Brooklyn
allen.«
»Was?«
»Dass du sie Samstag abends immer in ein Wanzenloch schleppst.«
»Ich erzähl dir überhaupt nichts mehr. Du bist schlimmer als Rose.«
»Sie hat wahrscheinlich einen von diesen piekfeinen englischen Namen. Liebe Güte, wart nur ab, bis Mama das rauskriegt. Ihr Lieblingssohn.«
»Sag ihr ja kein Wort.«
Es war schwierig, ihre Koffer die engen Treppen des Dampfers hinunterzutragen, und auf dem Gang, wo Eilis, den Schildern zu ihrer Kajüte folgte, musste sie seitwärts gehen. Sie wusste, dass der Dampfer ausgebucht war und sie sich die Kajüte mit jemand anders teilen musste.
Der Raum war winzig: ein Etagenbett, kein Fenster, nicht einmal ein Luftloch, und eine Tür, die zu einem klitzekleinen Bad führte, das, wie man ihr gesagt hatte, auch zu dem Raum auf der anderen Seite gehörte. Ein Schild erklärte, dass die Passagiere, wenn sie das Bad nicht benutzten, die andere Tür entriegeln sollten, damit es auch von der angrenzenden Kajüte zu erreichen sei.
Eilis legte den einen Koffer auf das dafür vorgesehene Gestell und stellte den anderen an die Wand. Sie fragte sich, ob sie sich umziehen sollte oder was sie sonst in der Zeit bis zum Abendessen tun sollte, das den Passagieren der dritten Klasse serviert werden würde, sobald der Dampfer abgelegt hätte. Rose hatte ihr zwei Bücher eingepackt, aber das Licht war zu schwach zum Lesen. Sie legte sich auf das Bett und verschränkte die Hände hinter dem Kopf, froh darüber, dass der erste Teil der Reise vorüber war und dass bis zu ihrer Ankunft noch eine Woche vor ihr lag, in der sie nichts zu tun brauchte. Wenn der Rest doch nur auch so einfach werden würde!
Etwas, das Jack gesagt hatte, war ihr im Gedächtnis geblieben, weil es untypisch für ihn war, so heftige Gefühle zu verraten. Dasser gesagt hatte, in der Anfangszeit hätte er sonstwas dafür getan, um wieder nach Haus zu können, war seltsam. In seinen Briefen hatte er nichts davon geschrieben. Möglicherweise hatte er niemandem, nicht einmal seinen Brüdern, gesagt, wie ihm zumute war, und sie stellte sich vor, wie einsam er sich gefühlt haben musste. Vielleicht, dachte sie, hatten alle ihre Brüder das gleiche durchgemacht und sich gegenseitig geholfen, wenn sie gespürt hatten, dass einer der anderen Heimweh bekam. Wenn es auch ihr passieren sollte, würde sie allein sein, also hoffte sie, dass sie, wenn sie in Brooklyn ankam, für alles gewappnet sein würde, was sie erleben, was sie empfinden mochte.
Plötzlich öffnete sich die Tür, und eine Frau kam herein und zog einen großen Überseekoffer hinter sich her. Als Eilis sofort aufstand und fragte, ob sie Hilfe brauche, schenkte sie ihr keinerlei Beachtung. Sie schleifte den Schrankkoffer in die winzige Kajüte und versuchte, die Tür hinter sich zu schließen, aber der Platz reichte nicht.
»Das ist eine Zumutung«, sagte sie mit englischem Akzent, während sie versuchte, den Koffer aufrecht hinzustellen. Als es ihr gelungen war, stellte sie sich in den Zwischenraum zwischen den Kojen und der Wand neben Eilis. Es war kaum Platz für sie beide da. Eilis sah, dass der hochgestellte Koffer beinah die Tür versperrte.
»Sie liegen oben. Nummer eins bedeutet untere Koje, und das steht auf meiner Fahrkarte«, sagte die Frau. »Also rauf mit Ihnen. Ich heiße Georgina.«
Ohne ihre eigene Fahrkarte zu überprüfen, stellte sich Eilis ihrerseits vor.
»Das ist der reinste Schuhkarton«, sagte Georgina. »Hier hätte nicht mal mehr ein Zwerg Platz.«
Eilis musste sich zusammennehmen, um nicht zu lachen, und sie wünschte sich, Rose wäre dagewesen und sie hätte ihr erzählen können, dass sie kurz davor stand, Georgina zu fragen, ob siebis ganz nach New York durchfuhr oder irgendwo unterwegs von Bord gehen würde.
»Ich brauch eine Kippe, aber hier unten lassen sie uns nicht rauchen«, sagte Georgina.
Eilis begann, die kleine Leiter zur oberen Koje hinaufzuklettern.
»Nie wieder«, sagte Georgina. »Nie wieder.«
Eilis konnte sich nicht beherrschen. »Nie wieder so einen großen Koffer oder nie wieder nach Amerika?«
»Nie wieder dritte Klasse. Nie wieder den Koffer. Nie wieder auf Heimaturlaub nach Liverpool. Einfach nie wieder. Beantwortet das Ihre Frage?«
»Aber die untere Koje ist Ihnen recht, ja?« fragte Eilis.
»Die ja. So, Sie sind Irin, also kommen Sie mit und rauchen Sie eine mit mir.«
»Tut mir leid. Ich rauche nicht.«
»Mal wieder Pech gehabt. Keine schlechten Angewohnheiten.«
Georgina schob sich
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