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Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot

Titel: Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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Veranda zu verfallen. Nun waren die eingestürzten Steine Teil von Artors Mauern.
    Aber die geheiligte Quelle, aus der die Priesterinnen das Wasser bezogen hatten, das sie für ihre Heilzauber verwendeten, war geblieben und sprudelte immer noch aus den Tiefen der Hügels hervor, um einen stillen Teich zu bilden. Die Mauerkrone darum war verwittert, doch das Abflussrohr, das den Überlauf ableitete, war frei geblieben. Von dort plätscherte das Wasser mit melodischem Gurgeln in Form eines kleinen Baches den Hang hinab. Durch die Birken schimmerndes Mondlicht hüllte Teich und Stein gleichermaßen in fleckige Schatten.
    Im gespenstischen Licht des Weges blinzelte Gwendivar unsicher. Die alten Mächte waren von der Hügelkuppe verbannt worden, hier jedoch konnte sie ihre Anwesenheit immer noch fühlen. Sie streckte die Arme aus und rief, was sie gerufen hatte, wenn sie zu Hause durch die Hügel getollt war. Kleid und Umhang hingen schwer an ihr, weshalb sie beides ablegte. Auch die klobigen Dutte ihres Haares löste sie. Sie streckte sich, erfreute sich am freien Spiel von Muskeln und Gliedern. Eine leichte Brise richtete die feinen Härchen an ihren Armen und Beinen auf, liebkoste ihren nackten Körper, ließ die Birkenblätter zittern, bis das wandernde Schattenmuster, welches das Mondlicht warf, auf den unruhigen Wassern des Teiches glitzerte.
    Licht wirbelte darüber gleich einem vom Wasser aufsteigenden Nebel, bildete die Gestalt einer Frau, die, so wie Gwendivar, einzig ihr leuchtendes Haar bekleidete.
    »Wer bist du?«, flüsterte sie. An das Elfenvolk war sie gewöhnt, doch dies war ein Wesen von edlerer Art als alle anderen, die sie je getroffen hatte.
    »Ich bin Cama, die Biegung des Hügels und des sich windenden Wassers, ich bin das geheiligte Rund. Es ist lange… sehr lange her, seit ich zuletzt von Sterblichen angerufen wurde… Was ist dein Begehr?«
    Gwendivar spürte, wie ein Kribbeln heiliger Ehrfurcht ihre Haut überzog. Es war dem neuen Glauben noch nicht gelungen, die alte Weisheit so vollständig zu verdrängen, dass sie die uralte Göttin dieses Teils des Landes nicht erkannt hätte. Doch ihr Schrei war wortlos ausgefallen. Mühevoll rang sie nach einer Antwort.
    »Das Wasser fließt – der Wind weht – ich aber bin gefesselt! Ich will frei sein!«
    »Frei…« Die Göttin kostete den Klang, als verstünde sie nicht recht. »Das Wasser fließt hügelabwärts ins Meer. Hitze und Kälte bestimmen die Strömungen des Windes. Sie sind frei, ihrem Wesen zu folgen. Ist es das, wonach du verlangst?«
    »Was ist mein Wesen? Ich bin zwar verheiratet, aber keine Ehefrau!«
    »Du bist die Königin…«
    »Ich bin ein vergoldetes Bildnis. Ich besitze keinerlei Macht – «
    »Du bist die Macht…«
    Gwendivar, den Mund zum Widerspruch geöffnet, verharrte und vermeinte beinahe zu begreifen. Dann ertönte der Ruf der Eule, und der Augenblick des Verstehens zerriss. Sie sah, wie die Gestalt der Herrin zu einer Säule schimmernden Lichts zerfloss.
    »Hilf mir!«, schrie sie. Zwar folgte keine Antwort, aber die Gestalt öffnete die Arme.
    Zitternd kletterte Gwendivar über die Mauerkrone und trat in den Teich. Weicher Schlamm gab unter ihr nach, und sie glitt so schnell in die kalten Tiefen, dass ihr nicht einmal ein Aufschrei entfahren konnte. Wasser schlug über ihrem Kopf zusammen, Dunkelheit umfing sie. Dies ist der Tod, dachte sie, aber es war keine Zeit für Furcht. Und dann schnellte sie empor zum Licht. Macht wirbelte rings um sie, doch sie war der Mittelpunkt des Kreises – Sein und Tun, die Bewegung und ihre Stille, ein und dasselbe.
    An diesem Ort gab es keine Zeit, dennoch musste Zeit verstrichen sein, denn alsbald erfuhr Gwendivar die Welt übergangslos wieder mit ihren gewöhnlichen Sinnen. Der Mond hatte sich ein Viertel seines Weges über den Himmel geschoben, sein Licht schien nicht mehr voll auf den Teich. Sie stand, Wasser troff von ihr, aber der Boden des Teichs unter ihren Füßen fühlte sich fest an.
    Sie selbst fühlte sich leer, und sie erkannte, das jener Teil, der aus ihr gewichen, ihre Verzweiflung gewesen war. Vielleicht würde diese Gelassenheit nicht ewig andauern, aber sie war überzeugt, sie würde im Bewusstsein behalten, was sie gesehen hatte.
     

VII
    Der verwundete Koenig
    A.D. 498
     
    Gwendivar kauerte neben dem Kamin des Hauses, das der Haushalt des Königs besetzt hatte, und lauschte dem Zischen des Feuers und dem dumpfen Pochen des Regens auf dem Rieddach. Wenn sie

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