Brotherband - Die Bruderschaft von Skandia: Band 1 (German Edition)
Felsen. Hal stellte überrascht fest, dass sie alle auf ihn gewartet hatten.
»Holt den Vogel«, sagte er schwer atmend. Er hatte nicht mehr die Kraft, ins Zelt zu kriechen. Und wenn er es täte, würde er sich womöglich einfach hinlegen und nicht mehr herauskommen.
Stefan kroch auf Händen und Knien in das Zelt. Gleich darauf kam er grinsend heraus, einen geschnitzten Holzvogel in der Hand.
»Hab ihn!«, sagte er und stand auf. Er reichte ihn Hal, der ihn kurz betrachtete. Es war nichts Besonderes daran. Es war nichts weiter als ein geschnitzter Vogel.
Hal atmete noch einmal durch, dann schob er die Figur in seine Jackentasche.
»Also gut«, sagte er müde »Gehen wir zurück. Ulf und Wulf, ihr übernehmt Ingvar wieder für eine Weile.«
Anders als erhofft war der Rückweg nicht einfacher. Sie hatten die allergrößte Mühe, an den steileren Stellen das Gleichgewicht zu behalten. Abwärts zu laufen beanspruchte völlig andere Muskeln, und es dauerte nicht lang, da schmerzten Knöchel und Waden. Außerdem trugen sie alle von mehreren Stürzen Kratzer und Schürfwunden davon. Mittlerweile hatte Hal gemerkt, dass es das Beste war, wenn Ingvar mit seinen zwei Helfern vorausging. Auf diese Weise brachte er nicht auch noch seine Kameraden zu Fall. Außerdem mussten sie sich sowieso an Ingvars Geschwindigkeit anpassen, da sie alle zusammen ankommen wollten.
Schließlich kamen sie müde, zerkratzt und voller blauer Flecken am Fuß des Bergs an. Das Übungsgelände war einige Hundert Schritte entfernt, und obwohl Hal es nicht anders erwartet hatte, deprimierte es ihn doch, als er Tursgud und Rollond an der Ziellinie stehen sah. Irgendwie hatte er gehofft, sie könnten wenigstens einen von ihnen schlagen.
»Hätte nicht einer von ihnen stürzen und sich ein Bein brechen können?«, murrte er wütend.
»Was?«, fragte Stig, der neben ihm herlief.
Hal schüttelte gereizt den Kopf. Unter dem Gejohle der beiden anderen Mannschaften rannten die Seevögel über die Zielgerade. Hal blickte auf das Brett, wo die Zeiten angeschrieben worden waren.
Rollond: 42 Minuten.
Tursgud: 47 Minuten.
Jarst, der die Wasseruhren beaufsichtigte, steckte den Stopper hinein, als der letzte Seevogel – natürlich war es Ingvar – die Ziellinie überquerte. Hal bemerkte verärgert, dass er bereits eine Wasseruhr geleert und mit einer zweiten begonnen hatte. Jarst blickte auf den Wasserspiegel in der zweiten Schüssel und rief: »Seevögel: eine Stunde und zwölf Minuten.«
Die Wölfe und die Haie lachten – die Wölfe am lautesten, weil sie die Siegermannschaft stellten.
Sigurd trat ohne eine Miene zu verziehen nach vorn, um die Zeiten zu wiederholen.
»Am schnellsten war Rollond. Tursgud war zweiter. Am langsamsten war die Mannschaft der Seevögel.«
Die Wölfe jubelten und klopften einander auf den Rücken, um ihren Sieg zu feiern. Zwei von ihnen hoben den grinsenden Rollond auf ihre Schultern und begannen, ihn um das Übungsgelände zu tragen. Die Haie waren etwas zurückhaltender. Hals Blick ging zu Edvin, der müde mit den Schultern zuckte und den Kopf hängen ließ.
»Tut mir leid«, stieß Edvin hervor. »Mein Fehler.«
Hal hätte am liebsten zugestimmt, aber das wäre ungerecht gewesen. Es war seine Entscheidung gewesen. Edvin hatte nur sein Bestes getan, ihn zu beraten.
Gerade wollte er ihm das sagen, als Sigurds laute Stimme ertönte.
» RUHE! SOFORT RUHE UND ABSETZEN !«
Er deutete auf die Jungen, die Rollond auf ihren Schultern trugen, und sein Gesicht war vor Ärger gerötet. Nach und nach verstummte der Jubel. Die Jungen setzten Rollond verlegen wieder auf den Boden und dieser ging mit einem fragenden Gesichtsausdruck zu Sigurd.
»Tut mir leid, Skirl, stimmt etwas nicht?«
»Ja, es stimmt tatsächlich etwas nicht«, antwortete Sigurd. Er schlug mit dem Handrücken auf die Aufgabenliste.
»Dieser Berglauf war eine Mannschaftsaufgabe. Daher sind Rollond und Tursgud disqualifiziert. Die Seevögel haben gewonnen und kriegen einhundert Punkte.«
Er nickte Hal und seiner Mannschaft zu, dann drehte er sich auf dem Absatz um und marschierte davon. Hal hörte das Triumphgeheul seiner Kameraden und verspürte einen mächtigen Schlag auf der Schulter, dass er fast in die Knie ging.
»Danke, Ingvar«, sagte er. Um zu wissen, von wem dieser anerkennende Schlag gekommen war, brauchte er sich nicht einmal umzusehen.
Kapitel dreiundzwanzig
V on nun an wurden die Aufgaben verteilt, wenn die Mannschaften sie am wenigsten
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