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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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hält man sich noch für Albert
    Schweitzer. Oder für Jack Benny«*
    »Oh, Rochester«, sagte jemand mit Bennys Radiostimme:
    »Oh, Rochester.«

    Jemand anders ahmte die sandige Stimme des Farbigen nach,
    der Rochester spielte: »Yes, boss?«
    Dieses Hin und Her ringsum nahm kein Ende. Ich konnte
    nicht mitmachen. Selbst wenn ich eine Stimme gehabt hätte,
    wär ich außen vor geblieben wie das zugezogene Kind aus dem
    Nachbarhaus.
    Ich ging zur entferntesten Dusche und drehte mich so, daß die
    anderen nur meine magere Rückseite sehen konnten. Und die
    Segelohren.
    »Paß auf, Okie«, meinte Mariani. »Laß nicht die Seife fallen.
    Wenn du dich bückst, kommt Norman nämlich auf dumme
    Gedanken.«
    »Fick dich ins Knie, Itaker«, sagte Sudikoff.
    »Baby, das ist nicht dein Ernst«, säuselte Mariani.
    Laß nicht die Seife fallen. Für eine Sekunde war ich wieder mit Pumphrey in dieser Toilette. Ich wusch mich so schnell ich konnte, zog mich an und verdrückte mich.
    Draußen erging ich mich unter der Tribüne hinter der Home
    Plate – im Konzessionsbereich, einer regelrechten Höhle für
    Hot-Dog-Buden und Programmverkäufer. Schattig.
    Einigermaßen kühl. Ringsherum Stützwerk, Maschendrahttore
    und lauter behagliche Nischen für Verkaufsstände.
    Dann gewahrte ich Phoebe – neben einem düsteren
    Glaskasten in der Hauptschneise. Wenn man durch die
    Drehkreuze am Parkplatz kam, wurde man an dem Bassin
    vorbeigeschleust. Es war einen Meter lang und zwei Fuß hoch
    und stand auf einem bauchhohen Podest. Phoebe stieg die
    zusammengeschobenen Holzstufen zum Rand hinauf.
    »Hallo, Daniel Helvig Boles.« Ihre Stimme hallte.
    Ich hob die Hand: How, squaw. Hatte Mister JayMac das Stadion mit tropischen Fischen ausgestattet? Mußte Phoebe sie
    füttern?

    »Kommal, Boles.« Sie winkte mich rüber. »Ich beiß nicht.
    Und wenn du vorsichtig bist, beißt Homer auch nicht.«
    Ich ging rüber. Selbst ohne Schemel reichte ich ihr bis zur
    Nase. Das Wasser in dem Bassin war in Bewegung. Am Boden
    war Sand. Darüber pendelte ein dünner Streifen Rinde. Ein
    paar schlanke Farne, die aussahen wie Seegras am Stiel,
    tanzten Hula-Hula.
    »Kennste Homer schon?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Da, kuck«, sagte sie. »Du mußt kucken, wenn du ihn sehen willst. Ich nehm ihn nicht extra raus, damit er dir Pfötchen
    gibt.«
    Ich beugte mich über den Rand. Ich starrte. Der schmale
    Streifen Rinde, der in der fingrigen grünen Düsternis schwebte, hatte Augen. Das eine Ende von dem geheimnisvollen Ding
    sah aus wie ein Schwanz.
    »Da«, sagte Phoebe. »Das isser.«
    Ich starrte die Kreatur unverwandt an. Sie sah wirklich aus
    wie ein Stück Rinde. Mit Beinen. Mit Augen. Wie aus
    Epoxidharz, Maulbeerrinde und Hickoryzweigen gebastelt.
    »Weißte auch, wasde da siehst?«
    Mein Blick saugte an diesem Wesen. Was immer es war, eins
    stand fest: Es wäre unverzeihlich gewesen, ihr meine
    Unwissenheit zu verraten.
    »Ich weiß, daß des nicht weißt«, sagte sie tadelnd.
    Ich klopfte mir seitlich an den Kopf, um ihr zu zeigen, daß
    die Information dort sicher aufgehoben war. Ich streifte
    verzweifelt durch mein Smithsonian Institut.
    »Unsinn. Du weißt gar nix, hab ich recht, Dumbo?«
    Dumbo! Da hätte sie lieber Ichabod gesagt. Noch einmal, und ich würde sie erwürgen.

    »Homer ist das Maskottchen von eurem blöden Team, du
    ∗
    Blödmann. Ein Hellbender. Schon mal was von ‘nem
    Hellbender gehört, Okie-Boy?«
    Wollte Phoebe Pharram mich vorführen, so wie manche
    Pitcher das tun, wenn sie einen ›aus‹ gemacht haben? Ich war
    nur um Froschhaaresbreite davon entfernt, sie in das Aquarium
    zu schmeißen.
    »Ich wette, für dich isn Hellbender ‘ne schwarze Seele, die
    Mr. Pferdefuß in den Schwitzkasten nimmt«, sagte Phoebe.
    Ich sah sie an, eins meiner Augen wollte sich zuckend
    verengen.
    »Ein Hellbender. Kapiert?«
    Ich schlug die Faust ans Glas und wandte mich zum
    Parkplatz.
    »Warte mal, Boles!« rief sie. »Ich hab das nicht so gemeint.
    Meistens krieg ich eins aufs Dach, nicht umgekehrt. Meistens gib ich nur zurück, was ich kriege. Ist schon Gewohnheit.
    Wenn einer nicht reden kann oder will, dann denk ich, er gibt
    mir eins drüber, bevor er’s wirklich tut. Ich geb ihm gleich
    Saures, auch wenn da nichts war. Verstehst du?«
    Ziemlich witzig, daß ich das gleich verstand. Es machte Sinn.
    Irgendwie schon. Ich ging zurück und besah mir Homer noch
    einmal. Meine Segelohren spiegelten sich im Glas, doch
    Phoebe hörte

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