Brian Lumleys Necroscope Buch 3: Blutmesse (German Edition)
sondieren.
Grigis ist hier, schickte er seine Gedanken voraus, als er die Treppe heraufkam. Die Wamphyri gaben mir die Ehre, der Erste zu sein, Lady. Ich stehe so hoch im Rang, dass ich zum Erwählten wurde, Eure Felsenburg als Erster zu betreten. Doch was muss ich hier erblicken? In allen Ecken stehen Krieger. Welch ein Empfang ist dies?
»Zu Eurem Schutz, Grigis«, erklärte sie ihm. »Und zu meinem natürlich. Wenn sich Geister wie wir treffen, mag es durchaus zum Streit kommen. Doch im Augenblick mögt Ihr getrost die Krieger als Dekorationsstücke betrachten, als Symbol der Macht der Wamphyri. Sie haben keine besonderen Anweisungen. Solange wir beiden und die anderen Lords sich ruhig verhalten, werden auch sie ruhig bleiben. Und nun seid willkommen in meiner Behausung. Ihr habt sie aus freiem Willen betreten, und ich heiße Euch aus freiem Willen willkommen. Nehmt Platz! Die anderen werden nicht lange auf sich warten lassen.«
Grigis schritt an ein Fenster, beugte sich hinaus und gab ein Zeichen. Es war natürlich dunkel, aber Dunkelheit bedeutet einem Vampir ja nichts. In Karens Geist sah ich, wie sich ein zweites Flugtier aus seinen trägen Kreisen am Himmel löste, herabstieß und auf die Flugplattformen zuhielt. Dann setzte sich Grigis an die eine Seite der Tafel, ein gutes Stück vom Knochenthron entfernt. Grigis war ein echter Wamphyri und beeindruckend genug, doch unter den Lords stellte er nichts Besonderes dar. So wäre es auch sinnlos, ihn näher zu beschreiben.
Und so trafen sie einer nach dem anderen ein, kleinere Lichter, aber hier und da auch ein wirklich Mächtiger. Menor Malmzahn war einer davon. Sein Wappen war ein zerplitterter Schädel zwischen mächtigen, mit spitzen Zähnen bewehrten Kiefern. Dem Vernehmen nach war Menor unempfindlich gegen Knoblauch und Silber. Er pflegte diese Gifte in einer kleinen Metallschachtel mit sich zu führen und damit gelegentlich sein Essen zu würzen. Sein Kopf und seine Kiefer waren selbst für einen der Lords ungewöhnlich groß.
Nachdem etwa ein Dutzend von ihnen eingetroffen waren, begrüßt und an die Tafel gebeten worden waren, tauchten allmählich die Mächtigsten unter ihnen auf. Fess Ferenc, mehr als zweieinhalb Meter groß, benötigte keinen Kampfhandschuh, denn seine Hände waren scharfe Klauen. Belath, dessen Augen immer zu Schlitzen zusammengezogen waren, war dafür bekannt, dass er niemals lächelte. Sein Verstand schien umwölkt, und keiner wusste je, was er dachte und fühlte. Volse Pinescu ließ mit voller Absicht große Schwären auf seinem Gesicht und Körper wachsen, um noch ekelhafter und monströser zu wirken. Lesk der Vielfraß kam an, von dem man behauptete, er habe in einem Anflug geistiger Umnachtung eine seiner eigenen Kampfkreaturen zum Zweikampf auf Leben und Tod aufgefordert! Die Legende berichtet, er habe die Kampfbestie umklammert, um ihre große Reichweite zu unterlaufen, und sich dann buchstäblich bis zu ihrem Gehirn durchgefressen, so dass der Kampfkoloss bewegungsunfähig wurde. Doch in einem Reflex hätten angeblich die riesigen Kiefer des Kriegers zugeschnappt und ihm ein Auge und die Hälfte seines Gesichtes weggebissen. Jetzt trug er einen großen Lederflicken, den er sich auf dem Gesicht festgenäht hatte. Um das Auge zu ersetzen, hatte er ein neues auf seiner linken Schulter wachsen lassen, das er stets unverhüllt trug. Lesk setzte sich auf die rechte Seite, gleich neben mein Versteck unter dem Knochenthron, was bei mir ein heftiges Zittern auslöste. Doch ich bekam es zum Glück unter Kontrolle.
Als Vorletzter kam Lascula Langzahn an, der seine gestaltwandlerischen Fähigkeiten derart geschult hatte, dass er bewusst von einem Moment zum anderen seine Kiefer und Zähne verlängern konnte – was er auch häufig tat, so wie ein anderer sich über das Kinn streicht. Und der Letzte schließlich war Shaithis, dessen Felsenburg uneinnehmbar war. Die Legenden, die sich um ihn rankten, mussten nicht erst ausgeschmückt werden. Sein Verstand war eisig kalt, jede Bewegung, jede kleinste Regung an ihm war genau kalkuliert. Die Wamphyri hatten untereinander nicht viel Respekt, doch Shaithis wurde von allen respektiert ...
Ich hatte mich über Karens Kleidung gewundert. In ihrer Lage, als unwillige Gastgeberin dieser Ungeheuer, hätte ich mich mit einem Schutzwall an Kleidung umgeben, vielleicht sogar eine Rüstung angelegt. Sie jedoch trug einen Hauch von Kleid, dessen schimmernd weißer Stoff sich so an ihren Körper
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