Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brockmann Suzanne

Brockmann Suzanne

Titel: Brockmann Suzanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 5 Harvard - Herz an Herz
Vom Netzwerk:
den blauen Himmel.
    „Diese Veränderung wird meinem Vater so guttun“, fuhr er fort. „Ich wünschte nur, ich hätte bei ihnen sein und sie unterstützen können.“
    „Wohin ziehen sie denn?“, fragte P. J..
    „Nach Phoenix, Arizona.“
    „Kein Blick aufs Meer also.“
    Er drehte sich auf die Seite und sah sie an. „Das macht nichts. Ich bin derjenige, der den Blick aufs Meer am meisten geliebt hat, und ich wohne ja nicht mehr bei ihnen.“
    „Und wo wohnst du ?“
    Harvard wusste erst nicht, wie er diese Frage beantworten sollte. „Ich habe hier in Virginia ein möbliertes Apartment.“
    „Aber das ist doch nur vorübergehend. Ich meine, wo hast du deine Sachen?“
    „Welche Sachen?“
    „Dein Bett, deinen Küchentisch, deine Briefmarkensammlung. Deine Sachen eben.“
    Er legte sich wieder auf den Rücken. „Ich besitze kein Bett und keinen Küchentisch. Und die letzte Briefmarke, die ich gekauft habe, klebt auf einem Brief an meine kleine Schwester in Boston. Sie geht da zur Uni.“
    „Was ist mit deinen Büchern?“, versuchte es P. J. weiter. „Wo hast du die?“
    „In einem klimatisierten Lagerraum in Coronado, Kalifornien.“ Er lachte und schloss seine Augen. „Verdammt, ich bin wirklich lächerlich. Ich sollte mir eine Fußmatte kaufen, auf der ‚Willkommen zu Hause‘ steht.“
    „Bist du sicher, dass du jemals wirklich aus deinem Elternhaus ausgezogen bist?“, fragte sie ihn.
    „Vielleicht bin ich das tatsächlich nicht“, gab er zu. „Aber wenn dem so ist, dann ziehe ich wohl heute aus. Ob ich will oder nicht.“
    P. J. zog ihre Beine an sich und schlang ihre Arme darum.
    „Vielleicht fühle ich mich ja deshalb so niedergeschlagen“, überlegte er laut. „Irgendwie stellt der heutige Tag das symbolische Ende meiner Kindheit dar.“ Er sah sie mit einem amüsierten Ausdruck in den Augen an. „Wenn man bedenkt, dass ich in vier Jahren vierzig werde, musste das ja früher oder später geschehen.“
    Harvard Becker war ein überdurchschnittlich schöner Mann. Sein Körper hätte kaum perfekter sein können, wenn ein Bildhauer ihn in Stein gehauen hätte. Es waren aber vor allem seine Augen, die P. J. nachts wach hielten. So viele Geheimnisse schienen sich hinter ihrem tiefen Braun zu verbergen.
    Es war ziemlich mutig von ihr gewesen, ihm einen Spaziergang zu zweit vorzuschlagen. Bei jemand anderem hätte sie nicht lange darüber nachgedacht. Aber mit jemand anderem war es auch nicht so schwer, die Grenzen für eine Freundschaft zu ziehen.
    Bei diesem Mann war P. J. einfach ständig in Gefahr, gegen ihre eigenen Regeln zu verstoßen. Das war ein völlig neues Gefühl für sie. Ein beunruhigendes Gefühl. Sie umschlang ihre Knie noch ein wenig fester.
    „Es gab viele Probleme mit unserem Haus in Hingham“, erzählte Harvard. „Das Dach war undicht, und es regnete in die Küche. Egal, wie oft wir versucht haben, es zu reparieren – sobald es stürmte, mussten wir wieder den Eimer rausholen. Die Rohre pfiffen, die Fenster waren zugig, und meine Schwestern nahmen immerzu das Telefon in Beschlag. Die Lösung meiner Mutter für alle Probleme war es, ein herzhaftes Abendessen für die ganze Familie zuzubereiten. Und der alte Mann war meistens so in Shakespeare vertieft, dass er nicht einmal wusste, in welchem Jahrhundert wir uns befanden.“
    Er versuchte sich offensichtlich aus dem schwarzen Loch zu befreien, indem er Witze machte. Indem er so tat, als würde es ihm nichts ausmachen.
    „Damals konnte ich es gar nicht erwarten auszuziehen.“
    Er versuchte, den Schmerz erträglicher zu machen, indem er ihn ins Lächerliche zog. P. J. würde hier auf keinen Fall ruhig sitzen und das zulassen.
    „Weißt du, dieser Traum, den du hattest?“, unterbrach sie ihn. „Der, in dem du aus der Schule nach Hause kommst und deine Eltern sind weg?“
    Er nickte.
    „Na ja, es ist mir nicht genauso passiert“, fuhr sie fort. „Aber eines Tages kam ich aus der Schule und fand unsere Möbel auf dem Gehweg. Wir waren auf die Straße gesetzt worden. Meine Mutter war einfach verschwunden. Sie hatte nicht einmal versucht, eine neue Wohnung zu finden, sondern war einen trinken gegangen.“
    Er richtete sich auf. „Oh Gott …“
    „Ich war zwölf“, sagte P. J. „Meine Großmutter war drei Monate zuvor gestorben. Jetzt gab es nur noch mich und Cheri, meine Mutter. Ich weiß nicht, was sie mit der Miete gemacht hat, aber ich kann es mir in etwa vorstellen. Ich erinnere mich an diesen Tag immer

Weitere Kostenlose Bücher