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Brixton Hill: Roman (German Edition)

Brixton Hill: Roman (German Edition)

Titel: Brixton Hill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Beck
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und von irgendwoher hörte man Porzellan klappern.
    »Wer hat das vorhin gesagt? Dass alles gut wird?«, fragte Em schläfrig.
    »Es wird bestimmt alles gut«, antwortete Linda ruhig.
    »Ja. Bestimmt.«
    Als Becca mit dem Tee kam, war Em längst eingeschlafen.

Kapitel 34
    B arney Vogel brach morgens um vier in das Haus ein, das nicht mehr sein Haus sein sollte. Es war nicht besonders schwer, weil niemand die Schlösser ausgetauscht hatte und im Hinterhof noch ein Ersatzschlüssel deponiert war. Warum hätte sich auch jemand um die Sicherheit eines Hauses kümmern sollen, das ohnehin bald abgerissen wurde? Barney betrat die Küche, die nicht mehr seine Küche sein sollte, sah kurz im Kühlschrank nach, öffnete dann einen der Hängeschränke und holte eine Flasche Gin heraus. Er stellte sie auf den Tisch, ging zu dem Abstellkämmerchen unter der Treppe und suchte die zwei Flaschen Brennspiritus hervor, die er letzten Sommer gekauft und dann nie verbraucht hatte. Er stellte sie zu dem Gin und ließ sich auf den Küchenstuhl fallen. Nachdem er ein paar Minuten regungslos vor sich hin gestarrt hatte, schraubte er den Gin auf und trank ungefähr ein Viertel der Flasche aus.
    Barney war in den vergangenen Tagen nicht etwa, wie alle gedacht hatten, im Gefängnis gewesen. Die Polizei hatte ihm zwar mit einem Bolzenschneider die Ketten aufgetrennt und ihn mitgenommen, aber sie hatten ihn auch genauso schnell wieder laufen lassen. Mit viel Mitleid und Kopfschütteln. Das Problem für Barney war nur: Sie hatten ja recht. Das Haus gehörte ihm nicht mehr. Es gehörte der Bank. Er konnte schon lange nicht mehr seine Kredite zurückzahlen, für die er das Haus als Sicherheit genommen hatte, um sich nach seiner Hochzeit ein Auto und eine Gefriertruhe und einen Fernseher und eine neue Küche kaufen zu können. Mit seiner Frau zusammen war es kein Problem gewesen. Sie hatte auch gearbeitet. Aber dann war sie krank geworden und bald darauf gestorben. Barney hatte aus Kummer darüber mit dem Trinken angefangen, seinen Job verloren und war mit den Zahlungen in Rückstand gekommen. Er hatte wieder einen neuen Job gefunden, aber der war schlechter bezahlt, und dann fehlte ihm auch das Geld, das seine Frau verdient hatte. I rgendwann hatte das Haus der Bank gehört. Und die hat te es jetzt verkauft.
    So war es nun mal. Es ließ sich nicht ändern. Er hatte es eingesehen, und er hatte sich damit abgefunden, irgendwie: Sein Leben in Brixton war vorbei. Von der Polizei aus war er direkt nach Croydon gefahren, um sich anzusehen, wo sie ihn hinschicken wollten. Es hatte ihm nicht gefallen. Er kannte niemanden. Es gab auch nicht so einen schönen Markt wie in Brixton, wo ihm jeder Händler vertraut war. Da war Vinny, der immer Reggae spielte und ihm ab und zu ein Bier ausgab. Da war Jean-Luc aus Guadeloupe, der ihm den Bokit genauso zubereitete, wie er ihn haben wollte, ohne dass sie noch darüber reden mussten. Da kaufte er, an besonderen Tagen, karibische Früchte, deren Namen er immer noch nicht kannte, oder nahm ein paar von den bunten Minicupcakes mit. Bei Al, dessen Dreadlocks bestimmt einen Meter lang waren und d en er noch nie ohne die bunte Strickmütze gesehen hat te, egal, wie heiß es war, bei Al kaufte er gern Olivenbrot, und er war sicher, dass er in ganz London kein Olivenbrot finden würde, das so schmeckte wie das von Al. In Croydon gab es keinen Samir, bei dem er jeden Tag eine halbe Stunde im Internet surfen konnte, ohne dass er dafür bezahlen musste. In Croydon würde er ganz neu anfangen müssen, und dazu fühlte sich Barney einfach zu alt. Er war achtundfünfzig, aber er sah aus wie achtundsechzig. Und er wollte nicht neu anfangen.
    In Brixton war Barney aufgewachsen. Er war dort zur Schule gegangen, hatte dort seine Frau kennengelernt. Nach der Schule hatte er bei Morleys, dem alten Brixtoner Kaufhaus, angefangen und sich zum Abteilungsleiter hochgearbeitet. Später dann, nach dem Tod seiner Frau, hatte er nur noch was als Reinigungskraft bekommen, und das auch nur, weil sein alter Chef Mitleid mit ihm hatte. Aber es war ihm immer wichtig gewesen, eine Arbeit zu haben, also hatte er sich nicht beklagt. Brixton war immer für ihn da gewesen. Immer. Auch mit wenig Geld war er klargekommen, abgesehen von den monatlic hen Zahlungen an die Bank, aber mit wenig Geld konnt e man in Brixton gut durchkommen. Die anderen wussten, wenn es einem schlecht ging, und dann sorgten sie für einen. Nachbarn und Freunde, sie waren immer

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