Brown, Dale - Patrick McLanahan - 09 - Mann gegen Mann
russischen Offensive gewesen sein, Herr Minister«, sagte Schramm streng, »werden Deutschland und die NATO sich gegen Russland wenden.«
Der russische Außenminister Iwan Filippow unterdrückte ein glucksendes Lachen – der Anlass war zu ernst, um sich über die NATO oder Deutschlands Rolle im Bündnis lustig zu machen, so lächerlich oder unrealistisch Schramms Drohung auch kleingen mochte. Sein deutscher Kollege war überhaupt nicht in der Lage, Russland mit irgendetwas zu drohen, schon gar nicht mit einem NATO-Gegenschlag.
»Herr Außenminister, ich versichere Ihnen nochmals, dass Russland nach Frieden und Sicherheit für den gesamten Balkan strebt«, sagte Filippow, ohne eine Beteiligung an irgendwelchen dortigen Ereignissen zu leugnen oder zuzugeben. »Unsere auf dem Balkan stationierten Truppen waren in den letzten Wochen wiederholt das Ziel von Angriffen, die sich gegen die NATO und die UN-Friedenstruppe richteten. Wir wissen aus zuverlässiger Quelle, dass der unter deutschem Befehl stehenden Multinationalen Sicherheitsbrigade Süd neue Angriffe drohen. Und wir werden wieder handeln, wenn wir eine Bedrohung als gegeben ansehen.«
»Tatsächlich?«, fragte Schramm skeptisch. »Weshalb haben Sie uns Ihre Informationen nicht zugänglich gemacht? Eine deutschrussische Kampfgruppe wäre sehr effektiv gewesen und hätte zweifellos die Kritik abgebogen, der Sie sich werden stellen müssen, wenn dieser Angriff bekannt wird.«
Obwohl Filippows Verstand noch damit beschäftigt war, die auf ihn einstürmenden Ereignisse zu verarbeiten, entging ihm der Wechsel in Schramms Tonfall nicht. Sein deutscher Kollege sprach gar nicht mehr über den Vorfall auf dem Balkan. Seine Überlegungen gingen in eine ganz andere Richtung, die das genaue Gegenteil von Konfrontation war. »Mir gefällt die Idee, dass Russland und Deutschland in Zukunft kooperieren sollten«, sagte Filippow, »und ich bin froh, dass Sie den Mut und den Weitblick besitzen, die Vorteile einer solchen Kooperation zu sehen.«
Am anderen Ende entstand eine kurze, aber bedeutungsvolle Pause. »Ich bin seit langem der Auffassung, dass der ganze Balkankonflikt von allen Beteiligten große wirtschaftliche und politische Opfer gefordert hat«, sagte Schramm. »Die von den feindlichen Parteien verübten Gräueltaten mussten unterbunden werden. Aber obwohl NATO-Mitglieder und bündnisfreie Staaten hunderte von Millionen Dollar aufgewendet haben, um eine friedliche Lösung herbeizuführen, ist weiterhin kein Ende der Gewalt abzusehen – sie scheint sogar schlimmer zu werden als je zuvor.«
»Ich bin ganz Ihrer Meinung, Herr Minister.«
»Aber wie soll die Lösung letztlich aussehen?«, fragte Schramm hörbar frustriert. »Die feindlichen Parteien auf dem Balkan kämpfen seit Jahrhunderten gegeneinander. Beide Seiten haben barbarische Grausamkeiten verübt, aber weltweit scheinen die Medien immer nur von Übergriffen der Christen gegen die armen Muslime zu berichten. Aus irgendeinem Grund galten die Muslime als die Unterdrückten, und die Amerikaner schienen ihnen zur Hilfe zu kommen.«
»Wir haben lange darüber diskutiert, weshalb die Amerikaner sich dafür entschieden haben, die Muslime zu unterstützen«, sagte Filippow. »Unserer Ansicht nach wollten sie sich damit die Freundschaft und Unterstützung der ölreichen Golfstaaten in der Hoffnung sichern, dass diese ihnen die Errichtung von Stützpunkten gestatten würden, damit die Amerikaner ihre kostbaren und verwundbaren Flugzeugträger aus dem Persischen Golf abziehen können. Sie hatten solche Angst, der Iran oder der Irak könnten einen ihrer Träger im Golf versenken, dass sie einen Pakt mit den Teufeln in der Arabischen Wüste geschlossen haben und ihnen zugesichert haben, ihre muslimischen Glaubensbrüder auf dem Balkan zu unterstützen.«
»Ich weiß nicht, weshalb die Amerikaner sich auf die Seite der Muslime geschlagen haben«, sagte Schramm. »Aber wenn Amerika spricht, muss der Rest der Welt – vor allem die NATO und Europa – zuhören.«
»Keineswegs«, widersprach Filippow. »Deutschland braucht niemandem zu folgen, nicht einmal den Vereinigten Staaten. Als wirtschaftlich stärkster Staat Europas sollte es eine selbstständige Politik verfolgen.«
»Jedenfalls war Deutschland gezwungen, eine Außenpolitik zu unterstützen, die nicht immer in unserem besten Interesse lag«, fuhr Schramm vorsichtig fort. »Wir mussten untätig zusehen, wie die eigene Friedenstruppe muslimische Terroristen
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