Brüchige Siege
rauchte eine Camel.
Mir war, als hörte ich Phoebe mit einem Erwachsenen reden.
Hitch? Shirleen? Gut so. Ein überempfindliches Mädel in dem
Alter ließ man besser nicht mit so einem Laden allein. War
schon riskant.
12
DARIUS, DER UNS HEUTE FRÜH im Braunen Bomber zum
Training gefahren hatte, tauchte erst jetzt wieder auf. Er trug Spikes und Knickerbocker und ein enges T-Shirt, eine Art
Unterhemd, das die Muskulatur des Oberkörpers nicht
versteckte. Die Arme sahen aus wie Aale, die als
Gewichtheber trainiert hatten. Er jagte Aufwärmwürfe zu
Dunnagin.
Tja, sogar in Tenkiller hatte ich von Satchel Paige gehört.
1943, fünf Jahre bevor sich die großen Ligen in Gestalt der
Cleveland Indians für ihn entschieden hatten, da war Paige schon eine Legende gewesen – als Pitcher in den Schwarzen
Ligen oder in den Shows, mit denen die schwarzen Artisten
über die Dörfer zogen. Es hieß, er werfe einen unsichtbaren Fast-Ball.* Manchmal soll Paige seine Feldspieler
zusammengerufen und den Gegner nur durch Strikeouts*
erledigt haben. Niemand soll so unschlagbar geworfen haben wie Satchel Paige. Ein schwarzer Sportreporter in Kansas City
hat einmal Paiges rechten Arm ein ›Katapult aus Bronze‹
genannt.
Es gab andere schwarze Baseballspieler, die so talentiert
waren wie Paige, doch Paige hatte Charisma, und Paige hatte
Presse – die damals noch kaum Notiz nahm von farbigen
Spielern. Und so erfuhr man nie von Hilton Smith, einem
Pitcher der Kansas City Monarchs, der zwischen ‘40 und ‘46
womöglich der weitbeste Pitcher war. 1941 schlugen Stan
Musial und Johnny Mize in einem Schaukampf gegen Smith –
das heißt, sie versuchten gegen ihn zu schlagen – und beide behaupteten später, noch nie solche Curve-Bälle* erlebt zu
haben.
Darius Satterfield, der nicht in der CVL spielen durfte, weil
seine Haut zuviel Pigment hatte, hatte ungelogen das Zeug von
Satchel Paige und Hilton Smith – ein Arsenal von Würfen
nämlich, daß einem die Augen übergingen. Ich sah ihm nur
beim Aufwärmen zu und wußte sofort, daß ich noch nie
jemanden gesehen hatte, der so warf wie er. Nicht einen. Er warf wie ein austretendes Maultier oder ein Hase, der
blitzschnell einen Ausweg sucht, je nach Erfordernis, war aber der einzige Spieler auf dem Platz, den Mister JayMac nicht
Mister nannte.
Eine Reihe von Hellbenders taten sich schwer mit seiner
Rolle – nicht mit dem Busfahrer oder Gepäckträger oder dem
Sanitäter, der Arme und Beine verarztete (nach guter
Niggertradition). Nein, was manche störte – nicht Hoey oder
∗
Dunnagin oder die meisten Anfänger, ob Dixies oder Okies –
es störte sie, daß sie mit ihm spielen sollten. Als könnten sie sich trotz Schlagholz oder Handschuh an dem Ball aus der
Hand des Niggers irgendwie mit Afrika infizieren.
Get that nigger off the field! Die ekelhaftesten Querulanten im Team waren Trapdoor Evans, Jerry Wayne Sosebee, Norm
Sudikoff und Turkey Sloan (ausgerechnet) und, wie sich bald
herausstellte, auch Philip Ankers. Sie wollten Darius als
Packesel, nicht als Mitspieler, und das einzige, was sie davon abhielt, den Nigger zu demütigen oder von anderen Teams zu
maulen, die einen richtigen Weißen als Manager hatten, das war Mister JayMac. Er reagierte sofort mit Platzverweis, und
seine Standpauke ließ keinen Zweifel daran, daß ein Verräter
in den Reihen der Hellbenders es verdammt schwer haben
würde, je wieder in Alabama oder Georgia zu spielen. Na ja,
wenn die Quertreiber jung und fit waren, dann drehte Mister
∗ Südstaatler
JayMac den Spieß einfach um, meist, indem er ihnen mit dem
Militär drohte, wo sie sich dann statt mit Afro-Amerikanern
mit Japsen und Preußen herumschlagen konnten.
In Dixieland gab es Gesetze, die ausdrücklich untersagten, daß im organisierten Sport Schwarz und Weiß gegeneinander
antraten. Gesetze, die verhinderten, daß farbige Star-Teams in den kleinen Städten von Alabama und Georgia aufkreuzten
und die lokalen weißen Favoriten herausforderten, was sie in
Wyoming oder Kansas, man kann ruhig sagen,
gewinnbringend praktizierten. Hier waren farbige Teams auf
Tourenwagen angewiesen, weil Schwarze nicht bei Weißen
wohnen durften. Außerdem war es für weiße Dixie-Egos
undenkbar, sich von Niggern das Fell über die Ohren ziehen zu
lassen, und das vor aller Augen. Und nicht zuletzt schienen
beide – Weiße und Farbige – zu begreifen, daß die Weißen,
wenn sie erst in einer so
Weitere Kostenlose Bücher