Brown, Sandra - Ein skandalöses Angebot
Jared zuwandte. »Ben Lockett genoss in diesem Land großen Respekt. Er war ein weithin einflussreicher Rancher. Das muss
ich Ihnen am allerwenigsten sagen. Trotzdem ist es ihm in
all den Jahren nicht gelungen, eine verbindliche Zusage für
den Bau der Eisenbahnstrecke nach Coronado zu erwirken.«
»Weil er die Leute nicht ausbeuten wollte, die ihn respektierten!«, brüllte Jared.
»Wie dem auch sei, Fakt ist, Sie haben nach wie vor keine
Anbindung an das Schienennetz. Und ich habe zufällig eine
starke Lobby bei der Eisenbahnkommission. Wenn ich dort
nebenbei erwähne, dass Coronado ein schlechtes Risiko ist
...« Er zuckte vielmeinend mit den Schultern. »Wenn ich
aber andererseits betone, dass es ein potenzieller Gewinnfaktor ist, springen sie im wörtlichen Sinne auf den Zug auf.
Wenn Ihr ambitionierter Vater schon daran gescheitert ist,
wie, bitte schön, wollen Sie dieses Ziel ohne meine Hilfe erreichen?«
Seine Arroganz und seine Verve sprangen auf Jared über.
Er stellte sein Glas auf einen kleinen Tisch und fixierte seinen Blick einen langen Moment auf Parker. Der erwiderte
stoisch seinen Blick.
Gefährlich ruhig, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern, erklärte Jared: »Sie sind ein gottverdammter Scheißkerl, Vandiver.«
»Das mag sein«, räumte Parker grimmig ein.
Der junge Lockett richtete seine vom Alkohol rot geäderten Augen auf Kurt, der die Auseinandersetzung schweigend verfolgt hatte. »Und Sie sind keinen Deut besser«,
schnaubte er verächtlich. Sein Blick schweifte von Lauren
zu seiner Mutter und Carson. In seine Züge mischten sich
Abscheu und Resignation. Er drehte sich auf dem Absatz
um und lief mit ausholenden Schritten verärgert aus dem
Raum. Die Tür fiel geräuschvoll hinter ihm ins Schloss.
Carson versuchte diplomatisch zu vermitteln. »Parker,
Kurt, Sie müssen es dem Jungen nachsehen. Er hat vor kurzem den Vater verloren. Bens Tod hat ihn schwer getroffen.«
»Wenn er noch ein Junge wäre, würde ich beide Augen
zudrücken«, gab Parker zurück. »Aber der Mann ist drei ßig
und benimmt sich wie ein verzogener Flegel. Olivia, Sie klären das besser mit ihm. Wenn er bei dieser Unternehmung
kneift, platzt der Deal. Ihr Sohn ist Bens Erbe, das macht
ihn zu einem gefundenen Fressen für die Öffentlichkeit.
Wenn er sein Temperament und seine persönlichen Neigungen nicht zu kontrollieren weiß«, er deutete mit einem
knappen Nicken zu der Anrichte mit den Getränken, »dann
ziehe ich mich aus der Sache zurück. Sonst setze ich letztlich meine eigene Glaubwürdigkeit als Geschäftsmann aufs
Spiel.«
»Ich verstehe Ihre Bedenken, Parker.« Olivias grüne Augen glitzerten kalt wie Smaragde. »Jared wird auf unsere Linie einschwenken. Da bin ich mir ganz sicher.«
Die Selbstverständlichkeit, mit der Olivia diese Zusicherung machte, ärgerte Lauren maßlos. Jared war ein erwachsener, studierter Mann, und er hatte die harten Fakten geschildert. Verständlicherweise fand sie jedoch nicht den
Mut, seiner Mutter Paroli zu bieten.
»Er genießt einen schlechten Ruf. Weshalb, möchte ich
vor Miss Holbrook nicht vertiefen«, setzte Kurt scheinheilig
hinzu.
»Behalten Sie`s für sich, Mr. Vandiver«, giftete Olivia.
»Aber gewiss, Mrs. Lockett. Ich meinte doch bloß ...«
»Ich denke, wir sollten fahren«, unterbrach Parker seinen
Sohn. »Wir haben unseren Standpunkt ausgiebig diskutiert.
Jetzt sollten wir den Locketts Zeit lassen, sämtliche Eventualitäten abzuwägen.« Er erhob sich, trat zu Olivia und
fasste ihre beiden Hände. »Danke für einen reizenden
Abend, Olivia. Das Diner war ausgezeichnet. Die Qualität
der Lockett-Steaks ist unübertrefflich.«
»Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir künftig kooperieren
werden, Parker. Ihre Pläne werden eins zu eins umgesetzt,
mein Wort darauf.«
»Ich hoffe es.«
Kurt wünschte Lauren eine gute Nacht. Dieses Mal berührten seine fleischigen Lippen ihren Handrücken. Sie unterdrückte den Reflex, ihre Hand wegzuziehen. Als die
schwere, bleiverglaste Eichentür hinter den Vandivers ins
Schloss fiel, atmete sie erleichtert auf.
Carson, Olivia und Lauren verharrten in der Halle. Im
Haus war es still. Unvermittelt wandte sich die junge Frau
mit einem beschwörenden Blick der Hausherrin zu. »Mrs.
Lockett, warum haben Sie die Vandivers hinsichtlich meiner
Person belogen? Sie haben mich zur unfreiwilligen Komplizin Ihrer Lüge gemacht, wissen Sie das?« Sie war erstaunt
über ihre Selbstsicherheit, aber Ehrlichkeit
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