Broughton House - Haus der Sehnsucht
Haus weiterzumachen.“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Ich komme mir so dumm vor, Jade. Weshalb hat Marcus mir nicht gesagt, was er von meinen Plänen hält? Warum ließ er mich in dem Glauben, dass … Weshalb habe ich es nicht bemerkt?“
„Du bist kein Übermensch, Nell“, erklärte Jade trocken. „Du kannst nicht alles erraten, auch wenn ich manchmal den Eindruck habe, dass man genau das von uns Frauen erwartet. Du ahnst nicht, was Sam mir neulich vorgeworfen hat. Er behauptete, ich hätte diese Stelle in New York nur angenommen, um mich vor einer festen Bindung mit ihm zu drücken! Da gebe ich mir größte Mühe, ihn nicht unter Druck zu setzen, ihm nicht zu zeigen, wie wichtig er für mich ist. Und er beschuldigt mich, nichts für ihn zu empfinden, obwohl das genaue Gegenteil der Fall ist. Vielleicht hat Marcus deshalb nichts gesagt, Nell. Vielleicht hatte er Angst, dass dir das Haus wichtiger ist als er.“
„Wie bitte?“, fragte Eleanor bestürzt. „Das ist absoluter Unsinn. Marcus weiß, wie viel er mir bedeutet und wie sehr ich ihn liebe. Ich wollte das Haus nur, damit … Nein, du irrst dich bestimmt, Jade. Ehrlich gesagt, ich glaube, Marcus empfindet nicht mehr dasselbe für mich wie ich für ihn. Wenn er mich ansieht, habe ich neuerdings den Eindruck, dass er mich als eine Frau betrachtet, die auf allen Gebieten versagt hat: im Beruf, bei ihren Kindern, bei seiner Tochter und bei ihm.“ Sie schwieg einen Moment. „Hör zu, ich habe deine Zeit schon lange genug in Anspruch genommen. Ich weiß, wie viel du zu tun hast“, fügte sie hinzu und stand auf. „Danke, dass du mir zugehört hast.“
„Dir ist klar, worin dein Hauptproblem besteht, nicht wahr?“, sagte Jade, während sie das Restaurant verließen. „Du bist viel zu bescheiden. Na gut, heute habe ich dir zugehört. Aber wie oft habe ich mich bei dir ausgeheult? Rede mit Marcus, Nell“, drängte sie die Freundin. „Sag ihm, was du für ihn empfindest.“
Eleanor lächelte kläglich. „Ich werde es versuchen. Aber was nützt es, wenn er mir nicht zuhören will?“
Bevor sie zum Makler ging, um ihm mitzuteilen, dass sie nicht länger an Broughton House interessiert wären, wollte Eleanor noch etwas zu erledigen.
Diesmal bat sie Mrs Garvey nicht behutsam, sondern mit fester Stimme, etwas länger zu bleiben, damit die Jungen nach der Schule nicht allein wären.
„Nun, dieses eine Mal geht es ausnahmsweise“, erklärte die ältere Frau verdrießlich.
Eleanor nahm ihre Schlüssel und den Brief an Louise, den sie schon vor Wochen hätte schreiben sollen. Sie musste ihr Leben unbedingt wieder in die Hand nehmen und ihre Ängste vor ihrer Unfähigkeit und einem erneuten Scheitern überwinden. Wenn es tatsächlich zu einer Trennung, zu einer Scheidung zwischen Marcus und ihr kam, musste sie stark sein und …
Tränen verschleierten ihren Blick, während sie in den Wagen stieg und den Motor anließ.
Es war ein stiller, feuchtheißer Septembertag. Die regungslose Luft verstärkte die Ruhe des Parks und der Gärten noch.
Die bunten Astern an den Beeträndern ragten zu den hochgeschossenen Rosen hinauf, als wollten sie sich daran stützen. Überall wuchs Klatschmohn, dessen Kapseln sich einen Weg durch die gewaltigen Minze- und Geranienbüsche bahnten.
Eleanor ließ sich Zeit. Der ganze Nachmittag lag noch vor ihr.
Die Schwertlilien in der Senke waren verblüht. Geblieben waren nur die verdorrten Stängel und die braunen Blütenköpfe.
Über ihr bildete das Spätsommerlaub einen kühlen Baldachin. Der Pfad lag geschützt im Schatten.
Sie weinte erst, als sie den Teich erreichte. Zum ersten Mal gab sie zu, was sie schon seit einiger Zeit wusste: Selbst wenn Marcus das Haus gewollt hätte, wären die Schwierigkeiten, es in das Heim ihrer Träume zu verwandeln, unüberwindbar gewesen. Sowohl der Steuerberater als auch der Architekt hatten versucht, es ihr beizubringen. Aber sie hatte zu viel Angst gehabt, ihren Traum aufzugeben, Angst vor der Einsicht, dass sie den Umzug als Schutz vor der Wirklichkeit und ihren eigentlichen Problemen vorschob.
„Marcus liebt dich“, hatte Jade gesagt. „Sei bitte realistisch. Wie viele Männer geraten gelegentlich in die Versuchung, fremdzugehen, und wie viele Frauen haben gelernt, mit dieser Tatsache fertig zu werden und einfach wegzusehen.“
Doch Eleanor hatte den Kopf geschüttelt. „Ich weiß, was du meinst“, hatte sie geantwortet. „Aber ich kann so etwas nicht. Dabei geht
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