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Brombeersommer: Roman (German Edition)

Brombeersommer: Roman (German Edition)

Titel: Brombeersommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dörthe Binkert
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»Bedankt euch bei dem wunderbaren, unübertrefflichen Auto.«
    Die unscheinbare Pension »Rinderknecht« in Zürich hatte erstaunlich gute Betten. Viola wippte auf der Bettkante sitzend kurz auf und ab und nickte: »Hier bleiben wir.«
    Theo bestand auf einem knappen Stadtrundgang.
    »Mensch, das ist ja nicht zu glauben«, rief Viola, »hier ist ja alles ganz! Nichts kaputt. Lauter alte Häuser.«
    »Und wie alt«, murmelte Theo dazwischen.
    »Keine Ruinen. Überhaupt keine Lücken. Kein fehlender Zahn im Gebiss.« Viola war hin- und hergerissen zwischen Erstaunen und Entzücken. »Wie im Museum. Und der See!«, rief sie.
    »Also immerhin gibt es bei uns Talsperren«, warf Theo ein.
    Aber Viola wollte beim Bewundern nicht unterbrochen werden.
    Kurz darauf aß Karl das erste Cordon bleu seines Lebens und wunderte sich über den hervorquellenden Käse, der wie eine gelbe Zunge aus dem panierten Schnitzel hing. Die beiden anderen wählten Bratwurst.
    »Aber was ist denn das für eine braune Soße, in der die Wurst da schwimmt«, machte Theo und stocherte in der glibberigen Flüssigkeit mit den bräunlich-glasigen Einsprengseln.
    Karl probierte mit seiner Gabel. »Zwiebeln«, sagte er, »das sind Zwiebeln, Dicker. Das kannst du ruhig essen.«
    »Kinder, wir sind im Ausland«, bemerkte Viola. »Da kochen die Menschen eben anders. Nun stellt euch nicht so an. Wie soll das denn erst in Italien werden? Ihr wart doch im Krieg in anderen Ländern, nicht ich.«
     
    Karl, der Frühaufsteher, trieb die anderen durch Klopfzeichen an die Wand des Nebenzimmers aus den Betten.
    »Der Karl könnte auch mal das Morse-Alphabet lernen«, moserte Theo. »Verstehst du, was er uns sagen will?«
    Viola kramte, nach einem kritischen Blick aus dem Fenster, einen Pullover aus dem Gepäck. Das Wetter war stürmisch, und kühl war es auch. Dramatische Wolkenkulissen schoben sich vor das Blau, das hier und da am Himmel aufschien, und der Wind trieb einzelne tiefhängende Wolkenfetzen wie eine Schafherde vor sich her. Theo, endlich rasiert und duftend, konnte sich nicht entscheiden, was er anziehen sollte. »Nun mach!«, sagte Viola. »So viel Auswahl hast du ja nun auch nicht«.
    Karl öffnete das Fenster seines kleinen Zimmers und atmete tief ein. Er liebte dieses Wetter, das ihn an den großen Himmel Ostpreußens oder Russlands erinnerte. Dann klopfte er noch einmal. »Nun macht doch endlich«, murmelte er, »dass wir hier loskommen.«
    Theo fuhr. Der Wind schob nicht nur die Wolken vor sich her, sondern rammte auch in böigen Stößen den Käfer von der Seite.
    »Du musst Gegensteuer geben«, sagte Karl.
    Viola räusperte sich. Sie kramte in ihrer Tasche, lehnte sich nach vorn und hielt Theo ein Stück Schokolade vor den Mund.
    Der schüttelte hochkonzentriert den Kopf.
    »Nun lenken Sie mal den Dicken nicht ab!« Karl verkündete mit dem Finger auf der Karte: »Links also der Zürichsee. Und dann, meine Herrschaften, sehen Sie schon bald rechter Hand den Zuger See   … und   … den Vierwaldstätter See.«
    »Mein Gott, ist das schön«, rief Viola im Abstand von wenigen Minuten aus. »So viel Wasser und so viel Berge, ich fass es nicht. Theo, halt doch mal an, damit Karl ein Foto machen kann.«
    Abgekämpft von der kurvenreichen Strecke, die er auf schmaler Straße zwischen überhängenden Felsen und See hinter sich hatte, brachte Theo den Wagen bei der Tellskapelle am Vierwaldstätter See, der hier Urner See hieß, zum Stehen. Er stieg aus dem Käfer, als habe er gerade ein Rodeo im Wilden Westen geritten.
    »So was«, sagte Viola ehrfürchtig. »Dass ich den Bergen mal so nahe kommen würde. Die sind ja gleich hier.« Sie streckte die Hand aus und berührte den von Feuchtigkeit tropfenden Fels, in den kühn die Straße geschlagen war. Sie kratzte ein Stück Sternmoos vom Stein und hielt es an ihre Wange. Sie streichelte Theo damit über den Nacken, aber Theo schüttelte sich nur und beäugte mit unausgesprochener Sorge die Straße, die noch vor ihm lag.
    Karl ging zum Wasser. Der See war vom unruhigen Wetter zu einem dunklen Grau aufgewühlt. Die Wellen schwappten ungeordnet hin und her.
    »Und hier ist der Tell also von Geßlers Boot an Land gesprungen.« Theo betrachtete ausführlich die Getümmelbilder an den Innenwänden der Tellskapelle.
    »Hängt mir zum Hals raus, seit wir Schillers ›Wilhelm Tell‹ gespielt haben letztes Jahr«, sagte Viola und versuchte, untergehakt bei Karl, eine einzelne Welle im Auge zu behalten, bis sie

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