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Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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kicherte und bemerkte, er werde sie hoffentlich immer auf Händen tragen. Sie waren beide erleichtert, als sie endlich wieder ausgestreckt im Bett lag. Krause zog sich einen der Stühle näher heran und setzte sich zu ihr.
    »Als ich mit Gunhild telefoniert habe, hat sie gesagt, dass wir unbedingt mal wieder zusammenkommen sollten. Und dass es schade wäre, die privaten Kontakte ganz einschlafen zu lassen. Und stell dir vor, sie ist auf dieselbe Idee gekommen wie ich, nämlich sich für Jugendliche einzusetzen, die hier keine Chance mehr haben. Ich habe mich richtig gefreut. Wir wollen uns zusammen überlegen, wie wir uns einbringen können. Sie findet auch meine Idee gut, dass ich den Führerschein machen will. Und es ist wirklich toll, dass Gunhild …«
    Wally bemerkte, dass ihr Mann wieder einmal im Begriff war einzunicken. Mit einem friedlichen Lächeln im Gesicht.

VIERZEHNTES KAPITEL
     
    Am Morgen des achten Tages holte Müller Kim aus der Wohnung ab, um mit ihm einzukaufen und ihn mit dem Nötigsten auszustatten. Erfreulicherweise sah der Nordkoreaner erholt aus und bemerkte, er habe zum ersten Mal seit Langem wieder richtig tief geschlafen. Er sah Müller an und bemerkte mit einem Lächeln: »Und du warst bei deiner Frau.«
    »Ja, das war ich«, erwiderte Müller gut gelaunt.
    In den nächsten zwei Stunden bekam Kim eine Menge zu sehen. Er bestand darauf, sich noch den Keller anzuschauen, und war beeindruckt von der Sauberkeit und Ordnung. Danach trödelten sie durch eine enge Wohnstraße bis zu einer belebten Fußgängerzone. Dort reihte sich zu beiden Seiten ein Geschäft ans andere, und Kim bemerkte: »Es ist alles wie in Seoul.«
    »Richtig«, sagte Müller. »Das ist Globalisierung. Und jetzt lass uns mal in den Laden da gehen!«
    »Aber da gibt es nur Kleidung!«
    »Ja und? Du brauchst doch noch alles Mögliche.«
    Sie kauften alles, von Unterwäsche über Socken und T-Shirt bis zu Hose und Pullover. Nach einer guten Stunde waren sie wieder draußen, stellten die Taschen auf den Gehweg und grinsten sich triumphierend an, als hätten sie eine gefährliche Unternehmung gemeistert.
    »Jetzt bringen wir das nach Hause, und dann gehen wir was für den Kühlschrank einkaufen.«
    »Ich brauche nur Brot, und vielleicht etwas Käse.«
    »Merk dir den Weg zu deiner Wohnung, präg dir bitte jeden Meter ein. Wenn du hier bist, siehst du da vorn Taxis. Und du siehst die Treppe da. Da geht es runter zur U-Bahn. Da drüben halten die Busse. Wenn du mal ganz schnell hier wegkommen willst, spring einfach rein, kümmere dich nicht darum, wohin das Ding fährt. Nur reinspringen! Aber das Beste ist immer ein Taxi!«
    »Warum sagst du das schon wieder?« Kim war verunsichert, in seinen Augen stand Angst.
    »Ich weiß nicht, was passieren kann. Aber die Leute, die uns in Seoul verprügelt haben, sind manchmal auch hier.«
    Sie brachten Kims neue Sachen in die Wohnung, er räumte sie fast ehrfürchtig in den Schrank, betrachtete dabei jedes Teil eingehend und stellte dann unvermittelt fest: »Und wenn ich zurück will nach Seoul, bringst du mich zurück.«
    »Ja«, nickte Müller. »Das bleibt dabei. Und jetzt gehen wir wieder los.«
    »Wenn deine Leute mich befragen wollen, bist du dann dabei?«
    »Darum werde ich bitten.«
     
    Der Supermarkt war riesig, das Gedränge groß.
    »Pass auf«, sagte Müller. »Du gehst vor mir her, schaust dir in Ruhe alles an und nimmst dir, was du brauchst. Und ich schiebe den Wagen hinter dir her.«
    »Das ist doch verrückt«, sagte Kim und lachte.
    »Nein, das ist auch Globalisierung.«
    Sie brauchten fast eine Stunde und hatten trotzdem nur wenig in den Wagen geladen. Fassungslos hatte Kim vor den Nudelregalen gestanden und schließlich unentschlossen das eine oder andere herausgenommen und nach kurzer Begutachtung wieder zurückgestellt.
    Noch fassungsloser starrte er auf das lange Regal mit Tiernahrung. Anfangs schien er nicht zu begreifen, dann deutete er auf das riesige Angebot und lachte. Aber schon nach wenigen Sekunden erstarb das Lachen auf seinem Gesicht. Er drehte sich zu Müller um und sagte: »Weißt du, wir haben zur Not sogar Hunde und Katzen gegessen, wenn wir Hunger hatten. Und bei euch kriegen die Tiere besseres Essen als bei uns die meisten Menschen. Das ist nicht richtig!«
    »Es gibt auch bei uns Leute, die das essen, weil sie sich was Besseres nicht leisten können«, sagte Müller ganz sachlich.
    Als sie sich auf den Rückweg machten, hatten sie sogar ein einfaches

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