Brixton Hill: Roman (German Edition)
Kühlschrank?«
»Ich frag mich, was Alan in dir gesehen hat. Ich für meinen Teil kann es nicht sehen.«
»Vielleicht besser so.«
»Ja. Scheint mir auch so. Und von mir aus, pack das Zeug in den Kühlschrank. Ich geh rüber.«
»An was arbeitest du?«
Er hatte schon die Hand auf der Türklinke, blieb aber stehen und zögerte mit der Antwort. »Nichts, was dich interessieren könnte.«
»Probier’s aus.«
»Nein.«
Er verließ die Küche, und Em stand dort, in einer Hand einen Salatkopf, in der anderen einen Kanister Milch. Nachdenklich räumte sie die Sachen weg. Dann klopfte sie an Jays Tür.
»Wenn du mir sagst, wo es hier in der Gegend ein Internetcafé gibt, bin ich weg. Es gibt doch noch Internetcafés?«
»Vor zur Hauptstraße, links runter, dann ein paar Schritte. Schönen Gruß an Samir.«
»Wen?«
»Der Besitzer. Libanese. Sag ihm, dass ich dich geschickt habe und dass er es so einrichten soll, dass du anonym surfst.«
»Ach so. Stimmt.«
»Und er soll dir ein Handy besorgen.«
»Handys hat er auch?«
»Offiziell hat er ein Internetcafé. Mit Kuchen und Sandwiches und zwanzig Sorten Tee. Ungefähr.«
»Verstehe. Dann geh ich dort mal frühstücken.«
»Was ist mit dem Brot im Backofen?«
»Scheiße.«
»Der Mülleimer ist unter der Spüle.«
»Sorry.«
»Bis später dann.« Er drehte sich zu seinen Bildschirmen um.
Sie stand noch einen Moment in der Tür, aber er sah nicht mehr nach ihr. Entweder war er bereits ganz in seine Arbeit vertieft, oder er wollte ihr zeigen, wie dringend er sie loswerden wollte. Oder beides.
Samir hatte einen winzigen Laden mit drei uralten Rechnern und zwei klebrigen Tischen, um die ein paar wackelige Stühle herumstanden. Die Glastheke, hinter der Sandwiches und Cupcakes aufgereiht waren, blinkte allerdings vor Sauberkeit. Em war der einzige Gast. Sie kaufte sich ein Sandwich und einen Tee und setzte sich an einen der Rechner. Sie hatte keine Lust, Samir irgendwelche Grüße auszurichten, und sie wollte auch kein Handy von ihm kaufen. Wahrscheinlich verarschte Jay sie nur. Dachte, sie sei eine reiche, eingebildete Kuh, die sich in der rauen Wirklichkeit seines Arbeiter- und Einwandererviertels nicht zurechtfand. Okay, sie war eine reiche, eingebildete Kuh, irgendwie. Aber sie würde allein klarkommen.
Em hatte vorgehabt, in Ruhe Nachrichten zu lesen und dann zurück zu Jays Haus zu gehen, um ihn zu bitten, ihr zu zeigen, wie sie anonym ein paar Mails schreiben konnte. Aber dann sah sie auf den Startseiten der Nachrichtenportale ihr Foto. Und die Storys, die die Journalisten daraus gemacht hatten.
Aus Polizeigewahrsam geflohen.
Drei Tote auf dem Gewissen.
Möglicherweise sogar den eigenen Bruder.
Zweite Verhaftung innerhalb weniger Tage.
Dringend tatverdächtig.
Großfahndung.
Landesweite Suche.
Schnell schloss sie den Browser und schob ihr Sandwich von sich.
»Schönes Foto von dir«, sagte jemand hinter ihr.
Em drehte sich um und sah dem Besitzer direkt ins Gesicht. Er hatte sich mit einem seiner wackeligen Stühle direkt hinter sie gesetzt. Sie hatte ihn gar nicht bemerkt.
»Grüße von Jay.« Sie stotterte fast.
Der Libanese grinste breit. »Ich weiß. Er hat mir schon gemailt, dass du kommst.« Er hielt ihr ein Handy hin. Es sah neu aus. »Damit kannst du auch online gehen. Es ist etwas Guthaben drauf, aber es hat keine Flatrate, also teil dir besonders die Onlinezeit gut ein. Kannst du bezahlen?«
Sie nickte und zog ein paar Fünfzig-Pfund-Scheine aus der Hosentasche. »Wie viel?«
Er grinste nicht mehr. »Einer reicht. Den Rest wirst du die nächsten Tage brauchen, um nicht mit Karte zahlen zu müssen. Falls du überhaupt vor die Tür gehen willst.«
»Samir, richtig?«
Er nickte und hielt ihr die Hand hin. »Angenehm.«
Em ergriff seine Hand und schüttelte sie. »Freut mich auch.« Wobei sie nicht sicher war, wer von ihnen gerade log.
»Gib mir dein altes Teil«, sagte er.
Sie reichte ihm das auseinandergenommene Handy.
»Hier sitzt man ein bisschen wie auf dem Präsentierteller«, sagte Samir und deutete mit dem Kopf auf die große Schaufensterscheibe seines Ladens. »Komm mit nach hinten, da kannst du in Ruhe deine Mails schreiben.«
Sein winziges Hinterzimmer war vollgestopft mit Büchern und Aktenordnern. Auf dem beladenen Schreibtisch war sein Laptop kaum zu sehen.
»Ich habe System im Chaos, also bitte nichts verändern. Ich hab dir alles vorbereitet. Du kannst einfach loslegen. Hast du die Adressen alle im Kopf,
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