Brüchige Siege
verfluchten Biestern kam dem Ball in die
Quere. Er blieb unbeirrt auf seinem Kurs, einem knallharten,
niedrigen Bogen zu Charlie Snow. Sie wichen ihm aus, wie sie
es mit jedem anderen fliegenden Räuber taten, mit Hilfe von
Ultraschallpeilung nämlich und nicht zuletzt, weil sie
ausgesprochene Artisten sind. Snow rannte unter der quirligen
Wolke mit dem Ball um die Wette, wie das DiMaggio und
später auch Mays* machte, um sich im letzten Augenblick
umzudrehen und den Ball in die Zange zu nehmen.
Doch die Fledermäuse irritierten ihn. Er sah sich zu früh nach dem Ball um und mußte kräftig nachsetzen. Jeder konnte
sehen, daß Snow auf Kollisionskurs mit dem Zaun war. Als der
Ball herunterkam, muß Charlie das gespürt haben. Er
versuchte, sich zu schützen und gleichzeitig den Ball zu
fangen.
Er rasselte dagegen, ein Bein hoch, um mit der Schuhkante
den Kopflauf des Zauns zu treffen, in Hüfthöhe den Ball zu
schnappen, sich abzustoßen und mit heilen Knochen im Gras
zu landen – um das Shutout von Darius und Fadeaway zu
retten. Doch die Spikes oder der Zaun oder ein verrückter Dreh von Walls abstürzendem Wurf machten ihm einen Strich durch
die Rechnung. Ein Spike verhedderte sich. Charlie löste sich
nicht, sondern machte mitsamt dem Ball einen Salto über den Zaun hinweg. Als er nicht gleich wieder aufstand, schwoll mir
ein schrecklicher Kloß im Magen.
»Das ist ein Home Run«, sagte einer der farbigen
Schiedsrichter. »Er hat ihn zwar gefangen, aber er ist nicht
mehr auf die Füße gekommen.«
Garcia, Davies und Wall nahmen ein Base nach dem anderen.
Drei zu zwei für die Dominicans. Major Dexter zeigte das
Ergebnis an.
Ich war nicht der einzige, der zum Center lief. Snow lag noch
immer zusammengekrümmt hinter dem Zaun, und Muscles
und Skinny, unsere anderen Outfielder, kletterten über den
Zaun, um sich zu kümmern. Aus der Lunge abwärts saß mir
ein zwei mal vier Zoll großer Splitter im Leib. Am
Maschendraht im Center fiel ich auf die Knie wie ein Sünder
im Beichtstuhl und fragte Muscles, wie es denn um die
Schönheit unseres Helden bestellt sei.
»Gar nicht gut.« Muscles hatte Sand in der Stimme, den
Abrieb von frischem Schmirgelpapier. »Schlecht, um ehrlich
zu sein.«
»Werft den Ball ein«, kam Snows Stimme aus einem
Paradies irgendwo außerhalb unserer Atmosphäre. »Nagelt den
Komiker ans Third.«
»Sei jetzt einfach still«, sagte Muscles zu ihm. »Dafür ist es zu spät.«
»Ja, ja«, sagte Snow fast zärtlich. »Ich weiß.« Er lag da und
blutete. Die Wunde an seinem Knöchel sprudelte. Muscles
versuchte die Blutung mit seinem braunen Hemd abzubinden,
das im Nu eine weiche rostrot schillernde Masse war und einen
Geruch von Schweiß und Blut verströmte, den ich nie wieder
riechen möchte. Die Fledermäuse drehten ab und kehrten zu
ihren Dachgeschossen zurück. Mit ihnen verschwand der
Teppich aus quirlenden Schatten und überließ uns der grausam
sengenden Sonne.
Jemand – Mister JayMac? Major Dexter? – rief nach einem
Arzt und einer Ambulanz. Dummglotzer aller Ränge und
Schattierungen stellten sich ein.
»Jesus, mein Gott, er verblutet!« schrie Muscles.
»Halt durch, Cha-Charlie«, sagte ich durch den
Maschendraht.
Es kam keine Ambulanz, doch der Jeep mit General Gordon
Holway, dem Oberkommandierenden des Camp, fuhr vor. Der
General stieß den Schlag auf, auf dem THE OLD MAN über
dem fünfzackigen Stern prangte, sprang heraus und bahnte sich
energisch den Weg.
Fahren Sie dahin, tun Sie das, verlangen Sie den, bellte er
Soldaten und Spieler an, und so, wie die Jungs spurten, wurde
mir ein bißchen leichter ums Herz. Inzwischen war auch
Mister JayMac zur Stelle. Er stand neben mir, wie die
Kehllappen eines Truthahns pulsierte sein Hals über mir.
»Hämophilie!« sagte er. »Wir müssen etwas für ihn tun, und
zwar verdammt schnell.«
»Was?« General Holway blinzelte zu Mister JayMac hinauf, aus Augen so schmal und blau wie Forellenkiemen.
»Er ist Bluter«, sagte Mister JayMac. »Nicht hochgradig,
aber ein Bluter. Das Blut gerinnt nicht, wie es sollte.«
General Holway erhob sich. »Ein Bluter? Und er spielt
Baseball? Sie lassen das zu?«
»Ich muß spielen«, sagte Snow mit papierenen Lippen. »Es
gibt nichts anderes für mich.«
Henry tauchte neben mir auf und setzte im Stützschwung
über den Zaun. Er nahm den verletzten Charlie Snow auf die
Arme.
»Krankenhaus? Lazarett? Wo können wir ihn
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