo Yulians winzige Zähnchen ihre Haut um die Brustwarze herum durchdrungen hatten. Es hatte lange gedauert, bis diese Wunden
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