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Brombeersommer: Roman (German Edition)

Brombeersommer: Roman (German Edition)

Titel: Brombeersommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dörthe Binkert
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kochen. Morgen.«
    »Ich finde, der Ausschnitt ist nicht kleidsam   … Siehst du, hier. Du könntest doch   …«
    »Morgen«, sagte Viola. Sie drängte Sibylle sanft aus dem Zimmer und setzte ihrer Nähmaschine Marke Pfaff die Holzhaube auf.
     
    Viola hatte die Begeisterung fürs Nähen von Karls Mutter übernommen. Immer, wenn sie als Schülerin zu Marie nach Hause kam, saß Maries Mutter an der Nähmaschine.Der Stoff bauschte sich auf der Tischfläche und hing manchmal in schillernden Kaskaden bis zum Boden hinab. Das sah aus wie im Theater, und Viola stellte sich fantastische Kostüme vor, während der Kanarienvogel Putzi dazu seine Arien trillerte.
    Selma Osterloh nähte meist nach vorgegebenen Schnittbögen, aber für ihre Töchter dachte sie sich etwas Eigenes aus. Später, im Krieg und nach dem Krieg, zauberte sie aus Fallschirmseide, Fahnen, Gardinen, Tischdecken oder alten Militärmänteln den neuesten Chic. Manchmal hatte Mutter Osterloh Viola nebenbei, Stecknadeln im Mund, nuschelnd die Grundregeln des Nähens erklärt, ohne die Füße vom Pedal und die Hände von Schwungrad und Stoff zu nehmen.
    Wenn Viola länger als üblich bei Osterlohs hängen blieb, kam es vor, dass sie Karl begegnete, der aus dem Atelier nach Hause kam. Er war immer hungrig, meist schon mit Theo verabredet und beachtete sie kaum. Viola hatte verschiedene schüchterne Versuche unternommen, ihn auf sich aufmerksam zu machen, aber Karl schien alles andere wichtiger als sie. Er gab Marie einen Kuss auf die Wange, sah Viola freundlich, aber immer nur flüchtig an und verschwand wieder. Er war so hochaufgeschossen, so hell, so unbeschwert heiter, dass sie vor dem Einschlafen immer an ihn dachte. Sie versprach sich davon schöne, warme, sommerliche Träume, in denen sie selig Hand in Hand gingen. Und wenn ihre Mutter im Kino einen Liebesfilm gesehen hatte und ihr die Handlung nacherzählte, stellte sie sich vor, Karl küsse sie so wie Carl Raddatz Kristina Söderbaum.
     
    »Wo ist denn Karl?«, fragte Theo, als er den für nur zwei gedeckten Tisch sah. Viola ließ den Grünkohl in eine Suppenschüssel platschen und drückte sie Theo in die Hand, um sich die Schürze auszuziehen.
    »Mir war heute so nach Grün«, sagte sie. »Findest du nicht, dass der Grünkohl ein bisschen aussieht wie grünliche Kuhfladen?«
    »Nein«, antwortete Theo lachend, »jetzt verdirb mir nicht den Appetit, wenn du schon mal Grünkohl machst. Und was ist nun mit Karl?«
    »Der kommt heute nicht. Er geht nach seiner Mutter sehen, sie ist krank.« Sie nahm sich vor, Frau Osterloh auch mal wieder zu besuchen und ihr von ihrer Arbeit zu erzählen.
    Theo überzog die gelben Kartoffeln andächtig mit einem Gemüseteppich. Nur kleine, helle Flecken stachen noch aus der Grünkohllandschaft hervor. Theo nahm noch einen Löffel und deckte sorgfältig auch das letzte Gelb zu. Dann stieß er die Gabel in die Landschaft und begann zu essen.
    Ein bisschen pedantisch ist er schon, dachte Viola. »Und wie war es im Büro?«, fragte sie.
    »Ach, wir haben heute diskutiert«, antwortete Theo und gähnte. Er hatte eigentlich keine Lust, das Thema zu vertiefen. »Irgendjemand hat aufs Tapet gebracht, dass die Studienassessorinnen, auch wenn sie hervorragende Zeugnisse haben, erst eine Stelle im Staatsdienst kriegen, wenn ihre männlichen Kollegen versorgt sind, egal, wie schlecht die abgeschlossen haben.«
    »Ach nein.«
    »Und wenn sie heiraten, die Beamtinnen, werden sie wieder entlassen.«
    »…   um Platz für Männer zu machen«, ergänzte Viola.
    Theo nickte. »Ist noch Bier im Kühlschrank? Holst du mir noch eins?«
    »Da finden dann die alten Nazis endlich wieder ein Plätzchen im Staatsdienst«, sagte Viola und knallte die Eisschranktür zu.
    »Was bist du denn so böse?«, fragte Theo verwundert. »Sei lieb mit dem Kühlschrank. Wir sind einer der drei Prozent Haushalte in der Bundesrepublik, die einen haben.«
    »Du lenkst ab«, brummte Viola, »du Adenauer-Wähler.«
    »Wie auch immer, wir können nicht alle einsperren, die Nazis waren. Da käme ja alles zum Erliegen, die Verwaltung, die Industrie. Irgendwann muss man einen Schlussstrich ziehen. Die Entnazifizierungsverfahren haben doch gezeigt, die Kleinen werden bestraft, und die Großen beschaffen sich Persilscheine.«
    »Aber in der Justiz, Theo! Die haben aus Überzeugung Unrecht gesprochen statt Recht. Die haben die Menschen in den Tod geschickt, statt sie vor Willkür zu schützen!«
    »Das kann man jetzt

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