bringen alle in Schwung
Bobby, Jenny und Carlotta.
Vom Balkon in den Garten zu kommen war ein Kinderspiel. Carlotta sprang einfach von der Brüstung. Die anderen, außer Anja, hätten es auch gekonnt, und jede wollte gern die Erste sein, aber Carlotta entschied: „Ich springe. Ich hab im Zirkus damals ganz andere Sachen gemacht, ich weiß, dass ich es kann. Klar schafft ihr das auch, regt euch ab, bitte. Aber was ist, wenn eine sich den Knöchel verstaucht? Dann wäre die ganze Party im Eimer. Also!“
Die Mädchen wussten, dass sie recht hatte, und schauten zu, wie Carlotta sorglos sprang und weich auf dem Rasen aufkam. Sie holte die Leiter. Bobby und Jenny folgten. Kaum waren sie unten, da öffnete sich die Tür. Katrin, Doris und Tina waren da.
„Wartet mal“, befahl Hanni. „Jetzt lassen wir erst Anja runter.“
Anja hätte es niemals zugegeben, aber sie hatte Herzklopfen. Mehr als Herzklopfen. Schiss hätte ihre Mutter es genannt, die aus Norddeutschland stammte. Sie wollte es nicht zeigen, sie wollte mutig sein.
Dann war es nur halb so schlimm. Hanni, Nanni und Doris hielten sie von oben, als sie über die Balkonbrüstung rutschte und sich auf die Leiter setzte. Unten warteten Carlotta, Bobby und Jenny. Zwei Meter sind nicht viel. Nachdem sie sich ein Stück hinuntergehangelt hatte, griffen sechs Hände nach ihr. Der Rollstuhl wartete schon. Geschafft.
Ein blasser, leicht verschleierter Mond schien und erhellte die Wiese zwischen dem Lindenhof-Gebäude und dem Wäldchen. Es war frisch, aber nicht kalt.
Tina kam als Vorletzte. Als sie an der Brüstung zögerte, spottete Nanni: „Schämst du dich nicht vor Anja, du mit deinen zwei gesunden Sauerkrautstampfern?“
Die Sauerkrautstampfer schienen Tina anzuspornen, denn sie kletterte die Leiter so zügig hinunter, als würde es ihr Spaß machen.
Dann trabten sie über die Wiese hinüber zum Wäldchen. Nanni, Jenny und Doris schoben Anjas Rollstuhl. Auf der Lichtung breiteten sie die Decken aus und legten die Taschenlampen im Kreis ins Gras, sodass ein geheimnisvolles Licht entstand. Die Köstlichkeiten wurden aufgetischt, alles wurde auf Jennys Betttuch ausgebreitet: Würstchen, Schinken, Ölsardinen, Butterbrote, Jennys Geburtstagstorte, deren Sahnehaube nur leicht zerflossen war, und natürlich Anjas Mohrenköpfe. Es gab Cola und Zitronenlimonade, die beinahe ein bisschen so schäumte wie Sekt. Bobby hatte einen kleinen Kassettenrekorder mitgebracht, und Roy Bernhard schluchzte in gezähmter Mitternachtslautstärke „Please release me“ und manches andere. Wenn er am Ende war, spulte Bobby das Band zurück und er fing wieder von vorn an. Bobby hatte nur dieses eine Band dabei, aber das störte niemanden.
„Ich finde es wahnsinnig schön“, sagte Hanni kauend.
Die anderen nickten.
Es war wirklich schön. Nicht nur das gute Essen, die Musik, die vergnügte Gemeinsamkeit in dem Gefühl, etwas zu tun, das niemand wissen durfte. Diesmal gehörte auch der Wald dazu. Der Mond über der Lichtung, der herbstliche Duft der Buchen und Pilze, die Dunkelheit, ein Igelpärchen, das zuerst im Gebüsch raschelte und dann laut schnüffelnd und schnaufend an ihnen vorbeizog.
„Und wenn man bedenkt, dass niemand ahnt, wo wir sind“, freute sich Carlotta.
In diesem Augenblick sagte eine Stimme freundlich: „Guten Abend!“ Sie klang in Roy Bernhards letzten musikalischen Schlenker hinein.
Die Mädchen erstarrten.
Die Stimme war wie eine Geisterstimme. Sie schien von überallher zu kommen, vielleicht aus der Dunkelheit, vielleicht auch aus den Bäumen.
„Guten Abend!“, sagte die Stimme noch einmal.
Frau Martin trat aus dem Schatten und lächelte in die Runde. „Ich dachte, ich komm euch mal besuchen“, fuhr sie fort. Sie sah sich um, ließ sich dann zwischen Hanni und Jenny auf der Decke nieder. „Hoffentlich habt ihr nichts dagegen. Ich meine, ich war ja nicht eingeladen.“
Komischerweise war es die schüchterne Katrin, die sich als Erste aufraffte und fragte: „Dürfen wir Ihnen ein Würstchen anbieten, Frau Martin? Oder hätten Sie lieber ein Brot mit Ölsardine?“
„Danke. Ein Würstchen nehme ich gerne.“
Sie biss in das Würstchen, alle schauten zu.
„Habt ihr vielleicht auch Senf?“, fragte Frau Martin.
„Tut mir leid“, entschuldigte sich Jenny. „Senf ist keiner da. Wir wollten die Hausmutter nicht drum bitten, das werden Sie verstehen.“
„O ja, natürlich“, meinte Frau Martin. „Aber es schmeckt auch so.“
Sie waren alle restlos
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