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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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verfluchten Biestern kam dem Ball in die
    Quere. Er blieb unbeirrt auf seinem Kurs, einem knallharten,
    niedrigen Bogen zu Charlie Snow. Sie wichen ihm aus, wie sie
    es mit jedem anderen fliegenden Räuber taten, mit Hilfe von
    Ultraschallpeilung nämlich und nicht zuletzt, weil sie
    ausgesprochene Artisten sind. Snow rannte unter der quirligen
    Wolke mit dem Ball um die Wette, wie das DiMaggio und
    später auch Mays* machte, um sich im letzten Augenblick
    umzudrehen und den Ball in die Zange zu nehmen.
    Doch die Fledermäuse irritierten ihn. Er sah sich zu früh nach dem Ball um und mußte kräftig nachsetzen. Jeder konnte
    sehen, daß Snow auf Kollisionskurs mit dem Zaun war. Als der
    Ball herunterkam, muß Charlie das gespürt haben. Er
    versuchte, sich zu schützen und gleichzeitig den Ball zu
    fangen.
    Er rasselte dagegen, ein Bein hoch, um mit der Schuhkante
    den Kopflauf des Zauns zu treffen, in Hüfthöhe den Ball zu
    schnappen, sich abzustoßen und mit heilen Knochen im Gras
    zu landen – um das Shutout von Darius und Fadeaway zu
    retten. Doch die Spikes oder der Zaun oder ein verrückter Dreh von Walls abstürzendem Wurf machten ihm einen Strich durch
    die Rechnung. Ein Spike verhedderte sich. Charlie löste sich
    nicht, sondern machte mitsamt dem Ball einen Salto über den Zaun hinweg. Als er nicht gleich wieder aufstand, schwoll mir
    ein schrecklicher Kloß im Magen.
    »Das ist ein Home Run«, sagte einer der farbigen
    Schiedsrichter. »Er hat ihn zwar gefangen, aber er ist nicht
    mehr auf die Füße gekommen.«
    Garcia, Davies und Wall nahmen ein Base nach dem anderen.
    Drei zu zwei für die Dominicans. Major Dexter zeigte das
    Ergebnis an.
    Ich war nicht der einzige, der zum Center lief. Snow lag noch
    immer zusammengekrümmt hinter dem Zaun, und Muscles

    und Skinny, unsere anderen Outfielder, kletterten über den
    Zaun, um sich zu kümmern. Aus der Lunge abwärts saß mir
    ein zwei mal vier Zoll großer Splitter im Leib. Am
    Maschendraht im Center fiel ich auf die Knie wie ein Sünder
    im Beichtstuhl und fragte Muscles, wie es denn um die
    Schönheit unseres Helden bestellt sei.
    »Gar nicht gut.« Muscles hatte Sand in der Stimme, den
    Abrieb von frischem Schmirgelpapier. »Schlecht, um ehrlich
    zu sein.«
    »Werft den Ball ein«, kam Snows Stimme aus einem
    Paradies irgendwo außerhalb unserer Atmosphäre. »Nagelt den
    Komiker ans Third.«
    »Sei jetzt einfach still«, sagte Muscles zu ihm. »Dafür ist es zu spät.«
    »Ja, ja«, sagte Snow fast zärtlich. »Ich weiß.« Er lag da und
    blutete. Die Wunde an seinem Knöchel sprudelte. Muscles
    versuchte die Blutung mit seinem braunen Hemd abzubinden,
    das im Nu eine weiche rostrot schillernde Masse war und einen
    Geruch von Schweiß und Blut verströmte, den ich nie wieder
    riechen möchte. Die Fledermäuse drehten ab und kehrten zu
    ihren Dachgeschossen zurück. Mit ihnen verschwand der
    Teppich aus quirlenden Schatten und überließ uns der grausam
    sengenden Sonne.
    Jemand – Mister JayMac? Major Dexter? – rief nach einem
    Arzt und einer Ambulanz. Dummglotzer aller Ränge und
    Schattierungen stellten sich ein.
    »Jesus, mein Gott, er verblutet!« schrie Muscles.
    »Halt durch, Cha-Charlie«, sagte ich durch den
    Maschendraht.
    Es kam keine Ambulanz, doch der Jeep mit General Gordon
    Holway, dem Oberkommandierenden des Camp, fuhr vor. Der
    General stieß den Schlag auf, auf dem THE OLD MAN über

    dem fünfzackigen Stern prangte, sprang heraus und bahnte sich
    energisch den Weg.
    Fahren Sie dahin, tun Sie das, verlangen Sie den, bellte er
    Soldaten und Spieler an, und so, wie die Jungs spurten, wurde
    mir ein bißchen leichter ums Herz. Inzwischen war auch
    Mister JayMac zur Stelle. Er stand neben mir, wie die
    Kehllappen eines Truthahns pulsierte sein Hals über mir.
    »Hämophilie!« sagte er. »Wir müssen etwas für ihn tun, und
    zwar verdammt schnell.«
    »Was?« General Holway blinzelte zu Mister JayMac hinauf, aus Augen so schmal und blau wie Forellenkiemen.
    »Er ist Bluter«, sagte Mister JayMac. »Nicht hochgradig,
    aber ein Bluter. Das Blut gerinnt nicht, wie es sollte.«
    General Holway erhob sich. »Ein Bluter? Und er spielt
    Baseball? Sie lassen das zu?«
    »Ich muß spielen«, sagte Snow mit papierenen Lippen. »Es
    gibt nichts anderes für mich.«
    Henry tauchte neben mir auf und setzte im Stützschwung
    über den Zaun. Er nahm den verletzten Charlie Snow auf die
    Arme.
    »Krankenhaus? Lazarett? Wo können wir ihn

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