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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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erkundigte sich Jumbo.
    »Die Platzwarte haben Freitagabend eine Persenning über das
    Infield gedeckt. Das Outfield ist aber ziemlich aufgeweicht,
    und dann muß noch einiges unternommen werden, um die
    Stellen trockenzulegen, wo die Persenning versagt hat. Mr.
    Sayigh schlägt vor, daß sich in gut einer Stunde Freiwillige aus beiden Lagern einfinden, um mit anzupacken.«
    »Verstanden, Sir.«
    »Ich will euch ja nicht zu nahe treten, aber ihr macht mir
    beide den Eindruck, als müßtet ihr auch ein bißchen
    trockengelegt werden. Ihr seid diese Nacht nicht zufällig
    unterwegs gewesen? Ein bißchen Armdrücken mit John
    ∗
    Barleycorn?«
    »Wir haben uns einen Film angesehen«, sagte Jumbo.
    Drei, dachte ich.
    Mister JayMac sah mich kritisch an. »Hast du nicht
    geschlafen? So kenn ich dich ja gar nicht.«
    »Die Arbeit unter freiem Himmel wird ihm guttun«, sagte
    Jumbo.

    ∗ John Barleycorn ist die scherzhafte Personifizierung eines alkoholischen Getränks – vornehmlich alkoholarmes Malzbier.

    »Ich möchte betonen«, sagte Mister JayMac und schob mit
    den Brauen steile Falten, »daß weder Mr. Sayigh noch ich von
    jemandem erwarten, daß er arbeitet, wenn er den Morgen
    lieber vertändeln oder zum Gottesdienst will. Also wenn ihr
    nicht helfen wollt, den Platz in Schuß zu bringen, dann hätte
    ich schon gerne, wenn ihr mit zur Kirche kommt.«
    »Wir helfen«, sagte Jumbo.
    »In Ordnung. Wenn alles gutgeht, dann beginnt das
    Eröffnungsspiel um zwei. Die Leitstelle der Gendarmes will
    die Zeit über Rundfunk bekanntgeben und an die Leute, die
    aus der Kirche kommen, Flugblätter verteilen. Ich gehe davon
    aus, daß das Stadion gut besetzt ist.«
    »Jawohl, Sir«, sagte Jumbo.
    Mir fiel die mißhandelte Steiftierziege in die Hand, und ich
    übergab sie Mister JayMac.
    »Was ist das denn?« sagte er.
    »Ein Spielzeug«, sagte Jumbo. »Bitte, geben Sie das Mr.
    Hoey zurück, der es uns in einem peinlichen Arrangement aufs
    Zimmer schicken ließ.«
    »Normaler Verschleiß ist das nicht«, sagte Mister JayMac.
    War es auch nicht. Dieser Ziegenbock war schlaff wie ein
    Tischtuch. Mister JayMac drehte und wendete das leere Tier,
    dann verabschiedete er sich. Halt! Ich gab ihm noch die
    abgerissenen Knopfaugen. Er bekam eine krause Stirn und
    ging.
    Jumbo und ich staffierten uns baseballmäßig aus, winkten ein
    Taxi heran und ließen uns zum Stadion fahren. Wie zu
    erwarten, waren die Platzwarte, sechs oder sieben an der Zahl, längst bei der Arbeit. Mit Rechen, Besen, Zinkeimern,
    hölzernen Planierschleppen und Leinensäcken voll Sand oder
    Sägemehl mühten sie sich ab, den Platz wieder bespielbar zu
    machen. Jumbo und ich gingen zusammen mit Dunnagin,
    Knowles und Sudikoff und etwa zehn Gendarmes an die

    Arbeit. Die meisten von uns gingen diesen beschissenen
    Sondereinsatz mit Humor an, klopften weise Sprüche und
    stimmten Lieder an. Alles lief bestens.
    Heutzutage gibt es viele Methoden, einen Platz
    trockenzulegen. Man kann diese läppische Chemikalie namens
    Diamond Dry versprühen und warten, bis sie das Wasser absorbiert hat. Man kann die Pfützen mit einer Maschine
    aufsaugen. Oder Benzin auf die nassen Stellen schütten, ein
    brennendes Streichholz hineinschmeißen und einen Teil der
    Nässe wegkochen. (Natürlich kann man so auch das Stadion
    abfackeln.) Lieber Himmel, heutzutage heuert man einen
    Helikopter an, der wie ein riesiger Fön über dem Morast
    schwebt.
    Damals hatte aber noch keiner was von Diamond Dry oder Saugmaschinen gehört. Wegen der Rationierung und der
    Gefahr für die Tribünen wäre auch keiner auf die Idee
    gekommen, Benzin zu benutzen. Und Helikopter? Ha! Erst ‘39
    gelang es Sikorsky* – Vorname Igor – einem von diesen
    schwerfälligen, neumodischen Apparaten das Fliegen
    beizubringen.
    Damals war das eben anders. Man ging den Platzwarten zur
    Hand, indem man den Besen schwang, um das Wasser zu
    verteilen, indem man Eimerbrigaden bildete, um es
    aufzuschöpfen und woanders hinzukippen, und indem man
    Ablaufrinnen grub. An jenem Sonntagmorgen fegten die einen,
    andere schöpften, und wieder andere verstreuten Sägemehl
    oder Heu. Bis Mittag hatten Jumbo und ich uns total
    verausgabt, aber unsere Plackerei garantierte ein bis zwei
    Spiele am Nachmittag, und ein paar Gendarme-Frauen
    brachten uns Essen in geschlossenen Behältern. Das war
    Jumbos erste Mahlzeit seit der ›elektrischen Orgie‹ auf dem
    Tribünendach: Grüne Maiskolben mit Sahnesoße, grüne
    Bohnen,

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