Brown Sandra
Klinge. Sie hätte tödlich sein können.
»Jesus«, fluchte er. »Was hatten Sie eigentlich mit dem verdammten Ding vor?«
Jade ließ den Brieföffner auf den Schreibtisch fallen und sank gleichzeitig auf den Stuhl. »Mich wehren.«
Sie war blaß, zitterte und war außer Atem, aber ansonsten schien ihr nichts passiert zu sein. Als er sah, daß sie in Ordnung war, ließ er seiner Wut freien Lauf. »Sie hätten mich fast erstochen!«
Jade stützte den Ellbogen auf den Tisch und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. »Und Sie hätten sich nicht so heranschleichen dürfen.«
»Ich habe mich nicht angeschlichen. Ich habe draußen einen Höllenlärm veranstaltet und zweimal Ihren Namen gerufen.«
»Warum haben Sie mich nicht geweckt?«
»Ich wollte Sie nicht erschrecken.«
»Oh, deshalb haben Sie sich auch über mich gebeugt, als wollten Sie mich ersticken.«
Er ließ einen Stapel Flüche los.
»Was machen Sie hier überhaupt? Wie spät ist es denn?«
Sie war offensichtlich noch immer nicht ganz wach und ziemlich durcheinander.
»Noch nicht sehr spät«, antwortete er. »Kurz nach elf.«
»Guter Gott«, murmelte sie und hob das Telefon auf. Dillon blieb neben ihr am Schreibtisch stehen und sah auf sie hinunter, während sie zu Hause anrief. »Ich bin froh, daß Sie gekommen sind«, sagte sie, als sie aufgelegt hatte. »Cathy hat sich schon Sorgen gemacht, aber sie wollte mich nicht bei der Arbeit stören.«
»Verdammt noch mal, was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, so spät allein hier draußen zu bleiben?« fragte er ärgerlich. »Sie können von Glück sagen, daß ich es war, der hier reingekommen ist.«
»Ich hatte zugeschlossen.«
»Ach, das hält natürlich auch jeden Eindringling ab.«
»Nun, es ist ja nichts Tragisches passiert. Vergessen wir das Ganze einfach, okay?«
Ihr belehrender Ton verfehlte nie seine Wirkung bei ihm, und er mußte sich auf die Lippe beißen. Als sie um den Tisch kam, stellte er sich ihr in den Weg. »Wir vergessen das Ganze, wenn ich es sage. Eine Frau hat hier draußen, allein in der Dunkelheit, nichts zu suchen.«
»Darf ich Sie daran erinnern, daß Sie sich nicht in der Position befinden, mir Befehle zu erteilen?«
»Zum Teufel mit Ihren Positionen. Das hier hat nichts mit der Arbeit zu tun. Außerdem – Sie kommen mir immer nur mit diesem Autoritätsmist, wenn Sie wissen, daß ich recht habe.«
Ihr Blick loderte auf. »Loner hätte bei jedem anderen gebellt und mich gewarnt.«
Dillons Gesicht kam näher. »Ach, tatsächlich?«
»Ja, tatsächlich.«
»Nun, nur zu Ihrer Information: Loner war gar nicht hier«, sagte Dillon leise. »Er war unterwegs, auf Brautschau. Wenn er Erfolg gehabt hätte, wäre er wahrscheinlich nicht vor Tagesanbruch wiedergekommen.«
Jade senkte irritiert und beschämt den Blick. »Ich weiß Ihre Sorge um meine Sicherheit zu schätzen.«
»Überschätzen Sie sich nicht. So furchtbar besorgt bin ich gar nicht um Sie. Ich versuche lediglich, jemandem etwas Verstand einzubleuen, der scheinbar nur Scheiße im Kopf hat.«
Ihr Kopf schnellte wieder hoch. »Ach, gut, daß Sie das gerade sagen. Es erinnert mich daran, daß ich Sie bitten möchte, Ihre Ausdrucksweise in Gegenwart meines Sohnes zu mäßigen.«
»So, Sie haben also gelauscht, wenn ich mich mit Graham unterhalten habe?«
»Ganz und gar nicht. Er zitiert Sie nur dauernd. Er findet Sie verdammt toll.«
Dillon fühlte sich geschmeichelt. »Wirklich?«
»Wirklich. Also passen Sie auf, was Sie in seiner Anwesenheit sagen.«
»Ich habe keine Ausdrücke benutzt, die er nicht auch im Kabelfernsehen oder in seinem Klassenzimmer hören würde.«
»Darum geht es doch nicht, oder?«
»Doch, genau darum geht es. Wenn Sie nicht wollen, daß Graham ein kleiner Klugscheißer wird, lassen Sie die Leine etwas locker. Lassen Sie ihn auch mal fluchen. Er ist zuviel mit Frauen zusammen. Es tut ihm gut, hier draußen auch mal mit Männern Zusammensein zu können.«
»Was mich auf noch etwas bringt. Bitte ermutigen Sie ihn nicht, mit dem Fahrrad herzukommen.«
»Das habe ich nicht getan.«
»Hat er aber behauptet.«
»Ich habe es nicht getan.«
»Sie haben nie mit ihm darüber gesprochen, ob er mit dem Fahrrad herkommen kann?«
»Klar, das Thema hatten wir einmal. Ich habe ihm gesagt, das müßten Sie entscheiden.«
»Nun, da ich seine Mutter bin, danke ich Ihnen dafür.«
Plötzlich wußte er, daß er sie noch einmal küssen würde. Es war völlig verrückt, aber er würde es einfach tun, und nichts und niemand konnte
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