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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
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Musikszene hatte sich inzwischen radikal verändert. Tonangebend war jetzt der raue, aggressive Sound der Clash, Sex Pistols und Ramones. Wieder empfand Bruce eine geradezu existentielle Angst. Wieder einmal ging er in der Überzeugung ins Studio, dass die nächsten Aufnahmen seine letzten sein könnten. »[Ich] war mir nicht sicher, ob das nicht vielleicht meine letzte Platte werden würde«, erklärte er Zimny. »Jetzt musste alles raus, mit dieser Platte musste alles gesagt werden. Denn möglicherweise gab es kein Morgen mehr, sondern nur noch diesen einen Augenblick.«
    Sein Leben hatte sich durch den Erfolg und den Ruhm grundlegend verändert. Die Auswirkungen waren extrem. Allein dadurch, dass er sich kurzzeitig auf den Medienzirkus eingelassen hatte, fühlte sich Bruce »von allem entfremdet, was ich bisher gesucht hatte. Und das machte mir Angst. Ich begriff, dass alles, was mich ausmachte, tief in meinem Inneren lag. Dieser Wesenskern war geprägt von der Gegend, in der ich aufgewachsen war, den Menschen, die ich gekannt, und den Erfahrungen, die ich gemacht hatte.«
    Anders ausgedrückt: Der Fluch des Ruhms lag bereits auf ihm. Wenn seine nächste Platte floppte, wäre sein Fluch, vergessen zu werden. Man konnte es drehen und wenden, wie man wollte: Er war verflucht. Vielleicht sind Katholiken für solche Gedanken besonders anfällig, doch Bruce’ Höllenfeuer wurde weniger durch den gerechten Zorn Gottes geschürt als durch seine ganz persönlichen Dämonen – womöglich dieselben Dämonen, die seinen Vater heimsuchten, wenn er an seinem Tisch in der dunklen Küche saß. »In vielen Songs [aus dieser Zeit] spielt das Thema Sünde, von dem ich damals regelrecht besessen war, eine große Rolle«, erklärte er Zimny. »Wie macht sie sich bemerkbar? Wie macht sie sich bemerkbar in einem rechtschaffenen Leben? Denn auch in einem rechtschaffenen Leben spielt sie eine wichtige Rolle. Wie also geht man damit um? Man wird sie nicht los. Wie kann man mit seinen Sünden leben?«
    Den Weg zu seiner Erlösung sah er deutlich vor sich: »Ich wollte mehr sein als reich, berühmt oder glücklich; ich wollte außergewöhnlich sein.« Das war nicht leicht. Im Gegenteil. »Er musste alles geben, bis zur völligen Verausgabung, bis er im Delirium war und anschließend zusammenbrach, seelisch und körperlich«, sagt Roy Bittan. »Diese Stufe der Kreativität kann man nicht bewusst erreichen. Man muss einen Zugang unter der Oberfläche finden.« Bruce wusste das. »Es war der einzige Weg, den wir kannten«, erklärte er Zimny. »Meine zwangsneurotische Veranlagung trieb mich oft dazu, [alle] verrückt zu machen. Es war mitunter ziemlich gefährlich, in meiner Nähe zu sein.«
    Zum Beispiel für den Roadmanager Rick Seguso. Seit man ihm während des Prozesses gegen Appel kleinere Managementaufgaben übertragen hatte, glaubte er, das Heft in der Hand zu halten. Er schlug vor, ein In-House-Management aufzubauen. Auf die Zusammenarbeit mit Leuten von außen wollte er verzichten, weil die ihre Situation nicht einschätzen konnten und vielleicht nicht mit dem Herzen dabei waren. Bruce stimmte dem Vorschlag weder zu noch lehnte er ihn ab, sodass sich Seguso in einer undankbaren Lage befand. Seine Aufgabe war nicht klar, aber er war für vieles verantwortlich. Das wurde ihm zum Verhängnis. Er sollte den Terminplan von Clarence Clemons, der sich für eine Rolle in Martin Scorseses Film New York, New York verpflichtet hatte, mit dem Tourplan der Band unter einen Hut bringen. Zwei an aufeinanderfolgenden Abenden im Oktober angesetzte Konzerte in Philadelphia kollidierten mit einem Drehtermin in Los Angeles, zu dem Clemons in letzter Minute bestellt worden war. Robert De Niro, der neben Liza Minnelli die Hauptrolle spielte, rief bei Bruce an und beschwerte sich. Die beiden Männer waren miteinander befreundet, und als großer Filmfan bewunderte Bruce De Niro sehr. Er zeigte größtes Verständnis für dessen Verärgerung und stellte Seguso zur Rede. Dessen Erklärungen, dass die für den Film Verantwortlichen ihre Wünsche oft erst sehr spät mitteilten und sich dann auch noch reichlich unpräzise ausdrückten, ließen Bruce kalt. »Bring das in Ordnung!«, befahl er. Mit flatternden Nerven kontaktierte Seguso den Konzertveranstalter in Philadelphia und bat ihn, die zweite Show um vierundzwanzig Stunden zu verschieben, damit Clemons einen Nachtflug nach Kalifornien nehmen, seine Szene drehen und per Nachtflug nach Philadelphia

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